Fall eines Engels. Simone Lilly

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Название Fall eines Engels
Автор произведения Simone Lilly
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742796493



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helfen?"

       "Das haben wir bereits gesagt."

       "Das bedeutet ich soll mich nur präsentieren als der Bruder eines solchen Geschwisterpaares?"

       "Natürlich nicht nur das, das wäre zu wenig! Mitkämpfen natürlich auch!", entrüstet erhob sich das Mädchen, "wenn du nicht mitkämpfst ist die ganze Repräsentation umsonst. Stell dir vor auf dem Schlachtfeld sind alle entmutigt oder unterlegen was ich nicht glaube, dass das passieren würde." Alle lachten kurz: "Dann sehen sie dich wie du vor ihnen auf und ab fliegst mit erhobenem Haupt bereit den eigenen Bruder zu töten, mit dem Wissen, dass sie auch wieder siegen können!"

      Nachdenklich rückte er von ihnen fort. Oft hatte er Raphal mit den Worten oder dem schweren Satz: "Ich will dich töten.", verlassen. Gewünscht hatte er es ihm aber nie. "Natürlich bin ich wütend auf ihn. Öfter sogar als dass ihr es glauben würdet, aber trotzdem von wirklich töten habe ich nie gesprochen!"

      Dunkel setzte er zur Antwort an: "Mensch, bist du naiv, selbstverständlich war von Töten die Rede, denkst du etwa wir bringen all die Energie und Kraft für diesen Aufstand auf, nur um ihnen einen einfachen Denkzettel zu verpassen? Hast du wirklich angenommen wir lassen die danach einfach so nachhause fliegen und sich in all ihren Vorurteilen bestätigt fühlen? Dass sie all die Jahre recht damit hatten uns, die "Bösen" zu unterdrücken, da wie sowieso nichts außer Unheil vollführen?"

      "Selbstverständlich nahm ich es an! Nein, ich hoffte es, denk doch nur an all die Toten, die es geben wird! Auf beiden Seiten!"

      Zornig war Rachmiel aufgestanden, streckte seinen Arm und drückte seine glatte Handfläche nach außen gegen Adrals Gesicht. "Ja es wird Tote geben, doch unser Ziel ist es, die auf unserer Seite so gering wie nur möglich zu halten!"

      Ebenfalls mehr als aufgebracht erhob auch das Mädchen sich, winkte ihm und wies ihn an ihr zu folgen: "Komm, folge uns zu unserem Versteck, dort werden wir dir alles sagen."

      "Ich sagte doch dass es ein Versteck gibt!"

      Noch bevor sie sich alle vom Boden abgestoßen hatten, wandte Rachmiel sich zu ihm um. " Naivität ist eine deiner Stärken sehe ich!"

      Obwohl die Worte eine Beleidigung waren und Adral recht wenig Lust hatte der Gruppe zu folgen, tat er es.

       Das Gewitter war noch nicht ganz verflogen. Wie immer war es schwer sich in der Luft zu halten und gegen den peitschenden Wind anzukommen. Schweißtreibend hatten alle wild mit den Flügeln zu schlagen um nicht davongeweht zu werden. Dennoch setzte Adral später mit den anderen auf dem Boden auf. Sie waren in einem Haus, in einer großen Halle, sie mochte schon länger unbewohnt sein denn sie wirkte heruntergekommen. Wenige Stühle standen darin, zwei Reihen vor einem kleinen Pult: dort wurde vermutlich gesprochen und die allgemeine Wut und Enttäuschung des Volkes gegen die Engel aufgestachelt.

      " Warte hier ich hole die anderen."

       Wen genau Rachmiel mit "den anderen" meinte, konnte Adral nicht sicher sagen, wollte es auch gar nicht können, wenn er ehrlich war.

      Zeit sich umzusehen hat er nicht, denn schon bald begannen richtige Schwärme von Teufeln durch die Türen herein zu fliegen. Zu landen, sich zu setzen und Münder und Augen weit aufzureißen, konnten nicht glauben was sie in ihm sahen. Eigentlich sah Adral genauso aus wie jeder andere Mann von ihnen, trotzdem starrten sie so als wäre ein Wesen welche sie noch nie zuvor gesehen hätten unter ihnen gelandet und suchte nun nach Hilfe. Instinktiv mussten sie wissen um wen es sich bei Adrals Anwesenheit handelte. "Gut ... Zeit zu Gehen.", murmelte er schüchtern in sich hinein, wollte augenblicklich gehen, wurde dann aber von dem zurückgekehrten Rachmiel ernst mit einem kräftigen Schlag auf den Rücken festgehalten.

      " Wo willst du hin?", fragte er schon fast beleidigt, nickte dem ein oder anderen Bekannten zu und schob sich dann mit ihm zusammen auf das Podest. Nun war es zu Spät!

