Die Kinder des Clavierbauers. Sabine Baumert

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Название Die Kinder des Clavierbauers
Автор произведения Sabine Baumert
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742728531



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„Seltsam, beim Saubermachen habe ich hinter deinem Bett doch welches gefunden. Was ist denn damit?“ „Das verstehst du nicht“, stotterte Johann verlegen. „Ich bewahre es für den Vater auf, er bekommt es sicher eines Tages von mir wieder.“

      „Doch, ich glaube schon, dass ich verstehe“, meinte die Mutter. „Wenn mich nicht alles täuscht, wohnt doch die hübsche Sophie in der Ölschröte, wo du immer das Öl holst?“ „Ja schon“. Johann merkte, dass er rot wurde und ärgerte sich über sich selbst. Schließlich war es doch nichts Schlimmes, verliebt zu sein. „Ich mag sie auch sehr gern.“ „Das ist doch schön, wenn ihr beide euch gut versteht. Aber denk immer dran, ihr seid beide noch sehr jung. Ans Heiraten würde ich in eurem Alter noch nicht denken- nicht dass ihr es später dann bereut.“

      „Aber…“ begann Johann, der ja schon am Abend vorher der Familie von seinen Heiratsplänen hatte berichten wollen. „Ach, habt ihr es euch doch schon überlegt?“ Johann nickte. „Ich glaube, da wird es ganz gut sein, wenn du einmal von hier wegkommst und einmal etwas anderes siehst. Versteh mich nicht falsch, ich will dir ganz bestimmt nicht von Sophie abraten. Ich möchte nur, dass ihr nichts überstürzt, das ist alles.“ „Ja, Mutter“, murmelte Johann und sah seine Mutter dankbar an. Insgeheim hatte er schon befürchtet, sie würde ihm rundheraus von einer Heirat mit einer Müllerstochter abraten. Überstürzen würde er sicher nichts, das lag gar nicht in seiner Art. Es war meist die ungestüme Sophie, die ans Heiraten dachte. „Ich habe gerade schönen Tee gebrüht, vorhin war ich doch auf dem Markt bei Sebastians Mutter. Davon gebe ich dir etwas mit, du hast ja sicher einen Beutel für die Ölfläschchen dabei. Und weißt du was, ich gebe dir für Sophies Familie ein Beutelchen mit Teekräutern mit. Da freuen die sich sicher, denn aus ihrem Tal kommen sie sicher nicht so oft heraus.“ „Ich bin dir so dankbar“, rief Johann und nahm seine Mutter fest in den Arm. Sorgsam verstaute er alles in seinem Brotbeutel und machte sich mit raschen Schritten auf den Weg.

      Die Ölmühle

      Vielleicht wäre es doch nicht so schlecht, im Frühjahr so eine weite Reise zu machen, überlegte sich Johann, als er über die Hochfläche in Richtung Gillersdorf lief. Die Sonne stand hoch am Himmel, der Himmel war zartblau, und die ersten Vögel sagen zaghaft frohe Frühlingslieder. Fast so frei wie ein Vogel könnte man sich da fühlen, überlegte der junge Mann. Einmal heraus aus der engen Werkstatt, stattdessen frische Luft und vor sich der weite Horizont. Möglicherweise war es doch nicht so schlecht, einmal aus Großbreitenbach wegzukommen. Einerseits war ihm auch ein bisschen bange vor den vielen Menschen, mit denen er es auf seinem Weg zu tun haben würde. Denn die Buckelapotheker versuchten natürlich auf ihren weiten Wegen immer möglichst viele Stationen zu besuchen, um ihre Waren anzubieten und gar zu verkaufen.

      So viel gab es zu überlegen, dass für Johann die Zeit wie im Flug verging, weil sich seine Füße wie von selbst bewegten. Schon so oft war er diesen Weg gegangen, dass er ihn sowieso beinahe im Schlaf bewältigt hatte. Und jetzt zog es ihn schon allein Sophies wegen mit Macht weiter. Kurz vor Gillersdorf ging er von Großbreitenbach aus gesehen geradeaus weiter in Richtung Friedersdorf. Er hätte auch durch das kleine Dorf Wildenspring laufen können, in dem die schöne Ritterburg immer wieder eine besondere Sehenswürdigkeit war. Aber für sie hätte her heute sowieso keinen Blick gehabt. Früher hatte Johann diesen Weg oft gewählt, auf Rat seines Vaters hin. Aber da kannte er Sophie noch nicht näher. Die Gleichaltrige hatte sich meist bescheiden bei der Mutter aufgehalten und war dieser bei Hausarbeiten zur Hand gegangen. Dann allerdings war einmal der Müller, ihr Vater, nicht da gewesen. Da hatte ihm Sophie das Öl in kleine Fläschchen abgefüllt, und die beiden waren länger miteinander ins Gespräch gekommen. Es stellte sich heraus, dass Sophie ihrem Vater oft bei der Verarbeitung des Öls zur Hand ging und sich mit vielem fast genauso gut auskannte wie dieser. Wäre da nicht der große Altersunterschied gewesen, hätte sich Johann fast an seine kleine Schwester Anna erinnert fühlen können, die sich auch schon so gut im Handwerk ihres Vaters auskannte.

