Mitgefühl kann tödlich sein. Henning Marx

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Название Mitgefühl kann tödlich sein
Автор произведения Henning Marx
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742760906



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Dank ...

       Und wie es weitergeht ...

       Impressum neobooks

      Ein Gedanke vorweg ...

      »A human being is a part of the whole called by us ›Universe‹, a part limited in time and space. He experiences himself, his thoughts and feelings as something separated from the rest, a kind of optical delusion of his consciousness. This delusion is a kind of prison for us, restricting us to our personal desires and to affection for a few persons nearest to us. Our task must be to free ourselves from this prison by widening our circle of compassion to embrace all living creatures and the whole nature in its beauty. Nobody can achieve this completely, but the striving for such achievement is, in itself, a part of the liberation and a foundation for inner security« (Albert Einstein; aus einem persönlichen Brief von 1950, zitiert in der New York Times, 1972).

      Prolog

      Die lange Fensterfront gab einen weiten Blick über Heidelberg frei, der in der unmittelbaren Umgebung durch nichts verstellt wurde und sozusagen unverbaubar bleiben würde. Nicht weit entfernt lag der Bahnhof, dessen belebtes Treiben die Blicke des Besuchers immer wieder anzog, während er auf seinen Drink wartete, den sein Gastgeber an einer gut ausgestatteten Bar für ihn vorbereitete. Das Laub der Bäume glänzte goldfarben im Abendlicht. Doch er war nicht in der Stimmung, sich an derlei »Kitsch« zu erfreuen. Sobald die Szenerie keine hinreichend neuen Reize lieferte, stellten sich seine missmutigen Gedanken jeweils umgehend aufs Neue ein.

      »Hier, bitte.« Sein alter Freund aus Studientagen war zu ihm an die Couch getreten, um ihm sein Glas mit Eiswürfeln in einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit zu reichen, die einfach dazu geschaffen sein musste, ihn von seiner trüben Stimmung abzulenken.

      »Danke«. Er nippte an seinem Getränk. Tatsächlich gelang es diesem guten Tropfen, eine Welle des Wohlbefindens hervorzurufen, wenn auch bedauerlicherweise zu kurz.

      »Du scheinst mir heute nicht gerade bester Laune zu sein, mein Lieber«, stellte sein Gastgeber treffend fest. »Dabei dachte ich, wir könnten noch eine kleine Sause machen. Du warst schon länger nicht mehr da.«

      »Ja. Tut mir leid. Aber es gibt ein Problem, von dem du bisher nicht einmal ahnen würdest, dass es das jemals geben könnte. Und das Schlimme ist: Ich ... nein, wir können nichts dagegen unternehmen!«

      »Und zwar?« Die Augen des schlanken, hochgewachsenen Mannes, dessen Alter kaum zu schätzen war, begannen interessiert zu funkeln. Für ihn gab es keine Probleme, sondern nur Menschen, die zu inkompetent waren, Lösungen zu finden. Das brachte er gegenüber seinen Mitarbeitern immer wieder deutlich zum Ausdruck. Bei seinen Freunden verkniff er sich hingegen in den meisten Fällen einen entsprechenden Hinweis.

      »Du arbeitest in deiner Firma in erster Linie wofür?«

      Der Angesprochene runzelte kurz die Stirn. »In erster Linie? Ist die Frage ernst gemeint?«

      »Natürlich.« Erwartungsvoll schaute der etwas dickliche Besucher seinen Freund an.

      Bei dem provozierte diese Antwort zunächst nur ein belustigtes Lachen, das durchaus attraktive Fältchen an den Augenwinkeln offenbarte, die wohl auf ein Überschreiten der Vierzig hindeuten dürften. »Na, damit mein Konto mehr Nullen bekommt. Warum sonst?« So amüsant er die Frage fand, so überflüssig schien sie ihm im gleichen Maße zu sein.

      Sein Besucher reagierte auf die sichtbare Erheiterung mit einem noch mürrischeren Blick. »Mit dieser Haltung wirst du bald keinen Pfifferling mehr verdienen«, orakelte sein Besucher, bevor er sich mit einem weiteren Schluck des guten Tropfens eine Auffrischung seiner Gemütslage verschaffte.

      »Welchen Sirup hat man dir denn ins Hirn gefüllt?« Langsam verließ den Wohnungsinhaber die Geduld mit seinem jammernden Freund.

