Dämonentreue. Dagny Kraas

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Название Dämonentreue
Автор произведения Dagny Kraas
Жанр Языкознание
Серия Dämonentreue
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742709899



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      »Was ist denn hier passiert?« brachte er hervor.

      »Mein ficha'thar ist hier passiert«, fauchte Tiko. »Wir sollten gehen, bevor noch mehr Männer kommen! Bestimmt sind auf den Schiffen längst alle alarmiert und…«

      »Darüber würde ich mir gerade keine Sorgen machen«, unterbrach Mert ihn. Man sah ihm an, wie er mühsam um seine Fassung rang. »Ich bin gerade um Haaresbreite ein paar von diesen Kerlen hier entgangen. Sie kamen von den Schiffen am Kai – und ich glaube nicht, dass sie dort waren, um Abendgrüße zu überbringen. Was auch immer das für Männer waren, da draußen«, er deutete hinter sich, »ist man ausgesprochen erpicht darauf, nicht mitzubekommen, was hier geschieht. Ihr habt Lärm gemacht für ein ganzes Regiment, aber auf den Schiffen lässt sich niemand an Bord blicken.«

      Tiko schnaubte. »Dann sollten wir zusehen, dass wir von hier verschwinden!«

      Mert nickte, sah sich noch einmal um und hastete dann los. Tiko und Cridan folgten ihm auf den Fersen.

      »Ich habe mich vorhin, als wir gewartet haben, ein wenig umgeschaut«, berichtete Mert, während sie am Hafenbecken entlang liefen. Man hörte seiner Stimme an, dass er sich nur mit Mühe zusammenriss. »Die Schiffe hier im vorderen Teil sind alle recht groß. Weiter hinten liegen ein paar Boote, die vielleicht besser geeignet sind.«

      »Dann nichts wie hin!« befahl Tiko.

      Cridan ließ seinen Blick über die Schiffe im Wasserbecken schweifen, während er gleichzeitig versuchte, die Schmerzen in seiner Schulter zu ignorieren. Die großen, teils zweimastigen Segler schieden auf jeden Fall aus, das stand fest, aber im Windschatten der vorgelagerten Mole lagen einige kleinere Boote.

      Eines davon fiel ihm auf: Es hatte einen flachen, sehr schlanken Rumpf mit leicht gewölbter Wasserlinie und einen hohen Mast, dessen Wanten straff zu den Seiten abgespannt waren. Das Segel hing eingerollt in einer Tasche unter dem Baum.

      »Das da«, entschied er und deutete darauf.

      Tiko musterte das schlanke Boot, dann nickte er und schlug den Weg auf die Mole ein. Wenig später hatten sie das kleine Schiff erreicht, das friedlich im Wellenschlag auf und nieder dümpelte.

      Cridan näherte sich dem Boot langsam und vorsichtig. Zwar war das Lagerhaus von hier aus weit genug entfernt, dass der Lärm nicht unbedingt zu hören gewesen sein musste, und an Bord war alles dunkel und still – doch das hieß nichts. Die Schiffe hatten in der Regel eine Wache an Bord. Manchmal schliefen die Männer, wenn das Schiff sicher im Hafen lag, dennoch war es besser, vorsichtig zu sein.

      »Araora«, las Mert leise den Namen, der auf den Rumpf geschrieben war. »Das soll es sein?«

      »Sie soll es sein«, berichtigte Cridan ihn, maß kurz die Entfernung zum Boot ab und war mit einem geschmeidigen Satz an Bord. Er bückte sich, strich mit der Hand über die sorgfältig angepassten und geölten Planken des Decks und nickte. Dieses Schiff war perfekt. Er spürte es.

      »Sie wird es sein.«

      Mert wollte etwas entgegnen, doch Tiko unterbrach ihn unwirsch: »Lasst ihn, Mert. Wenn es um Schiffe geht, kann diesem T'han T'hau niemand etwas vormachen. Ich weiß nicht, wie er es macht, aber er redet irgendwie mit ihnen. Wenn er sagt, dass dieses Boot uns nach Gantuigh bringt, dann wird es so sein.«

      Cridan hörte Tikos Worte, in denen immer noch unterdrückter Ärger schwelte, nur mit einem Ohr. Mit dem anderen horchte er in die Dunkelheit, die am Fuße des Treppenabgangs lauerte. Dann zog er den Stiefeldolch, der noch immer hinter seinem Gürtel steckte, hervor und schlich geduckt die Stufen hinunter.

      Er tauchte in die Finsternis ein, eng an die Wand gepresst, und wartete, bis sich seine Augen an die noch tiefere Schwärze unter Deck gewöhnt hatten und er zumindest einige Umrisse erkennen konnte.

      Rasch, aber gründlich sah er sich um.

