Название | Seefahrtserinnerungen – Anthologie |
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Автор произведения | Jürgen Ruszkowski |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847683988 |
Hatten wir Schlammkohle oder Bunkerkohle für den Eigenbedarf geladen, waren wir immer sehr schmutzig. Wir hatten Glück, dass wir auf unserem Schiff einen Baderaum für die Deckbesatzung und einen zweiten für die Heizer hatten. Dieser Luxus war nicht auf jedem Schiff zu finden. Da Deutschland auf Grund des verlorenen Krieges die gut ausgerüsteten neuen Schiffe hatte abgeben müssen, waren zumeist ältere Schiffe wieder an die Reeder verkauft worden. Auf den meisten Schiffen bestand die Waschgelegenheit nur aus so genannten Pützen (Eimer). In diesen Pützen wusch man sich selbst und auch die Arbeitskleidung.
Bei den kurzen Reisen war es nicht möglich, die nötigen Instandhaltungsmaßnahmen durchzuführen. Musste das Schiff gestrichen werden, dann unternahm man Zwischenreisen nach Schweden, um in Oxelsund oder Gävle Eisenerz zu laden. Während dieser Fahrten hieß es dann: „Alle Mann an Deck!", und auch die Freiwachen mussten nach der Wache mit an Deck, um den nötigen Anstrich aufzubringen. Dadurch gab es viele Überstunden, und auch die Hilfe von uns Jüngeren wurde benötigt. Für eine geleistete Überstunde bekam ich 1,25 DM. Eine Stange Zigaretten kostete an Bord 5 DM, welche ich dann für 10 bzw. 11 Kronen oder 10 DM an Land verkaufte. Eine Flasche Schnaps kostete am Bord ebenfalls 5 DM. Man konnte sie aber an Land für 35 bis 40 Kronen verkaufen. Unser Kapitän Fritz Brinkmann, der ein rauer Geselle, aber guter Mensch aus Westrhauderfehn war, warnte mich immer vor dieser Art von Geschäft. Er sagte, falls er mich beim Schmuggeln erwischen würde, könnte ich sofort nach Hause gehen, und er lachte dann schelmisch dazu. Ich wurde jedoch während meiner gesamten Seefahrtszeit nie erwischt.
Die „HERMANN SSCHULTE“, ein weiteres von der Reederei Schulte eingesetztes Schiff, war in der Lage, ein paar Tausend Tonnen Ladung mehr aufzunehmen als unser Schiff. Als es uns bei Brunsbüttel einmal überholen wollte, da fragte unser Kapitän unseren Leichtmatrosen und mich, ob wir die Heizer für ein bis zwei Stunden unterstützen könnten, um die Bunkerkohle näher an die Öfen zu schaufeln. Wir taten es, und gemeinsam schafften wir es, dass die HERMANN SCHULTE uns nicht überholte und wir noch zwei Stunden eher in Hamburg waren. Jeder von uns bekam dafür acht Überstunden bezahlt.
Ich wollte nicht mehr länger auf einem Kohlefrachter fahren, da mir die Fahrten von Emden nach Hamburg zu langweilig wurden. Außerdem konnte man durch den Kohlestaub nichts richtig sauber halten. So kündigte ich meinen Dienst auf der ELISE SCHULTE und heuerte auf der „PERGAMON" an.
Hier musste Frerich Schüler krankheitsbedingt seine Schilderung seiner Seefahrtserlebnisse abbrechen. Er verstarb bald darauf.
Ab hier ein Bericht der Emder Zeitung:
In der Emder Zeitung berichtete EZ-Mitarbeiter GERD REDENIUS im Rahmen einer Serie über Ereignisse aus der Seefahrt von Begebenheiten, die sich mit Menschen verbinden, die in Emden ihre Heimat haben, hier am 14. Dezember 1996 und 25. Januar 1997: Aus dem Leben von Frerich Schüler
Schon als Kind zog es mich in den Emder Hafen
In der Emsmauerstraße, gegenüber dem Luftschutzbunker wurde ich im Mai 1932 geboren. Nachdem wir im Krieg ausgebombt wurden, wohnten wir in den Olympia-Baracken an der Nesserlander Straße.
Obwohl es nach dem Krieg an fast allem mangelte, verbrachten wir eine unbeschwerte Jugendzeit. Mit dem Wenigen, was wir hatten, waren wir zufrieden. Nach der Schule zog es mich und meine Freunde in den Hafen, wo wir uns bald gut auskannten. Wir gingen an Bord ausländischer Schiffe, wo wir als Abwäscher in der Kombüse mithalfen und dafür mit reichlich gutem Essen belohnt wurden. Des Öfteren halfen wir auch beim Festmacher Janssen aus.
