Название | Oskar trifft die Todesgöttin |
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Автор произведения | Jörgen Dingler |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847634324 |
»Vielleicht hab auch ich mit Herrschenden ein Problem«, kam es erneut so sinnlich wie zweideutig. Endlich die Antwort! Sie berief sich auf Christines Spruch in Zürich… beim Kennenlernen.
Die beiden ‚Freundinnen’ teilen wirklich viel miteinander. Wie auch immer:
Sie ist doch im Häuschen. Ich bin hier sicher.
Pangpang!
Oskar erstarrte für einen Sekundenbruchteil, warf sich auf den Bauch und schoss ebenfalls zweimal in die Richtung, von der aus zwei Schüsse auf ihn abgeben wurden. Er blickte sich um und rollte sich in die Deckung eines Regals. Danach drehte er sich, hob den Rücken etwas an, sah und zielte Richtung Eingangstür. Das metallene Pangpang war den zwei Beulen in der stählernen Tür entsprungen. Beide Beulen befanden sich jeweils nur wenige Zentimeter weiter außen, wo sich zuvor seine Ohren befunden hatten. Und eben diese Ohren waren nun von einem temporären Tinnitus befallen, der glücklicherweise an Intensität verlor. Kali hatte beide Projektile unglaublich schnell und treffsicher hintereinander abgefeuert. Kein Pang Pang, sondern ein Pangpang. Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Das Klingeln in seinen Ohren ließ weiter nach.
Wo ist sie????
Und
Ich bin ein Idiot!!!
Willkommen im Zeitalter der drahtlosen Mikrofone. Ein Zeitalter, das – nebenbei bemerkt – schon recht lange Bestand hatte.
Sie spielt mit mir… verdammt sie spielt mit mir!
Wer hier Katze und wer Maus war… reine Gedankenverschwendung. Von Katzen ist bekannt, dass sie mit der Maus spielen, bevor sie sie zerlegen. Oskar lag auf dem Boden, mit dem Rücken an Kartons gestützt, pustete durch, sah auf seine Waffe. Hoffentlich würden die zwei Magazine reichen! Ein Vorteil der normalgroßen Walther war ihre eineinhalbfache Schusskapazität verglichen mit seiner kompakten Lieblingswaffe – fünfzehn statt zehn Schuss. Müsste reichen. Man musste erstmal lange genug für diese Schussreserven leben, denn
Ich hab keine Chance gegen Kali.
Nicht morgen, dies war der letzte Tag seines Lebens. Er hätte er schon dreimal tot sein können. Noch musste sie gewollt haben, dass er am Leben blieb. Denn sie hatte dreimal getroffen – dreimal daneben, fraglos beabsichtigt.
»Na, keine Lust mehr zu spielen?«, erschallte es aus den Lautsprechern.
Bingo! Für sie ist das echt nur ein Spiel… und ich bin diesmal der ‚Snack‘.
»Doch, du Miststück!«, zischte er leise. »Das war mein letzter Fehler.«
Wenn die Sonne tief steht, werfen auch Zwerge lange Schatten!
Das galt im übertragenen Sinne für ‚Oskarchen‘, den Zwerg in Relation zu Kali, aber auch im wortwörtlichen Sinn für die nicht gerade großgewachsene Superkillerin. Oskar sah auf seine Armbanduhr. Es war acht Uhr abends, mitteleuropäische Sommerzeit. Kali und er ‚spielten‘ seit nicht mal einer halben Stunde. Die Anspannung ließ es ihn länger vorkommen. Es blieb vielleicht noch eine weitere halbe Stunde, bevor die Sonne westlich vor Barcelona im Meer versank. Vielleicht mehr, da Spanien von derselben Zeitzone wie Mitteleuropa Gebrauch macht, aber im äußersten Westen Europas liegt (lediglich die westlich von Nordwest-Afrika liegenden Kanaren befanden sich in einer anderen Zeitzone). Das würde den früheren sommerlichen Sonnenuntergang südlicher Länder wieder ausgleichen! Das Zentralgestirn schickte gelb-oranges Licht durch die trüben Fenster der Vorderseite des Lagerhauses, also musste er sich nach hinten, in Richtung der Empore begeben. Und Kali musste nach vorn gehen, die tiefstehende Abendsonne im Rücken haben. Eine Idee hatte er also schon. Immerhin.
Nur: Wie brachte er Kali dazu, in Richtung Eingangstür zu gehen?
Ha! Wie nochmal t ö tet man eine Todesg ö ttin?
Das hatten wir leider nicht in der Schule… in Gregs Schule. Nicht einmal in Amons Schule…
Er stand auf, sah in Richtung Empore. Dort musste er hin!
