Die schönsten Märchen aus Südafrika. Andreas Model

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Название Die schönsten Märchen aus Südafrika
Автор произведения Andreas Model
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742737397



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Jungen gaben ihm eine Ziege, und die Männer nahmen sie ihm fort, schlachteten sie und aßen sie auf. Wieder sagte er: "O weh, die Männer sind stark. Sie haben meine Ziege gegessen, die ich von den Jungen hatte. Die Jungen haben meinen Topf zerbrochen, den ich von meiner Mutter hatte. Meine Mutter aber hat den Hasen gegessen, den mir der Häuptling gegeben hat."

      Daraufhin gaben ihm die Männer ein Musikinstrument. Er ging davon. Da kam der Leguan und sagte: "Borge mir dein Instrument." Der Junge gab es ihm, und der Leguan spielte darauf. Dann lief er damit weg und sprang ins Wasser. Der Junge aber sagte: "O weh, der Leguan ist stark. Er hat mir mein Instrument weggenommen, das ich von den Männern hatte. Die Männer haben meine Ziege gegessen, die ich von den Jungen hatte. Die Jungen haben meinen Topf zerbrochen, den ich von meiner Mutter hatte. Meine Mutter aber hat meinen Hasen gegessen, den mir der Häuptling gegeben hat."

      Der Kranich

      Einige Mädchen gingen hinaus, um Holz zu suchen. Unterwegs begegneten sie einem Mann, der zu ihnen sprach: "Kommt hier entlang, ich will euch ein Lied vorsingen." Das Lied, das er sie lehrte, lautete: "Habt ihr nicht die Kinder von Chekwa gesehen? Sie gehen vorüber, sie folgen Nchachikwane!" Die Mädchen sangen mit, sie klatschten in die Hände, und der Mann tanzte und sang mit ihnen. Plötzlich holte er einen Zahn heraus und erschlug damit eines der Mädchen. Alle erschraken furchtbar, aber er sagte: "Nicht doch, wartet, ich gehe schnell, um sie in einer neuen, schönen Gestalt erstehen zu lassen." Er hob das Mädchen auf, lief um das Feld herum und aß es auf. Dann kehrte er zurück und sang wieder mit den Mädchen. Während sie sangen, holte er noch einmal den Zahn heraus und erschlug wieder ein Mädchen. Als er sah, wie entsetzt die anderen waren, sagte er: "Was tut denn mein Zahn heute? Erschreckt nicht, ich gehe schnell, sie noch einmal zu formen." Er nahm das Mädchen und lief wieder um das Feld herum. Eine Verwandte des Mädchens folgte ihm heimlich und sah, dass der Mann sich in einen Löwen verwandelt hatte und das Mädchen auffraß. Sie lief zurück und rief den anderen zu: "Kommt und seht!" Die Mädchen kamen herbei, sahen den Löwen und flohen. Am Fluss angekommen, erschraken sie sehr, denn er führte viel Wasser. "An welcher Stelle können wir nur hinüber kommen?" fragten sie ängstlich. Der Kranich, der auf der anderen Seite des Flusses war, hatte alles mit angehört. Er kam herbei, hob sie allesamt auf, versteckte sie in seinem Gefieder und flog mit ihnen auf die andere Fluss-Seite. Da kam jener Mann, der die Mädchen verfolgte, sehr schnell herbeigelaufen, aber er konnte ebenfalls nicht über den Fluss. Er sah den Kranich und sprach: "Großer Vogel, hast du nicht Mädchen hier vorübergehen sehen?" Der Kranich sagte: "Wie können wir aus der Storchfamilie, o Herrscher, Menschen vorübergehen sehen?" Darauf fragte der Mann: "Wie lautet die Zauberformel für den Fluss hier?" Der Kranich wusste das nicht. Da entkleidete sich, der Mann und warf die Kleider in den Fluss. Der Fluss trug die Kleider fort.

      Der Mann warf auch noch seinen Lendenschurz in das Wasser, aber das Wasser nahm nicht ab. Da drehte sich der Mann um und verwandelte sich wieder in einen Löwen. Der Kranich schüttelte die Kinder aus seinen Federn und sagte zu ihnen: "Seht, da ist euer Mann!" Und sie erblickten einen Löwen. Schnell nahm der Kranich sie wieder unter seine Flügel und begab sich in das Heimatdorf der Mädchen.