Damals lagen auch viele Schiffe an der West- und Ostseite im Freihafen. Auf einem amerikanischen Schiff, das Zucker löschte, wurden mein Freund Fritz van Lengen und ich eines Tages mit einem Hafenarbeiter einig, zwei Säcke mit Schmuggelgut aus dem Hafen zu bringen. In diesen Säcken befanden sich Tee, Kaffee und Zigaretten. Mit einem geliehenen Ruderboot starteten wir bei Dunkelheit in Richtung Delft, wurden aber in Höhe der Teufelsinsel von der deutschen Dockpolizei aufgegriffen und zur Wache in die Eichstraße gebracht. Von einem englischen Militärgericht wurden wir zu einer sechsmonatigen Jugendstrafe verdonnert, die wir in einem Jugendheim der evangelischen Kirche in Hannover verbrachten. Ich war damals 15 Jahre alt.
Nach der Währungsreform im Jahre 1948 heuerte ich auf der 130-Tonnen-Tjalk „SEEHUND“ (Kapitänseigner Hermann Janssen, Norden) für 25 Mark Heuer als Schiffsjunge an. Während einer Reise von Ditzum nach Hamburg-Altona – das Schiff war mit Steinen beladen – befanden wir uns plötzlich zwischen Weserfeuerschiff und „ELBE 1“ in einem Meer von Apfelsinen, die einem anderen Dampfer bei Schlechtwetter über Bord gegangen waren.
Diese einmalige Gelegenheit haben wir uns nicht entgehen lassen und die damals begehrten Früchte stundenlang aus der kalten Nordsee gefischt, an Bord verstaut und anschließend auf St. Pauli in den Seemannskneipen „Große Freiheit“, „Leuchtturm“ und „Oberbayern“ für 20 Pfennig das Stück verkauft. Die Nachfrage war so groß, dass ich sogar zu bescheidenem Reichtum gelangte. Allerdings war ich anschließend ein halbes Jahr arbeitsunfähig, denn ich hatte mir beim Bergen der „Ware“ eine Unterkühlung zugezogen, die schlimme Folgen hatte.
Als dann im Jahre 1950 die deutsche Seefahrt langsam wieder aufblühte, heuerte ich auf dem von Kapitän Fritz Brinkmann (Westrhauderfehn) geführten Dampfer „ELISE SCHULTE“ an, der Schlammkohle von Blyth (England) nach Hamburg brachte.
Danach folgte eine für mich sehr lehrreiche Fahrzeit als Jungmann auf der „PERGAMON“ der Deutschen Levante-Linie. Da sowohl die Offiziere (allesamt ehemalige Kapitäne) als auch die Matrosen (alles frühere Bootsmänner) über langjährige Erfahrungen verfügten, habe ich dort das seemännische Know-how gelernt.
Im Sommer 1951stieg ich auf dem in Costa Rica beheimateten Holzschoner „RANNA“ ein, musste jedoch das fast ausschließlich mit Esten bemannte Schiff bereits nach kurzer Zeit wieder verlassen, weil ich aufgrund eines Arbeitsunfalls in Rotterdam wieder abmustern musste. Diesem Umstand verdanke ich wohl mein Leben, denn kurz darauf kollidierte die RANNA bei dichtem Nebel in der Ostsee mit einem großen Pott. Das Schiff sank, und lediglich der Steuermann konnte lebend gerettet werden. Unter den Opfern war auch mein Freund Helmut Gindera aus Borkum.
Nach meiner Genesung heuerte ich mit dem Emder Matrosen Fritz Djuren auf dem unter belgischer Flagge fahrenden 11.000-Tonner „ANVERS“ an. Als Leichtmatrose verdiente ich 50 Prozent mehr als auf einem deutschen Schiff. Mit der ANVERS waren wir in der Erzfahrt von Narvik oder Lulea nach Emden, Rotterdam oder Antwerpen eingesetzt.
Aufgrund meiner zwischenzeitlich erlangten Englischkenntnisse folgte dann ab Ende 1951 eine lange Fahrzeit als Matrose auf der mit 36 Seeleuten aus acht Nationen bemannten „SAINT ANDRE“ der schwedischen Reederei O. Wallenius. Ich blieb eineinhalb Jahre auf dem Schiff.
Viele Seeleute wollten auf diesem Schiff nicht gerne anmustern, da das Schiff in Ballast bis zu 35 Grad überholte. Wir nahmen immer wenig Bunkerkohle an Bord, um mehr Erz laden zu können. Das führte dazu, dass auf einer Reise von Narvik nach Emden wegen Schlechtwetter die Kohle nur bis Borkum reichte und wir alle Lukendeckel aus dem Zwischendeck