Название | Der große Reformbetrug |
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Автор произведения | Udo Schenck |
Жанр | Социология |
Серия | |
Издательство | Социология |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738045604 |
An dieser Stelle ist anzumerken, dass die sog. Arbeitsvermittler/innen in der heutigen Praxis bei der Stellensuche offenbar nicht anders verfahren als die Erwerbslosen selbst; sie schauen wie diese in die sog. Jobbörse, in der das gesamte, bei der Agentur für Arbeit gemeldete, Stellenangebot Deutschlands über das Internet abgefragt werden kann und das eigentlich in erster Linie zur Selbstinformation für Erwerbslose gedacht ist. Da in einer Eingliederungsvereinbarung i. d. R. eine bestimmte Anzahl von Bewerbungen festgelegt wird, die von einem Erwerbslosen in einem bestimmten Zeitraum zu leisten sind, sind Stellenzuweisungen von sog. Arbeitsvermittlern, deren Recherchen nicht tiefer schürfen als dies mit den Informationen aus der Jobbörse möglich ist, eigentlich ziemlich überflüssig bis ärgerlich, vor allem ist dies dann auch noch durch schreiende Inkompetenz bzw. Unfähigkeit gekennzeichnet. Wer braucht so etwas, diese unsinnigen und zusätzlichen Mühen, diese Unsicherheiten und diesen Ärger, diese Demütigungen, diese ungeheure Geldverschwendung für dieses inkompetente und übergriffige Personal, das sich im übelsten Fall noch einen Jux aus der Schikanierung der ihnen anvertrauten macht, oder darin womöglich noch seine Berufung sieht, weil es in seiner dummen, kleinbürgerlichen Doppelmoral vielleicht meint auf der richtigen Seite des Schreibtisches oder Schalters zu sitzen?
Nur Fehler?
„Hartz IV ist eine Zäsur in der Geschichte der Sozialgerichtsbarkeit. Doch ist der Klagerekord nicht nur Folge der Hartz IV-Gesetzgebung. Er ist Ausdruck wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Veränderungen, die sich an unterschiedlichen Stellen des sozialen Gefüges in Deutschland niederschlagen. Wie ein Seismograph spürt das Sozialgericht die Erschütterungen im deutschen Sozialsystem. (…) In den steigenden Klagezahlen des Berliner Sozialgerichts spiegelt sich die sinkende Bedeutung der deutschen Sozialversicherung. Längst haben nicht mehr alle Erwerbstätigen ungehinderten Zugang zum beitragsfinanzierten Sozialsystem. Erhebliche Teile des Arbeitsmarktes werden bewusst an der Sozialversicherung vorbei organisiert.“
Aus der Ansprache der Präsidentin des Sozialgerichtes Berlin, Frau Sabine Schudoma, anlässlich der Jahrespressekonferenz vom 10.01.2013
Der Bescheid auf meinen Erstantrag für das Arbeitslosengeld II (ALG II) war fehlerhaft – zu meinen Lasten. Obwohl in dem betreffenden Antragsformular bezüglich meiner Kosten für Unterkunft und Heizung explizit nach der Art der Warmwasseraufbereitung gefragt wurde und ich dies korrekt beantwortete, indem ich die Frage danach ob die Warmwasseraufbereitung mit einem Durchlauferhitzer erfolgt mit ja beantwortete, wurde die Erstattung meiner tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung um eine sog. Energiepauschale von 9 Euro pro Monat gekürzt. Die Kürzung folgte der Argumentation: „Eine Trennung zwischen den Kosten für Unterkunft und Heizung einerseits und den Kosten für Strom und Warmwasser andererseits sei nicht möglich.“ Fragt sich dann also wofür in dem Antragsformular explizit nach der Art der Warmwasseraufbereitung gefragt wurde, so als würde von der Antwort eine Unterscheidung bzw. Entscheidung abhängen, was auch in der Tat so sein sollte. Offenbar hat man die Entscheidung in diesem Fall einfach vorweggenommen, sich also entschieden die Energiepauschale so oder so abzuziehen und die Antwort auf die gestellte Frage schlicht zu ignorieren. Nur ein Fehler?
Gegen den o. g. Bescheid legte ich umgehend Widerspruch ein, ohne dass sich in den kommenden Monaten irgendetwas regte. Damals noch nicht an die Praxis der neuen Jobcenter gewöhnt, regelmäßig Dokumente, Anträge und Widersprüche auf Nimmerwiedersehen verschwinden zu lassen sendete ich meinen Widerspruch per Einschreiben an das Jobcenter, ohne damals darauf zu achten, dass dies keinen rechtsgültigen Beweis für die Zustellung explizit dieses Widerspruchs darstellt. Mit dem entsprechenden Einlieferungsbeleg konnte ich lediglich nachweisen irgendetwas an das Jobcenter versandt zu haben, jedoch nicht, dass dies ein Widerspruch gegen einen bestimmten Bescheid war. Diesen Umstand machte sich das Jobcenter offenbar zunutze, behaupten zu können meinen Widerspruch nie erhalten zu haben.