      Der erklärte ihm schließlich ausführlicher, was es mit seiner Stimmung auf sich hatte. »Erst letzte Woche habe ich mich auf einer Tagung mit anderen Unternehmern über dieses Problem unterhalten. Wir waren uns alle einig, auf eine absolute Katastrophe zuzulaufen, falls es uns nicht gelingt, das Ding zu stoppen, bevor es überhaupt losgeht.«

      Sein sonst so schnell denkender Freund drehte sich zur Fensterfront und schaute über die Stadt, um das Gehörte zu verarbeiten. Er fragte sich, ob ihn das selbst betreffen könnte, war sich dann aber sicher, dass das zu seinen Lebzeiten nicht mehr der Fall sein würde. Danach überlegte er unwillkürlich, ob er daraus Kapital schlagen könnte. Ein paar Nullen mehr in kürzerer Zeit und mit weniger Risiko wären durchaus attraktiv. Schließlich wandte er sich wieder seinem Freund zu, dessen hoffnungsvollen Blick er immer deutlicher in seinem Rücken gefühlt hatte. »Und was erwartest du jetzt von mir?«

      »Erwarten?«, sein Besucher lachte irritiert. Schaute aber durchaus ertappt auf sein Whiskeyglas, als suche er dort nach einer Antwort. »Ich dachte, ... du könntest da vielleicht wegen deiner Kontakte ... Du weißt schon ...«

      »Verleumdungen aus der Presse, wenn ich mal darauf hinweisen dürfte«, erwiderte der Gastgeber knapp.

      »Schon gut, schon gut. Jetzt lass mich nicht länger zappeln«, haderte sein Gesprächspartner.

      »Wie weit wärt ihr denn grundsätzlich bereit zu gehen?«

      »Bis in die Hölle, falls sich dort eine dauerhafte Lösung fände.« Er hielt dem Blick seines Gegenübers ohne mit der Wimper zu zucken stand.

      »Dann hätte ich unter Umständen eine Idee, die für alle Beteiligten von Vorteil sein dürfte.« Es hätte auch die Schlange sein können, die dem Kaninchen in die Augen schaut, während er seinem sichtlich besorgten Freund einen Vorschlag skizzierte.

      »Und was hast du davon?«

      »Ich bekomme Quartalszahlen und Meldungen der Beteiligten etwas früher als andere«, stellte er ganz beiläufig mit unbewegtem Gesichtsausdruck seine Forderung.

      Sein Gast schnaufte. »Das muss ich mit den anderen besprechen.«

      »Tu das. Und wie kann ich dich derweil ein wenig aufmuntern?«

      »Keine Ahnung.«

      »Na, ich glaube, ein gutes Essen reicht bei dir nicht mehr aus«, diagnostizierte sein gut aussehender Freund. »Aber ich habe dafür wohl das Richtige – besser gesagt: die Richtige.« Er grinste vielsagend, während er sein Smartphone aus der Tasche zog und eine Nummer wählen ließ.

      »Ekaterina, Häschen, ich bin´s. Bist du heute Nacht zufällig noch frei? ... Bring noch eine Kollegin für mich mit. ... Etwas Asiatisches vielleicht?«

      Kapitel 1

      Lene Huscher lag sehr bequem in einem Liegestuhl und konnte durch ihre schicke Sonnenbrille das Meer betrachten, auf dessen blauen und in Strandnähe türkisfarbenen Wellen die Sonne glitzerte. Es war kaum ein Wölkchen am Himmel, die Temperatur lag fast zwanzig Grad über der in Deutschland. An diesem Ort konnte sie es sehr gut aushalten.

      Nach gut einem Jahr hatte sie Thomas Sprengel einen Antrag gemacht, den dieser offensichtlich nicht hatte ablehnen können. So hatten sie am Samstag vor dem ersten Advent standesamtlich geheiratet und waren anschließend in die Flitterwochen geflogen. Manchmal musste sie noch daran denken, wie Thomas sie bei ihrer ersten Begegnung in einer Weise beleidigt hatte, nach der wohl kaum einer der an diesem Abend Anwesenden jemals damit gerechnet hätte, dass sie ein Paar werden würden. Im Laufe ihrer ersten gemeinsamen Ermittlungen hatte sich Thomas dann doch noch von seiner besseren Seite gezeigt und sie davon überzeugen können, ein Mann mit Potenzial zu sein. Nur gut, dass sie beide damals, wenn auch nur knapp, den Kopf noch aus der Schlinge hatten ziehen können. Lene lachte kurz auf. Erstens waren es ihre Füße gewesen und zweitens durfte sie die Hilfe durch ihren jungen Kollegen