»Kuckuck!«
Es war nicht mehr nötig, sich irgendwas einfallen zu lassen, um Kali in den vorderen Teil des Lagerhauses zu bewegen. Er riss seinen Kopf zurück zur Vorderseite, einem frechen ‚Kuckuck‘ entgegen, das dieses Mal nicht lautsprecherverstärkt war. Es riss ihn derart, als sich der Rest seines Körpers ihr zuwendete, dass er beinahe gestolpert und hingefallen wäre – ihr daraufhin schiefes Grinsen konnte er nicht sehen. Weil
Sie stand im Gegenlicht, etwa zehn Meter hinter ihm, nunmehr vor ihm, weiter vorn in Richtung Eingang als er. Er stand inmitten eines Ganges zwischen zwei Hochregalen, sie stand vor diesem Gang, vor der ganzen Reihe von Hochregalen. Ihre Waffe hatte sie lässig an sich herunterbaumeln und grinste ihn an. Oskar hörte sie noch ein ironisches ‚schicke Mütze‘ murmeln, war für Sekundenbruchteile paralysiert, fixierte sie, es kam ihm viel zu lange vor, riss dann endlich seine Walther hoch und schoss.
Plopp! Nicht einmal ein Augenzwinkern zuvor hatte sie sich radschlagend an die Seite begeben.
»Fuck! Sie kann sogar Kugeln ausweichen. Wie im Film. Und ich bin im falschen Film«, flüsterte er. »Ein Phantom, sie ist ein Phantom!« Er schluckte und wischte sich Schweiß von der Stirn. »Ein verdammt heißes Phantom.«
Als er nur ansetzte, auf sie zu schießen, war sie verschwunden. Weg! Und er war weißgott nicht langsam. Er schmiss seine ‚schicke Mütze‘ nach vorn, Richtung Eingang, in den schutzlosen Bereich vor den Regalen. Wie erwartet, wurde sie im selben Moment von einem Projektil perforiert. So schick fand Kali seine Baseballkappe dann wohl doch nicht. Er auch nicht.
Oskar rief das Bild ab, das sich innerhalb einer Sekunde in sein Hirn gebrannt hatte. Die schwarze Lederlady trug einen hautengen Dress, hatte selbst im Gegenlicht erkennbar schwarze Lippen. Die schwarze Pagenkopffrisur stand ihr unheimlich gut. Oskar hätte vor der Begegnung auf Maryfuego nicht gedacht, dass jemand mit einer Mireille Mathieu-Frisur dermaßen sexy aussehen konnte. Vor einem Moment war sie nur ein paar Meter vor ihm, hatte den Kopf gefährlich gesenkt, fixierte ihn, schmunzelte. Sie trug entweder eine schwarze Maske oder hatte eine geschwärzte Augenpartie. So genau war das nun nicht zu erkennen, erst recht nicht so schnell. Bei einem Einsatz im Dämmerlicht wäre eine dunkle Sonnenbrille eher kontraproduktiv. Insofern hieß es diesmal Maske statt cooler Trinity-Brille, mit der er sie neben Christine auf Maryfuego erblickt hatte. Den hauchdünnen, federleichten Mikrofonbügel vor ihren schwarzen Lippen konnte er im Gegenlicht nicht sehen.
Schon wieder hätte sie ihn töten können! Der Unwille, sie zu töten, wurde noch stärker, obwohl er vor Augenblicken auf sie gezielt und abgedrückt hatte. Wer radschlagend einem Schuss ausweichen kann, kann einen auch abknallen, noch bevor man überhaupt ans Schießen denkt.
»Du bist zu langsam, kleiner Mann!«, erschallte es aus den Lautsprechern. Die Stimme klang eiskalt, gnadenlos. Bislang war sie gnädig. Er spürte, dass die Gnade vorbei war. Beim nächsten Mal würde sie ernst machen.
»Ja, wer ist das nicht… verglichen mit dir«, brabbelte er leise zu sich selbst.
»Du solltessst lieber verschwinnndennn… dennn… dennn…«, echote es.
Bingo! Jetzt würde sie ernst machen, sollte er ihrem Rat nicht Folge leisten. Er würde diesen Rat so gern befolgen. Nichts lieber als das! Aber er konnte nicht. Lieber hier draufgehen, als irgendwie irgendwann mitbekommen zu müssen, dass Christine draufgehen würde. Wie es die Welt ohne ihn dann aus der Zeitung oder früher noch aus dem Fernsehen erfahren würde: ‚Berühmte Designerin tot. Sie wurde ermordet‘. Oder auch nicht. Vielleicht wäre sein Tod eine Warnung wie klares Signal für Viktor, dass es keinen Sinn hatte, weitere Killer auf Christine anzusetzen. Weil Christine eine Kali an ihrer Seite hatte. Noch lieber aber