      Dort traf er Rinderhirten, die zu ihm sagten: "O schöner Vogel, du bist es wert, getötet zu werden und dem Häuptling als Kopfschmuck zu dienen." Er antwortete den Hirten: "Nein, kein schöner Vogel, kein Kopfschmuck für den Häuptling wird aus mir. Ich habe meine Kinder aufgelesen, dort, im Tal des Strahlenflusses! Ich schluchze, ich weine!" Er ging weiter und traf auf Ziegenhirten, die zu ihm sagten: "O schöner Vogel, du bist es wert, getötet zu werden und dem Häuptling als Kopfschmuck zu dienen!" Er antwortete: "Nein, kein schöner Vogel, kein Kopfschmuck für den Häuptling wird aus mir. Ich habe meine Kinder aufgelesen, dort, im Tal des Strahlenflusses! Ich schluchze, ich weine!" Und er ging weiter bis zum Männertor und setzte sich auf den Torpfosten. Ein Mann sah ihn dort oben und sagte: "O schöner Vogel, du bist es wert, getötet zu werden, um dem Häuptling einen schönen Kopfschmuck zu verschaffen." Er antwortete wieder: "Nein, kein schöner Vogel, kein Kopfschmuck für den Häuptling wird aus mir. Ich habe meine Kinder aufgelesen, dort, im Tal des Strahlenflusses. Ich schluchze, ich weine!" Da ging der Mann weg, begab sich zum Häuptling und sprach zu ihm: "Auf dem Torpfosten ist ein sehr schöner Vogel, der sagt, dass er seine Kinder im Tal des Strahlenflusses aufgelesen hätte." Nun ging der Häuptling zu dem Vogel und begann wiederum: "O schöner Vogel, du bist es wert, getötet zu werden, um dem Häuptling einen schönen Kopfschmuck zu verschaffen." Der Kranich antwortete wie bisher: "Nein, kein schöner Vogel, kein Kopfschmuck für den Häuptling wird aus mir! Ich habe meine Kinder aufgelesen, dort, im Tal des Strahlenflusses! Ich schluchze, ich weine!" Da sagte der Häuptling zu seinen Boten: "Geht und versammelt das Volk, denn euch sind Kinder verloren gegangen. Was sollte der Vogel wohl anderes meinen, wenn er so redet?" Das Volk versammelte sich, und der Häuptling sprach zu ihnen: "Fragt ihn doch selbst. Sagt, dass er ein schöner Vogel sei und als Kopfschmuck für den Häuptling getötet werden kann. Wenn ihr das sagt, werdet ihr eine Antwort hören!" Und der Vogel antwortete wiederum: "Nein, kein schöner Vogel, kein Kopfschmuck für den Häuptling wird aus mir. Ich habe meine Kinder aufgelesen, dort, im Tal des Strahlenflusses! Ich schluchze, ich weine!" Da befahl der Häuptling, dass ein großes Fest stattfinden solle, und alle taten wie befohlen, indem sie Festspeise kochten und Schnupftabak mahlten. Doch eine Frau, deren Kind ebenfalls verloren gegangen war, verachtete das Gebot des Häuptlings und sagte: "Das sind Lügen, der Vogel tischt uns Lügen auf, wo hat er die Kinder gesehen?" Und die Speisen und der Schnupftabak wurden in großen Mengen zum Häuptling gebracht und auf die ausgebreiteten Matten gestellt. Der Häuptling sandte einen Boten zum Kranich und ließ ihm sagen: "Herr, komm herab, speise mit uns und teil uns die Geschichten mit!" Und der Kranich kam vom Pfosten herab, ließ sich auf den Matten nieder, und die Kinder krochen unter seinen Flügeln hervor. Doch das Kind jener Frau, die für Lüge gehalten hatte, was der Kranich gesprochen hatte, kam nicht mit. Die anderen Mütter begrüßten ihre Kinder, während der Kranich ihnen den Rücken wandte und davonflog.

      Der lachende Dritte

      Der Löwe, der Schakal und die Hyäne gingen gemeinsam auf die Jagd. Der Schakal und die Hyäne trugen die Speise des Löwen, die Speise des Herrschers. Unterwegs stahl der Schakal heimlich das Fleisch für den Löwen, fraß es auf und steckte die Knochen in den Sack der Hyäne.

      Als die Zeit zum Essen herangekommen war, sagte der Löwe: "Bringt mir meine Speise." Der Schakal und die Hyäne beeilten sich, das Essen herbeizubringen. Als der Löwe die Knochenreste sah, fragte er drohend: "Wo ist das Fleisch geblieben? Holt eure Säcke her, ich werde sehen, wer das Fleisch gestohlen hat!" Der Schakal und die Hyäne zeigten ihre Säcke, und da sah der Löwe die Knochen im Sack der Hyäne. Der Schakal rief sogleich: "Ah, da sind die Knochen. Hyäne, du bist es, die das Fleisch des Löwen gegessen hat." Der Löwe schlug auf die Hyäne ein und rief ebenfalls: "Du bist es, die meine Mahlzeit verspeist hat!" Als der Schakal das sah, drehte er sich um, lachte und sagte: "Denen habe ich eine Lehre erteilt!"

      Der Löwe und der kleine Schakal

      Eines Tages ging der kleine Schakal auf die Jagd und traf den Löwen. Der Löwe schlug vor gemeinsam zu jagen, und zwar unter der Bedingung, dass eine kleine Antilope dem Schakal und eine große dem Löwen gehören sollte. Der kleine Schakal war damit einverstanden.

      Das erste Tier, das sie erlegten, war eine große Elenantilope. Der Löwe war sehr froh und sagte zum kleinen Schakal: "Ich werde weiter jagen, du aber gehst zu meinem Haus und sagst den Kindern, sie sollen das Fleisch nach Hause holen." Der kleine Schakal erwiderte: "Gut, einverstanden."

      Der Löwe machte sich auf den Weg. Als er fort war, lief der kleine Schakal zu seinem eigenen Haus und befahl seinen Kindern, sie sollten das Fleisch holen. Er meinte: "Der Löwe hält mich für einen Dummkopf, wenn er denkt, dass ich seine Kinder hole, während meine vor Hunger sterben." So trugen die Kinder vom kleinen Schakal das Fleisch zu ihrem Haus auf der Spitze eines hohen Felsens. Man konnte nur mit Hilfe eines Seils dorthin gelangen.

      Der Löwe fing nichts