      Eine lange Kajüte, die bis ins Vorschiff reichte, erstreckte sich vor ihm. Zu seiner Rechten befanden sich einige dunkle Schatten, die er für die Kombüse hielt, zur Linken war ein Kartentisch an der Wand angebracht. Der Mast stand in der Mitte des Raumes, darum ein schlanker Tisch und an beiden Seiten einfache Sitzbänke. Im Bug schaukelte etwas Helles, Langgestrecktes im gleichen Rhythmus wie das Boot: eine Hängematte. Und sie war nicht leer. Jemand lag darin und schlief – wenn Cridan genau lauschte, konnte er die leisen Atemzüge hören.

      Ohne dass er darüber nachdenken musste, passten sich seine Bewegungen dem sanften Schaukeln des Schiffes an, als er sich mit aller Vorsicht durch das Schiff nach vorne tastete. Die Konzentration verdrängte den Schmerz in seiner Schulter und in seinem rechten Oberarm nahezu komplett. Seine Finger glitten über die glatte, sorgfältig gefertigte Holzverkleidung der Schiffswände – und mit einem Mal blieb er stehen, wischte den Stiefeldolch sorgfältig am Ärmel seines Hemds sauber und schob ihn zurück an seinen Platz.

      Auf der Araora würde er kein Blut vergießen. Das hatte dieses wunderschöne Schiff nicht verdient.

      Leise machte er die letzten Schritte bis in den Bug.

      Der Mann in der Hängematte hatte vermutlich nicht einmal Zeit zu begreifen, was mit ihm geschah: Cridan umschloss mit beiden Händen blitzschnell seinen Hals und drückte zu. Seine Daumen pressten sich auf die pulsierenden Schlagadern, während er gleichzeitig das Zungenbein brutal nach hinten und oben drückte.

      Der Mann gab einen erstickten Laut von sich und bäumte sich auf, um in die Höhe zu kommen, während sich seine Finger in Todesangst um Cridans Handgelenke krallten und vergeblich versuchten, den gnadenlosen Klammergriff zu sprengen.

      Cridan ignorierte die verzweifelten Befreiungsversuche seines Opfers. Sie währten auch nicht lang: Die Bewegungen des Mannes erlahmten rasch, und schließlich sackte er schlaff in sich zusammen.

      Cridan verharrte unverändert in seiner Haltung und zählte gedanklich bis zehn, dann lockerte er seinen Griff, ließ den Mann los und zerrte den Bewusstlosen aus der Hängematte.

      Mit einiger Mühe gelang es ihm, sich den Mann über die Schulter zu werfen – wobei die frischen Wunden mit neuerlichen scharfen Schmerzen dagegen protestierten. Er achtete nicht darauf, sondern ging vorsichtig den Weg wieder zurück, stieg die Treppe hinauf, machte die wenigen Schritte bis aufs Vorschiff und warf den Bewusstlosen kurzerhand in Tikos Arme.

      Tiko taumelte unter dem Gewicht ein paar Schritte zurück, fing sich jedoch wieder und starrte verständnislos auf den Mann.

      »Was…« begann er.

      »Ich hinterlasse nicht überall ein Blutbad«, unterbrach Cridan ihn. »Und jetzt kommt endlich!«

      Tiko wirkte verwirrt, legte den Bewusstlosen jedoch ohne ein weiteres Wort auf der Mole ab und half Mert aufs Schiff. Dann sprang er selbst hinterher.

      Schnell und mit geübter Hand durchsuchten Cridan und Tiko das Boot und stellten dabei fest, dass es offensichtlich für eine längere Seereise gerüstet war: Die Vorratskisten waren voll bis oben hin, das Trinkwasserfass ebenfalls, und in einer Ecke fanden sie sogar einen Sack voller Äpfel.

      Als Cridan ans Steuerrad trat, löste Tiko das Ankertau, mit dem das kleine Schiff an der Mole festgemacht war. Er war noch damit beschäftigt, das Tau wieder an Bord zu ziehen, da hatte Cridan schon eines der an Bord liegenden Paddel in der Hand und schob die Araora von der Mole weg.

      »Nehmt das«, sagte er gedämpft und reichte Mert das zweite Paddel, »geht auf die andere Seite und rudert uns zurück. Ich bleibe hier. Wenn ich einmal pfeife, haltet ihr das Ruderblatt im Wasser still, pfeife ich zweimal, rudert ihr mit doppelter Kraft. Verstanden?«

      Mert nickte wortlos und gehorchte. Während Tiko auf dem Vorschiff stand und wachsam nach allen Seiten sicherte, brachten Cridan und Mert das Boot mit raschen Ruderschlägen in die Fahrrinne des Hafens und lenkten den Bug in Richtung offenes Meer.

      Mert stellte sich erstaunlich geschickt an, und so übergab Cridan sein Paddel schließlich an Tiko und machte sich daran, das Segel aus der Tasche auszupacken.

      Das schwere Tuch war sehr sorgfältig verstaut worden