Название | Die Liebe ist kein leichtes Spiel |
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Автор произведения | Wilma Burk |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847678045 |
„Er hatte einen Knackarsch!“, warf Corinna ein und ihre Augen funkelten gespannt, als plagte sie kein Liebeskummer mehr.
Henriette sah sie verdutzt an. „Na, so haben wir damals nicht gesagt. Das war aber schon sehr beeindruckend.“
„Sexy!“
„So nennt ihr das heute. Für mich ist es damals mehr als das gewesen, Corinna. Er hatte eine Ausstrahlung von Wärme und Liebe, die mich ganz in seinen Bann zog. Mit ihm, bei ihm, da habe ich gelebt. Wenn ich von ihm getrennt war, kam mir alles so leer, so ohne Sinn vor. Was sind wir uns danach in die Arme gefallen, wenn wir auch nur für ein paar Tage nicht zusammen sein konnten. Er hielt mich fest, ich klammerte mich an ihn und atmete seine Nähe. Er gab mir das Gefühl, wertvoll zu sein, ihm unsagbar viel zu bedeuten. Ich war seiner so sicher, glaubte an ihn und unsere gemeinsame Zukunft. Er liebte seine Berge, ließ mich ihre Schönheit erkennen, und doch strebte er aus seinem Heimatort fort. Er war der jüngste Sohn eines Bauern und wollte kein Bauer werden wie sein Vater und sein Bruder. Er hatte Automechaniker gelernt. Darauf wollte er eine Zukunft aufbauen, eine Zukunft für uns beide.“
„Hattet ihr schon ...“
„Wonach willst du fragen?“ Unangenehm berührt warf Henriette einen Blick auf ihre Enkeltochter.
Die aber fragte ungeniert: „Na, ob ihr da schon miteinander gebumst habt?“
„Corinna! Über so etwas hat man zu der Zeit nicht geredet.“
„Aber man tat es.“
Irritiert sah Henriette ihre Enkelin an. „Was seid ihr immer so direkt!“
„Also hattet ihr! Sonst wäre es ja keine richtige Liebe gewesen.“
Henriette war froh, dass ihre Aufmerksamkeit beim Fahren gefordert wurde und sie dazu nichts mehr sagen musste. Zum wievielten Male überholte dieser verrückte junge Mann in seiner bunten Rostlaube sie nun schon? Immer wieder wurde er danach langsamer, bis sie ihn überholen musste, um dasselbe Spielchen nach einiger Zeit erneut zu beginnen. Frech grinste er zu ihr herüber. Henriette wollte ihm schon zeigen, wie verärgert sie war, da bemerkte sie, er schaute ja nicht zu ihr hin, sein Grinsen galt Corinna. Und Corinna? – Henriette war verblüfft. Sie hatte sich vorgeneigt und tat so, als blicke sie gelangweilt an ihr vorbei zum Fenster hinaus. Henriette sah aber sehr wohl das Lächeln, mit dem sie zu dem jungen Mann hinschaute. Reichte ein Autoflirt schon aus, um ihren Liebeskummer zu vermindern?
Als der junge Mann sie überholt hatte, scherte er vor Henriette wieder in die Fahrspur ein. Corinna lehnte sich zurück und fragte, ohne den Blick von seinem Wagen zu wenden: „Wie lange bist du mit diesem Louis zusammen gewesen?”
„Zwei Jahre.“
„Zwei ganze Jahre?“, staunte sie und dann nachdenklich: „Thomas und ich, wir waren nur sechs Monate zusammen.“
„Egal, wie lange man zusammen ist, eine Trennung schmerzt immer, besonders, wenn man verlassen wurde. Ich glaubte damals so sicher daran, dass Louis Hofbauer und ich immer zusammenbleiben würden. Ein Leben ohne ihn hatte ich mir gar nicht mehr vorstellen können. Es hat mich wie ein Schlag getroffen, als alles zu Ende war.“
„Ich konnte mir ein Leben ohne Thomas auch nicht vorstellen. Darum tut es ja so weh. – Was war schuld daran, dass ihr euch getrennt habt?“
„Ich bin einmal überraschend zu ihm gefahren, da hatte er eine andere im Bett. Dieser Schock! Zuerst stand ich wie gelähmt. Dann lief ich nur noch davon. Ich weiß gar nicht mehr, wohin. Es dauerte, bis ich zu mir kam und es begriff.“
„O Gott! Das ist ja schlimmer als bei mir. Ich habe nur gesehen, wie Thomas Arm in Arm mit der andern ging und dachte schon, ich halte es nicht aus.“
„Ich habe es auch kaum ausgehalten und dachte, alles, mein Leben sei vorbei. Mein Louis, den ich so liebte, dem ich vertraut hatte, in den Armen einer anderen Frau. Ich kam mir so wertlos vor, so verschmäht und weggeworfen. Er hatte unsere Liebe verraten. Ich litt unsagbar. Nichts, aber auch an gar nichts konnte ich mehr glauben. Der Sturz aus einer glücklichen Zeit war tief für mich.“
„Ja, so fühlt man sich. Hilflos ist man dem ausgeliefert“, sagte Corinna leise. Es klang aber nicht mehr so verzweifelt.
