Название | Dämonentreue |
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Автор произведения | Dagny Kraas |
Жанр | Языкознание |
Серия | Dämonentreue |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742709899 |
Cridan wusste nicht, ob er noch am Leben wäre, wenn es Tiko nicht gäbe. Er hatte mehr als nur einmal vor einem der tiefen Wasserlöcher gestanden und darüber nachgedacht, einfach allem ein Ende zu setzen. Aber so feige wollte er nicht sein. Er war noch nie vor etwas davongelaufen, und außerdem hatte er etwas versprochen:
Er hatte Khal'atra, Skatarhaks Mutter und Ratiko'khars Großmutter, geschworen, Tiko zu beschützen, den Erben der Königslinie, und er hielt sein Versprechen. Es war ihn teuer genug zu stehen gekommen.
Tiko bedauerte regelmäßig, dass Cridan keine Kinder mehr zeugen konnte, doch Cridan war es inzwischen ganz recht so. Er hatte nie viel Wert auf Nachwuchs gelegt, und wenn er sich vorstellte, seine Kinder in der Trostlosigkeit der Sümpfe großzuziehen, mit keinem rechten Ziel vor Augen, packte ihn das kalte Grausen.
Nein – vielleicht hatte Skatarhak ihm sogar einen Gefallen getan, als er Cridan für seinen Verrat bestraft hatte.
Und tatsächlich war Skatarhak gnädiger gewesen als erwartet. Cridan hatte zwar seitdem mehr Platz in seinen Hosen, aber der König der T'han T'hau hatte sich auf die Hoden beschränkt und ihm das Glied gelassen. Und das tat seinen Dienst zu Cridans Befriedigung tadellos, wenn auch viel zu selten für seinen Geschmack.
Formal war er zwar immer noch ficha'thar, nun von Ratiko'khar, und früher wäre es fast die gleiche Ehre gewesen, ihm eine Gefährtin zu überlassen wie sie dem König anzubieten, doch in ihrer Gruppe waren sie schlicht zu wenige, um ihm die Frauen für den reinen Spaß zu überlassen – ohne Hoffnung auf ein Kind, das seine Stärke erben konnte.
Und es gab keine Frau, die nicht einen oder auch gleich mehrere Gefährten gehabt hätte. Es wurde zwar recht freimütig geteilt, wenn es darum ging, für Nachwuchs zu sorgen, wenn allerdings nicht einmal die Möglichkeit dazu bestand, wurde es nicht gern gesehen. Dafür waren sie einfach nicht genug T'han T'hau, und die Männer wachten eifersüchtig über ihre Frauen, in der Angst, das Privileg einer Gefährtin zu verlieren – etwas, das früher undenkbar gewesen wäre, wenn Cridan sich zurück erinnerte. Aber hier war es eben so, und er akzeptierte es.
Mehr denn je zählte für einen Mann, wie viele Kinder er sein eigen nennen konnte, und je mehr Söhne und Töchter ein T'han T'hau hier hatte, umso höher war sein Ansehen in ihrer Gruppe. Tiko allein war im letzten Jahrzehnt mehr als zwei Dutzend Mal Vater geworden.
Cridan hatte viel verloren, als Skatarhak ihm die Möglichkeit genommen hatte, Kinder zu zeugen, und nur seine Stärke, seine besonnene Klugheit und sein eiserner Wille hatten ihm den Platz gesichert, den er bis heute innehatte. Vor allen Dingen seinen gewaltigen Körperkräften war es zu verdanken, dass ihm niemand mehr sein Recht als ficha'thar streitig machte.
Sie respektierten den Krieger und Mann, der er war, und ließen ihn, nachdem er in den ersten Jahren mehrfach unter Beweis hatte stellen müssen, dass seine Kraft – und vor allem seine rücksichtslose Entschlossenheit – größer war als die aller seiner Herausforderer, in Ruhe.
Dennoch… Mehr als das konnte er nicht erwarten.
Es war zum Verzweifeln, wenn man länger darüber nachdachte, und genau deshalb vermied Cridan es, sich zu viele Gedanken zu machen.
Ein leises Knistern im Schilf weckte seine Aufmerksamkeit.
Sollte er doch noch Glück haben heute?
Lautlos hob er den Bogen, legte einen Pfeil auf die Sehne und pirschte sich geduckt voran.
Es raschelte erneut, und als die Schilfente aus ihrem Versteck flatterte, riss Cridan den Bogen hoch und ließ den Pfeil fliegen.
Es war ein hervorragender Schuss – wie mit jeder Waffe fiel ihm auch der Umgang mit Pfeil und Bogen leicht. Die Ente fiel wie ein Stein vom Himmel und landete mit einem Klatschen im Moor.
Er verzog angewidert das Gesicht, als er durch einen schlammigen Tümpel waten musste, um den Vogel aufzusammeln, doch der Anblick der Ente stimmte ihn besser: Es war ein Erpel, die Federn dicht und glänzend, die Fettschicht darunter dick.