Nach rund fünf Monaten der Untätigkeit des Jobcenters Neukölln wandte ich mich an den DGB-Rechtsschutz um eine Untätigkeitsklage zu erheben, worauf das Jobcenter wie oben dargelegt zunächst behauptete nie einen Widerspruch, der einer Klage fristgerecht voran gehen muss, von mir erhalten zu haben. Zur Klageerhebung lag meinem Anwalt immerhin eine Kopie meines damaligen Widerspruches vor. Ferner forderte mein Anwalt das Jobcenter Neukölln anhand meines Einlieferungsbeleges auf darzulegen, welches Schreiben es zu diesem Zeitpunkt von mir erhalten hatte. Das konnte bzw. wollte das Jobcenter erwartungsgemäß nicht nachweisen, wodurch es aber immerhin in die Defensive gedrängt wurde. Der Dreistigkeiten jedoch immer noch nicht genug behauptete das Jobcenter in einem Schreiben an meinen Anwalt, welches dieser mir als Kopie zusandte, mich angeschrieben zu haben, mit der Bitte um die Zustellung einer Kopie meines Widerspruchs, worauf ich jedoch nicht reagiert hätte. Jedenfalls habe ich nie ein derartiges Schreiben zu Gesicht bekommen. Inzwischen musste ich erneut einen Antrag für das ALG II stellen, da der erste Bewilligungszeitraum bald abgelaufen war. Wieder war der folgende Bewilligungsbescheid im o. g. Sinne falsch und wieder legte ich Widerspruch ein, der Bezug auf meinen ersten nahm. Dieses Mal ging ich jedoch direkt mit dem Widerspruch zum Jobcenter und ließ mir den Eingang auf einer Kopie von diesem bestätigen, was wieder einmal ein eineinhalbstündiges Stehen in der Warteschlange kostete. Letztendlich musste das Jobcenter nachgeben und nahm Abstand von der Praxis, eine Energiepauschale von den Unterkunfts- und Heizkosten abzuziehen, womit die Klage abgewendet wurde. Ferner musste das Jobcenter die bis dahin abgezogenen Beträge erstatten. Von meinem ersten Widerspruch bis zum Einlenken des Jobcenters verging so fast ein Jahr.
Noch kurz bevor ich zuletzt genannten Widerspruch einlegte stellte ich einen Antrag auf Bewerbungskostenerstattung und gab diesen gegen eine Empfangsbestätigung mit den Kopien von meinen Bewerbungen direkt beim Jobcenter ab, mit der entsprechenden Warte- und Stehzeit versteht sich. Ich hatte also eine Eingangsbestätigung für o. g. Antrag, jedoch keine unmittelbare für die betreffenden Bewerbungskopien, die ich mit samt dem Antrag abgab. Prompt wurde mein Antrag mit der Begründung abgelehnt: „Die von Ihnen beantragten Bewerbungskosten wurden nicht durch Nachweise (Kopien von den Bewerbungen, d. V.) belegt. Sie sind somit ihrer Mitwirkungspflicht nach § 60 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch – Erstes Buch – (SGB I) nicht nachgekommen.“ Also nicht genug damit, dass man hier anscheinend Dokumente unterschlagen hatte, mit der entsprechenden Schädigung für den Antragsteller, man versuchte perfider Weise zusätzlich dem Antragsteller einen Strick aus seiner vermeintlich versäumten „Mitwirkung“ zu drehen. Im Übrigen: gesetzt den Fall ich hätte bei der Antragsabgabe im Jobcenter keine Kopien von den Bewerbungen abgegeben, hätte man mich darauf hinweisen müssen, um die Chance zu erhalten, die Bewerbungsnachweise nachreichen zu können und so in meinem ureigensten Interesse auf die Erstattung der Bewerbungskosten hinwirken zu können.
Gelinde gesagt ist diese Vorgehensweise der Jobcenter geeignet das Vertrauen in diesen Staat und seine Institutionen auf die nachhaltigste Weise restlos zu zerstören und man muss sich einmal vorstellen was das vor allem bei sehr jungen erwerbslosen und perspektivlosen Menschen anrichten kann, von denen man heute aber dafür umso mehr Aufrichtigkeit, Arbeitsamkeit und Mitwirkung einfordert. Wenn man so linkisch, mit so viel krimineller Energie, mit Psychoterror gegen die Menschen vorgeht, sie bis zur Weißglut reizt und quält, darf man sich nicht wundern auf diese Weise verstärkt Kriminelle heranzuzüchten oder wenn dann mal i. w. Sinne verbal und tätlich zurück getreten wird, so, dass es richtig weh tut und manchmal sogar tödlich endet. Schlechte Vorbilder erzeugen zumeist ebenso schlechte Nachahmer. So erstach im September 2012 ein 52 jähriger sog. Kunde eine Mitarbeiterin des Jobcenters in Neuss. Am 19. Mai