       Alles wurde leise, einer wollte sprechen, ihm lauschten sie gerne, das konnte man in jedem einzelnen Blick erkennen. " Liebe Freunde!, begann Rachmiel seine Rede, mit hoch erhobenen Armen und rauer Stimme. Der Klang war vertraut, ebenso die Anrede. Öfter als Adral es vermutet hatte mussten sie sich hier versammeln und über die Willkür der Engel sprechen. Heimlich, so dass sie niemand sonst hörte.

      Rachmiels Stimme wurde lauter, vertraulich wenn man ihm fünf Minuten zuhörte konnte man annehmen, dass er ein geübter Redner war. Charismatisch, nicht so wie er es beschrieben hatte: naiv wie Adral. Als Bruder eines ungleichen Geschwisterpaares wäre er eindeutig die bessere Wahl gewesen.

      " Jetzt kann er endlich wahr werden, unser Traum von Gerechtigkeit! Wir können unseren Hass, unsere Demut und alles andere dass sich Jahrelang in unseren Körpern aufgestaut hat endlich abschütteln und unseren Durst auf Rache stillen!"

      Die Brutalität welche schon jetzt zu hören war lies Adral beim bloßen Gedanken daran das Blut in den Adern gefrieren. Das obgleich alles von Natur aus in ihnen kalt war. Vom alleinigen Zuhören, wie wäre dann nur die Wirklichkeit?

       Das konnte doch nicht wahr sein, wo war er denn hingeraten?

       Wäre er doch lieber zuhause geblieben, in seinem Zimmer. Wäre noch etwas gekränkt gewesen, über Raphals Verrat, hatte dann aber wie immer vergeben und hätte damit leben müssen.

      Es war eine stille Nacht. Ab und an waren leise Stimme zu hören, an sich nichts Ungewohntes. Dennoch saß Raphal seit Stunden am Fenster seines Zimmers und blickte auf die Straße hinunter, auf die Vorgänge, welche seit dem frühen Mittag vor sich gingen.

      Immer wieder verließen mehrere Teufel ihre Häuser, selbst ihre Nachbarn von gegenüber. Längst hatten sie ihre Koffer gepackt und waren einträchtig gegangen. Längst hatte sich herumgesprochen, dass diese Bewegung nicht die Einzige war. In der ganzen Stadt wurde eifrig gepackt.

      In seiner Sorge blickte er nach hinten auf die schlafende Merlina. Weit entfernt von ihrer anscheinend zynischen Mutter hatte sie beschlossen ganz bei Raphal zu bleiben. Es war spät und sie hatte sich auf seinem Bett zusammengerollt, ihre Flügel, damit sie ihr nicht im Weg umgingen, umständlich um ihren Körper geschlungen und atmete tief ein und aus. Nichts konnte ihre Träume stören. Sie sorgte sich nicht um die seltsamen Vorgänge. Unterhalb seines Fensters konnte er Schemenhaft Wächter erkennen, ihnen war die allgemeine Stimmung auch nicht geheuer, auch sie waren neugierig. Jedes dritte Paar hielten sie zurück und fragten was ihre Flucht auf sich hatte. Von keinem erhielten sie eine klare Antwort, sodass sie von ihnen abließen und sich neue Opfer suchten. Ganz verständlich war es ihm anfangs nicht warum sie die Züge nicht aufhielten, doch wahrscheinlich kam es ihnen gerade recht, wenn ihre Stadt von Teufeln verlassen wurde. Überall im Land war lautes Grollen zu hören, die Nachtluft roch bedrohlich.

      Er schreckte auf als von unten aus der Küche lautes Poltern zu hören war. Mit einem kräftigen Schlag seiner Flügel stieß er sich vom Boden ab, flog an Merlina vorbei und landete im Erdgeschoss. Weshalb sie überhaupt eine Treppe eingebaut hatten war ihm schleierhaft. Soweit er sich erinnern konnte hatte noch keiner von ihnen sie jemals benutzt .

      "Was geht hier vor?", warf er die Frage in den Raum.

       Seine Mutter, gerade im Begriff zu packen, hielt inne, musterte ihn kurz und begann dann von Neuem. Wütend stellte er sich ihr in den Weg.

       "Verstehst du nicht? Wir müssen gehen, wir können nicht die einzigen sein, die bleiben.", zärtlich legte sie ihm ihre Hand auf die Wange. "du bist alt genug du wirst ohne uns zurecht kommen außerdem hast du jetzt Merlina."

      Bevor Raphal etwas sagen konnte, wurde er von hinten von seinem Vater zur Seite gestoßen. Hart donnerte er gegen die Wand. "Versteh doch, wir müssen gehen. Ich und deine Mutter können nicht die einzigen sein, die bleiben. Worum es geht dürfen wir dir nicht sagen."

      "Aber ...?"

      "Natürlich sind wir deine Eltern, aber wir sind in erster Linie welche von Denen.", ernst blickte er ihm in die Augen, tätschelte dann kurz seine Schulter und drückte sich an ihm vorbei.

      "Aber das könnt ihr doch nicht! Dass das geht nicht!"

      " Hör' dich doch mal selber reden!",