Cridan band den Vogel an den Gürtel, stapfte zurück und setzte seinen Weg fort.
Er war weit gegangen auf seiner Suche nach Jagdbeute, und es war, als wollte ihn das Schicksal für einen Tag erfolgloser Warterei im Morast entschädigen: Als im schwindenden Licht der Sonne die Hütten ihrer Siedlung in Sicht kamen, hingen neben der Ente noch ein Waschbär und ein Hase an seinem Gürtel. Letzterer war ein wenig mager, aber immerhin.
Er ging quer durch das kleine Dorf, warf seine Beute achtlos einer T'han T'hau zu, die zusammen mit einigen Kindern die Töpfe über dem Feuer bewachte, und betrat dann seine eigene Hütte.
Er war sich ziemlich sicher, heute morgen ein beträchtliches Durcheinander hinterlassen zu haben bei seinem Aufbruch zur Jagd, doch jetzt war alles aufgeräumt und sauber: Die Decken waren auf dem Bett gefaltet, der Boden mit frischen Binsen ausgelegt und das Geschirr war gespült. Auf dem Tisch stand ein Topf, der eine dicke Fleischsuppe enthielt, wie Cridan nach einem Blick feststellte, daneben lag ein halber Laib Brot.
Das war einer der Vorteile, den er als Tikos ficha'thar und allein lebender Mann hatte: Er hatte keine Gefährtin oder Familie, und was er von seinen Streifzügen durchs Moor an Beute mitbrachte, behielt er nie für sich. Da er nahezu den ganzen Tag im Sumpf verbrachte – alles war besser als im Dorf herumzuhocken und auf etwas zu warten, das doch nie geschehen würde – war sein Anteil an den erlegten Tieren auch dank seines Geschickes auf der Jagd recht hoch.
Als Ausgleich dafür musste er sich um nichts anderes kümmern: Seine Hütte war stets sauber, er fand Essen auf dem Tisch, seine Kleider waren gewaschen, und selten, aber doch von Zeit zu Zeit wartete eine Bettgefährtin auf ihn, um ihn wenigstens für eine Nacht auf andere Gedanken zu bringen.
Es hätte ein geruhsames Leben sein können, doch Cridan war rastlos und unstet. Er fühlte sich in der Enge der Hütten, in der Siedlung und ihrer Gemeinschaft gefangen. Nur wenn er alleine durchs Moor wanderte, die Geräusche des Sumpfs als seine einzigen Gefährten, dann wich dieses Gefühl für eine Weile von ihm.
Das war der Grund, weshalb er manchmal tagelang fort blieb: So sehr er den Sumpf auch verabscheute, war es doch der einzige Ort, an dem er sich etwas freier fühlte. Die Gemeinschaft der anderen, die sich in ihrem Leben im Moor eingerichtet hatten, ertrug er nur selten. Insbesondere dann, wenn sie sich abends um die Feuer zusammenfanden, gemütlich aßen und tranken und mit allem zufrieden schienen, war es ihm zuwider, sich dazuzugesellen. Das waren die Nächte, in denen er einsam wie ein getriebenes Wild durch das Moor streifte, zu viel trank und im matten Licht der Sterne mit dem Schwert auf die Gespenster seiner Vergangenheit losging.
Und Gespenster waren es, die ihn heimsuchten: Erinnerungen an die Jahre an Skatarhaks Seite, als er den Respekt und die Anerkennung seines Königs genossen hatte; Jahre, in denen seine Macht an die des Königs herangereicht und jeder mit dieser unvergesslichen Mischung aus Ehrerbietung und Furcht zu ihm aufgesehen hatte; Jahre, in denen ihm in der Gesellschaft der T'han T'hau alle Türen und Betten offengestanden hatten, in denen sein Wort Gewicht gehabt hatte.
Ja, Tikos Leute respektierten ihn zwar und niemand wagte mehr, ihn herauszufordern, aber es war nicht das gleiche.
Sicher waren auch Erinnerungen darunter, die ihn schaudern ließen – Erinnerungen daran, wie sich Skatarhak verändert hatte, wie aus seinem Freund und Ziehvater ein grausamer, machtgieriger und unberechenbarer Gewaltherrscher geworden war, vor dessen Rachsucht und Jähzorn selbst Cridan nicht sicher gewesen war – doch er hatte all das in Kauf genommen für ein Leben mit einer Berufung und einem Sinn.
Und so wanderte er in diesen Nächten selbst wie ein Geist durch das Moor, getrieben und gequält von längst vergangenen Tagen, die er mal verabscheute und mal herbeisehnte und die ihm keine Ruhe ließen.
Erst im Morgengrauen kehrte er dann zurück, die Kleider durchnässt und voller Schlamm, den Kopf schwer vom Alkohol und seine Gedanken