Hand aufs Herz. Susanne Holzer Sybille Maier-Ginther

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Название Hand aufs Herz
Автор произведения Susanne Holzer Sybille Maier-Ginther
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742785978



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das jeweils teuerste Stück im Laden zu kaufen, nein, sie versuchen es über die Hintertür des schlechten Gewissens!

      Kaum schiebt man einen Kinderwagen im mittleren Preissegment durch die Gänge, rauscht die eifrige Frau vom Fach heran und flötet etwas von Kurvenstabilität und Luftzufuhr, sieht man einen preiswerteren Autositz auch nur von der Seite an, werden die fatalen Crash-Test-Statistiken hervorgekramt und erlaubt man sich, die Babymatratze im Preisbereich „Monatslohn“ nicht gleich in den ohnehin schon bis obenhin vollgestopften Einkaufswagen zu befördern, folgt das Killerargument: „Ja, natürlich können Sie auch die Billigere nehmen! Aber ich sage nur: Plötzlicher Kindstod!“

      Und dann sei mal so selbstbewusst und geh trotzdem mit der Billigsdorfer-Matratze zur Kasse, begleitet von den tadelnden Blicken der gesamten Verkäuferschaft, von der sie nicht ganz zu Unrecht vermuten, dass das Lehrmädchen im Hintergrund bereits das Jugendamt kontaktiert…!

      Man möchte meinen, dass man diesem Teufelskreis endlich entkommt, wenn das Kind auf der Welt ist und man am eigenen Leib erfahren musste, was man alles für Blödsinn gekauft hat. Aber nein, der sinnlose Konsumrausch nimmt auch mit Kind weiterhin seinen traurigen Lauf. Dass das Gras auf der anderen Seite immer grüner ist, wissen nämlich leider auch schon die Kleinsten und als Mama fällt man wirklich jedes Mal darauf rein. Ist man nämlich bei anderen Mamas eingeladen, spielt das eigene Kind dort einfach herzzerreißend brav mit einem fremden Spielzeug, trinkt plötzlich literweise das sonst verhasste Wasser aus dem fremden Trinkbecher oder hört im fremden Tragetuch urplötzlich mit dem Dauergebrüll auf.

      Also fährt man als motivierte Mutter noch am Nachhauseweg zum nächsten Babyladen, kauft Spielzeug, Trinkbecher und Tragetuch nach und freut sich wie ein Schnitzel, dass damit auch zu Hause die Welt in Butter sein wird. Ich brauche Ihnen jetzt wohl nicht wirklich zu sagen, dass der kleine Terrorist daheim das neue Spielzeug natürlich keines Blickes mehr würdigen wird und einen Tobsuchtanfall ungeahnter Dimensionen erreichen wird, wenn man das nagelneue Tragetuch auch nur aus der Verpackung pult...

      Die einzige Ausnahme stellte hier die Diskonter-Strandmuschel dar, die wir nach unserem letzten Ausflug zum See natürlich auch unbedingt haben mussten. Nein, Noah hat sich nicht brav hineingesetzt und dort wie ein Engel mit seinem neuen Spielzeug gespielt. Aber immerhin saß er – für diese Zeit ein wahrer Rekord – für bestimmt eine ganze Stunde lang grinsend zufrieden und brüllfrei in seiner Wippe, während er seinen studierten Akademiker-Eltern hämisch dabei zusah, wie sie verzweifelt die testweise im Wohnzimmer aufgebaute Strandmuschel nur mehr mithilfe von drei Youtube-Tutorials wieder zusammenlegen konnten.

      Forenlos glücklich

      Einen Tag nach dem positiven Schwangerschaftstest (übrigens durchgeführt mit dem ersten Morgenurin um exakt 03:23 Uhr früh), bekam ich plötzlich Anzeichen einer Regelblutung. Ich geriet in Panik und ließ mich sofort ins Krankenhaus einliefern – und das am Ostersonntag! Ich hatte so lange darauf gewartet und nun sollte es nicht bleiben wollen? Das konnte doch nicht sein! Kurzerhand erklärte ich der ratlosen Ärztin, sie solle bitte IRGENDETWAS tun, schließlich sei ich Privatpatientin! Sie erklärte mir aber nur geduldig, dass sie noch nicht mal feststellen könne, ob ich überhaupt schwanger sei.

      Am Ultraschall sieht ein befruchtetes Pünktchen nämlich anfangs genauso aus wie der Uterus vor der Regelblutung. So kamen drei bange Wochen des Wartens auf mich zu, in denen ich immer wieder Blutungen hatte und mir jedes Mal von den Ärzten sagen lassen musste, sie könnten (noch) nichts sehen und erst recht nichts sagen. Obwohl mir das wahnsinnig weh tat, glaubte ich ganz fest weiter an die Schwangerschaft – den Gedanken eines möglichen Abgangs konnte ich einfach nicht ertragen.