      Damals war Johann gleich von Sophies gewinnendem Lächeln bezaubert gewesen. Er stellte auch weiterhin fest, dass Sophie gern lächelte und im Leben meist die positiven Seiten sah. Johann bewunderte die offene Art, mit der die junge Frau mit den braunen Haaren und den haselnussbraunen Augen auf alle Menschen zuging, die den Weg in das abgelegene Anwesen fanden. Wie gern hätte er Sophie mit auf seine große Reise nach Hamburg mitgenommen! Mit ihr wäre alles ganz leicht gewesen. Sie lernte so gern neue Menschen kennen und war so aufgeschlossen für neue Eindrücke. Ich werde mir einfach vorstellen, ich hätte Sophie bei mir, beschloss der junge Mann.

      Unversehens fand sich Johann schon am Rande von Friedersdorf wieder und schlug rechts den Weg zur Ölschröte ein, die allein am kleinen Flüsschen unten unter dem Ort in einem idyllischen Tal lag.

      Der junge Mann erschrak. Sonst war immer die Tür des Hauses einladend offen, heute aber sah alles abweisend und verschlossen aus. Schnell rannte er zum Haus hin. Es würde doch nichts passiert sein?

      Heftig hämmerte er an die Tür. Zu seiner Erleichterung wurde schnell geöffnet, und Sophie stand im Türrahmen. „Wieso siehst du so traurig aus, Sophie?“, fragte Johann, als er in ihr sonst so fröhliches Gesicht sah. „Vater ist seit vorgestern krank. Gestern sah es so aus, als ob er nicht mehr lange zu leben hätte. Mutter und ich, wir haben die ganze Zeit an seinem Bett gewacht. Zum Glück scheint es ihm heute schon wieder etwas besser zu gehen. Er hat gerade ein bisschen Kräutertee getrunken. Zum Glück hatten wir noch welchen da. Jetzt ist der allerdings alle. Mutter und ich wissen gar nicht, was wir tun sollen. Wir dürfen Vater nicht alleine lassen. Er hatte sehr hohes Fieber und schwitzt sehr stark. Wir müssen dauernd sein Hemd wechseln, waschen und trocknen. Er hat immer gemeint, er braucht nur drei Hemden. Bei seiner Arbeit würde ihn ja sowieso niemand sehen. Wenn er einmal wieder gesund wird, braucht er unbedingt mehr Hemden. Der Tee schien ihm aber gut zu helfen, aber wir haben einfach keine Möglichkeit, nach Großbreitenbach zu gehen und bei einem Buckelapotheker Tee zu holen. Wir sind schon ganz verzweifelt.“

      „Da kann ich etwas für euch tun“, strahlte Johann. „Mutter hat mir einen Tee für euch mitgegeben. Sie war gerade auf dem Markt und hat ganz frisch welchen bei der Frau eines Buckelapothekers gekauft. Der hilft deinem Vater sicher, denn er wirkt besonders bei Erkältungskrankheiten und Fieber. Bei uns ist Anna immer wieder davon betroffen und leidet dann sehr. Mutter musste sowieso auf dem Markt etwas erledigen und hat bei dieser Gelegenheit gleich Tee mitgebracht.“

      „Ach, das ist ja wunderbar“, rief Sophie und rief nach hinten in die Stube hinein. „Mutter, der Johann aus Großbreitenbach ist da. Er hat ganz frischen Tee für den Vater mitgebracht.“

      „Du bist ja sicher wegen etwas anderem da“, flüsterte Sophie. „Aber es wird einen ganz tollen Eindruck auf die Eltern machen, wenn sie denken, du bist wegen Vater gekommen. Sie wissen ja nicht, dass du wegen mir da bist. So bald hätte ich dich ehrlich gesagt auch nicht erwartet. Aber ich freue mich riesig! Ich glaube, Mutter ahnt inzwischen etwas, dass wir zwei uns mögen. Sie hat auch nichts dagegen. Aber bei Vater bin ich mir nicht sicher. Er hat gestern im Fieber phantasiert und ganz böse über dich gesprochen.“

      „Na ja, man weiß ja, was die Leute im Fieber alles so reden. Da können sie sich hinterher oft gar nicht mehr daran erinnern, was sie gesagt haben, als sie so krank waren. Aber meine Mutter ahnt inzwischen auch etwas“, flüsterte Johann zurück. „Sie meint, wir sollen uns mit allem noch etwas Zeit lassen. Aber ich glaube, sie mag dich ganz gern. Sonst hätte sie mir schließlich nicht den Tee mitgegeben.“

      „Mutter, ich gehe gerade mal frischen Tee machen“, rief Sophie. Wie selbstverständlich folgte ihr Johann in die Waschküche, wo noch ein großer Topf mit heißem Wasser über dem großen Feuer stand. Sophie nahm eine Tonkanne, füllte von dem Tee etwas hinein und goss heißes Wasser darüber. „So, der muss jetzt eine Weile ziehen. Inzwischen erzählst du mir einmal, wieso du heute hier bist.“

      „Das hat etwas damit zu tun, weshalb Mutter heute unbedingt auf den Markt musste.“ Johann wusste gar nicht recht, wie er seine Erzählung beginnen sollte. „Und wieso musste sie auf den Markt, das musst du mir schon erklären“, meinte Sophie und sah ihn forschend an. „Sie wollte mit