Henriette wurde wieder abgelenkt. Der junge Mann vor ihr bremste gerade erneut grundlos ab, wollte sich offensichtlich wieder überholen lassen. Sie scherte aus, gab Gas und fuhr an ihm vorbei.
Corinnas Kopf flog herum. Der junge Mann und sie sahen sich an.
‚Weiter so!’, dachte Henriette. Das schien ja mehr zu helfen, als jede Erzählung von ihr über vergangenen Liebeskummer. Sie bedauerte, dass sie nun von der Autobahn abfahren musste, lenkte das Auto in die Ausfahrt und sah neugierig in den Rückspiegel. Tatsächlich, der junge Mann folgte ihr auch hier. Er schien hartnäckig zu sein. Wie lange wollte er dieses Spiel noch treiben? Die Straßen wurden schmal, es ging in die Berge. Sie sah zu Corinna, bekam sie es mit, dass der junge Mann ihnen noch immer folgte?
Ja, sie hatte sich gerade vorsichtig umgedreht, als suchte sie etwas auf der Rückbank. Mit einem zufriedenen Lächeln drehte sie sich wieder zurück, sie hatte gesehen, was sie sehen wollte. Dann fragte sie: „Wann hattest du die Trennung von deinem Louis überwunden?“
„Nach einem Jahr. Da lernte ich deinen Großvater kennen und lieben.“
„Ein ganzes Jahr? Das ist ja ewig!“
„So lange wie bei mir dauert es nicht immer.“ Henriette lächelte. Nein, bei Corinna würde es kürzer sein, wenn sie auf ein wenig Beachtung, wie von diesem jungen Mann, schon so reagierte.
„Habt ihr euch nie mehr gesehen? Weißt du nicht, was aus ihm geworden ist?“, wollte Corinna wissen.
„Nein. Mein Vater wurde schon kurze Zeit später wieder versetzt. Wir sind weggezogen, in eine andere Stadt. Und als ich später mit deinem Großvater zusammen war, da hatte ich ihn bald vergessen. - Das heißt, nein, keine Liebe kann man ganz vergessen. Es tut nur nicht mehr weh.“
„Wo ist dieser Ort, in dem der Louis zu Hause war?“
„Wir werden gleich durchfahren; er liegt auf unserem Weg.“
„Können wir da einkehren? Ich möchte ein bisschen mehr davon sehen.“
Einen Moment zögerte Henriette. Das hatte sie noch nie getan. Bisher war sie immer nur durchgefahren. Aber eigentlich ... „Gut, es ist sowieso Zeit für eine Rast.“ Neugierig sah sie in den Rückspiegel. Was würde der junge Mann tun?
Kurze Zeit später betraten sie in dem Ort den gemütlichen Gastraum eines Gasthauses. Nur wenige Gäste waren darin und in einer Ecke, vor einem breiten und hohen Kachelofen an einem blank gescheuerten Stammtisch für Einheimische, saß ein alter Mann mit einem langen grauen Bart. Viele Falten hatten Wetter und Zeit in sein Gesicht geprägt. Er hockte da, wie in sich gekehrt, als gingen ihn die Menschen nichts mehr an. Zu seinen Füßen lag sein alter Hund, so zottelig wie der Bart seines Herrn. Henriette sah flüchtig hin.
„Der ist aber urig“, flüsterte Corinna ihr zu.
Sie setzten sich ans Fenster, bestellten Kaffee und blickten hinaus auf das Treiben auf der Straße.
Schon bald sah Henriette den jungen Mann kommen. Er kam zielsicher auf das Gasthaus zu, schlank, groß, mit sicheren Schritten. ‚Na, an dem hätte ich früher nicht so leicht vorbeisehen können’, dachte sie ... und Corinna? – deren Blick hing schon wie gebannt an ihm.
Die Tür flog auf; er kam herein. Ein Lächeln zog über sein Gesicht, als er Corinna sah. Nur einen Moment zögerte er, fuhr sich durch sein kurzes blondes Haar und kam direkt auf ihren Tisch zu. ‚Na, der wird doch nicht?’, erschrak Henriette – Nein, er ging vorüber, setzte sich an den Nebentisch, aber so, dass er Corinna nicht aus den Augen verlieren