      Wie so oft suchte ich Rat in einem der zahlreichen Internetforen zum Thema Kinderkriegen. Und ganz ehrlich, solche Foren sind das Schlimmste überhaupt, um nicht zu sagen der digital gewordene Schwangerschafts-Antichrist! Wenn man unbedingt ein Kind möchte, kann man offensichtlich wirklich ALLES analysieren und gemeinsam mit den anderen totdiskutieren. Das geht von Bildern des Zervixschleims bis hin zur Analyse der Blähungsattacken der werten Mitstreiterinnen. Bei jedem kleinsten Anzeichen, dass diesmal etwas anders sein könnte, drückt man sich die Daumen und wünscht sich im Kollektiv ganz fest, dass es geklappt hat.

      Ich schreibe zwar sehr abschätzig über diese Foren, war aber selbst Teil dieser Parallelwelt, wenn auch meist nur als passiver Spanner. Haargenau erfährt man dort, wie oft und wie und wieso überhaupt man mit seinem Partner „sexeln“ darf (so heißt das nämlich bitte im Forum!) und ist am Boden zerstört, wenn man wider besseren Wissens gegen eine der gefühlt 3.492 Verhaltensregeln verstoßen hat.

      "Keksi1981" meinte jedenfalls ohne mit der digitalen Wimper zu zucken, meine unbegründete Euphorie vor den Tagen sei ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Tage keine Tage werden, also eines der gefühlt 567 Anzeichen für eine Schwangerschaft. So weit so gut – und sie sollte recht behalten, verdammt noch mal! Als ich endlich den nächsten Termin beim Frauenarzt bekam, schlug da plötzlich das mikroskopisch kleine Herz meiner Tochter auf dem Bildschirm.

      Der Arzt wusste nichts von meiner Krankenhaus-/Forumodyssee und meinem großen Bangen und meinte nur ganz lapidar: „Jawohl, hier schlägt es, das kleine Herz!“ Er war ganz schön überrascht, als ich ihn daraufhin ohne Vorwarnung mit Tränen in den Augen ganz fest drückte! Ich war schwanger!!

      Und damit fing der Spaß erst richtig an: Von einem Tag auf den anderen durfte ich vom Online-Forum der Werden-Wollenden ins Forum der Bange-Zitternden wechseln. Und während man noch denkt „Endlich!“, stolz den Mutter-Kind-Pass wie die goldene Mitgliedskarte zum Billionaire‘s Club in Händen hält und sich ständig sanft übers Bäuchlein streicht, weil man glaubt, die Pizza Calzone vom Vortag sei schon der Ansatz eines Babybäuchleins, bekommt man im Forum erst mal eingebläut, dass da noch lange nix im Trockenen sei. Bis zur 12. Woche bräuchte man ja gar nicht dran zu denken, sich überhaupt als schwanger zu bezeichnen, das wäre quasi so dreist wie eine Verlobung ohne Ring oder ein Parisbesuch ohne Eiffelturm.

      Endlich glaubt man, man wäre jetzt „drin“, dabei könnte es laut den anderen Forumsteilnehmerinnen mit jedem Bauchzwacken vorbei sein mit der ganzen Freude! „Was, du hast Ausfluss?? Das könnte Fruchtwasser sein und dein Baby könnte im Begriff sein zu sterben!“ Auch wenn es schwer fällt, sollte man in so einer Situation nicht gleich in Panik verfallen. In den meisten Fällen geht alles gut. Das muss man sich nur immer wieder sagen, denn sonst macht man sich ganz und gar verrückt.

      Leider gibt es natürlich sehr wohl den Fall, dass genetisch etwas schiefläuft und sich ein kleiner Wurm nun mal nicht weiterentwickelt. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie weh das in dem Moment tun muss und vielleicht gibt es in solchen Augenblicken auch gar keine Worte des Trostes – schon gar nicht Mediziner-Standardfloskeln wie „Die Natur regelt das ganz gut, was nicht lebensfähig ist, wird abgestoßen“. Ich frage mich, wie man mithilfe solcher Phrasen wieder Mut finden soll. Viel eher würde mich vielleicht der Gedanke beruhigen, dass mein Körper zumindest fähig ist, ein Kind zu zeugen, nur dass eben diesmal etwas schief gelaufen ist. Beim nächsten Mal kann durchaus alles klappen – und deswegen darf man nie die Hoffnung aufgeben!

      Will ich‘s wirklich wissen?

      Ich glaube, beim nächsten Mal werde ich mir das Geschlecht meines Kindes nicht mehr sagen lassen. Warum? Wenn man noch nicht weiß, was es wird, hat man alle Möglichkeiten: Eine kleine Ballerina, ein wilder Fußballer – es könnte alles sein, bis es dann plötzlich heißt: „Was denken Sie denn, was es wird?! Ich: „Das Bauchgefühl sagt ja ein Mädchen, aber ein Bub wäre …“ Und noch bevor ich es aussprechen konnte, sagte mir der Herr Doc schon, dass es ein Mädchen wird.

      Mein Mann stieß einen Seufzer aus und meinte, er hätte es ja gewusst. Ob das nun positiv oder negativ war, weiß ich bis heute nicht, aber viel wichtiger ist wohl die Frage, wie sich