Название | Flut über Peenemünde |
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Автор произведения | Rainer Holl |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738072440 |
Nachdem auch der Besuch im Büro des Bürgermeisters in Usedom keinerlei Anhaltspunkte brachte, versuchten die drei Ermittler nun aus der Symbolik des Tattoos eine Bedeutung für den Fall herauszulesen.
Ein Dolch mit einer sich um ihn windenden Schlange.
Während Siegfried sein verschüttetes Schulwissen gar nicht erst bemühte und vergeblich in seinem Gedächtnis kramte, Arne stückweise einige Stichworte aus der germanischen Mythologie aus dem Taschenlexikon wiedergab, stieß Rita ein kurzes und dafür umso lauteres „Ha!“ in die Männerrunde. Sie hatte einfach die Worte „Dolch mit Schlange“ in das Suchfeld von Google eingegeben. Dort waren auch Tattoo-Symbole erklärt.
„Der Dolch ist in diesem Zusammenhang als Symbol der Rache beschrieben, das gerne in Verbindung mit einer Schlange verwendet wird.“ Rita erlitt einen Rückfall in ihren dozierenden Tonfall, an dem jedoch keiner der anderen beiden Anstoß nahm. Zu sehr waren sie vom Eifer gepackt. Arne sah die Gelegenheit, großzügig mit Lob zu hantieren. „Gut gemacht Frau Kollegin, immer am Ball des Fortschritts. Hattest du gestern Nachhilfe bei deinem Sohn?“
„Spar dir deine hilflosen Ablenkversuche, wirf lieber eine Hypothese in die Runde.“
„Gerne. Rache klingt gut, passt sogar in jede Krimiserie. Auch wenn es eine Theorie auf schwachen Füßen ist, sollten wir weiter überlegen. Oder hat jemand eine andere Idee?“ Ohne die sowieso nicht erwartete Antwort setzte er mit entschlossener Stimme fort. „Wir wissen sicher, dass es zwischen Joachim Walter und der toten Frau eine Verbindung gibt. Entweder kannten sich die beiden direkt oder über eine dritte Person.“
„Soll ich helfen?“, warf Siegfried ein, dem das Argument der Rache sichtlich gefiel. „Da schmückt sich also die Frau mit einem Symbol, das wir als Rachesymbol ansehen. Offenbar hat sie das bewusst getan. Und der Bürgermeister hat dasselbe, nicht gerade alltägliche Symbol als Foto in seinem Arbeitszimmer. Vielleicht hat er das sogar von ihr bekommen, ohne die Bedeutung zu kennen?“
Arne und Rita hörten einfach zu, erstaunt über die Argumente Siegfrieds, der einfach fortsetzte.
„Das spricht aber in jedem Fall gegen ihn als möglichen Täter, denn dann hätte er zumindest das Bild von der Wand genommen. Würde ich jedenfalls an seiner Stelle tun. Und wenn es überhaupt einen Täter gab.“ Die beiden anderen hatten diesen Argumenten nichts entgegenzusetzen, wie sie bekümmert feststellen mussten, und ignorierten Siegfrieds abschließenden absurden Schlenker.
„Gut, es scheint also doch vieles für irgendeine Form der Rache zu sprechen, andere Erklärungen haben wir bisher nicht“, suchte Arne einen Ausweg. „Aber es gibt dabei zu viele Ungereimtheiten. Warum sollte sich das Opfer selbst mit dem Rachesymbol schmücken? Außerdem haben wir keinen belastbaren Hinweis auf den Rächer.“ Rita nutzte die verfahrene Situation, um Siegfried nach den Ergebnissen seines Kontakts mit Daniela Wollmann von ARGUS-TV zu befragen.
„Die Frau pochte zunächst auf Informantenschutz, als ich sie an ihre Verantwortung und die mögliche Beeinflussung unserer Ermittlung erinnerte. Dann hat sie behauptet, dass die Fotos auf einer anonym abgegebenen CD gewesen seien. Können wir wohl schlecht widerlegen. Aber sie hat eine weitere Zusammenarbeit nicht abgelehnt.“
Hast also doch nicht nur mit Platzpatronen geschossen?“
„Ach, heutzutage machen die Medien doch sowieso was sie wollen.“ Rita lächelte über die Verachtung, die aus Siegfrieds Worten herauszuhören war. „Willkommen in der Gegenwart, Siegfried.“
Arne erhob sich um den Raum zu verlassen. „Denkt mal ein paar Minuten ohne mich weiter.“ Er ging ins Labor zu Cornelia Machnit, um nach dem Ergebnis der DNA-Analyse zu fragen. Die Laborchefin schien gerade dabei zu sein, ihren Arbeitstisch für den Feierabend aufzuräumen und sah lächelnd zum Kommissar auf. Arne hatte ganz versäumt, sich auf die erneute Begegnung mit der jungen Frau vorzubereiten, registrierte jedoch eine rundum euphorische Reaktion seines Körpers. Leider machte eine eintretende Kollegin dann allen Versuchen, die Situation weiterzuentwickeln, ein Ende. Auch Cornelia hatte wieder ganz auf offiziell geschaltet.
„Aus einem pünktlichen Feierabend für den Kommissar wird wohl nichts. Hier ist das Ergebnis.“
Arne studierte das Blatt mit der Auswertung. „Das Blut in Walters Auto stammt von ihm selbst, das ist keine so große Überraschung“.
„Und noch etwas habe ich für dich, das Ergebnis der DNA-Probe der Toten ist eben aus Greifswald gekommen. Da ergab sich ein interessanter Link zu unserem Herrn Walter.“
Nun zogen sich Arnes Augenbrauen zusammen. „Lese ich das richtig? Das Sperma, welches in der Toten aus dem Peenestrom gefunden wurde, ist von Joachim Walter?“
„Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, so wie es bei allen DNA-Proben ist“, bekräftigte Cornelia.
Arne bedankte sich förmlich, ließ seinen Blick so lange wie möglich in den ebenso auf ihn gerichteten Augen der Frau ruhen und stürmte aus der Tür, ohne die Papiere vollständig gelesen zu haben. Im Flur besann er sich auf seine Position und verfiel in einen gemessenen Schritt.
Sobald er das Beratungszimmer betreten hatte und in die kleine Runde blickte, reagierte Rita. „Na Chef, du hast was für uns, man sieht es dir an.“
Arne überhörte die Bemerkung, sein Blick wurde ernst und er kam sofort zur Sache. „Das Blut in Walters Auto stammt von ihm selbst. Aber das ist nicht alles. Wir haben offenbar einen neuen Status für unseren Bürgermeister. Er ist jetzt kein einfacher Vermisster mehr, sondern muss als Tatverdächtiger bezeichnet werden. Es ist sein Sperma, welches in der Frauenleiche gefunden wurde. Damit ist klar, dass er mit der Frau nicht lange vor ihrem Tod zusammen war. Er zählt damit zumindest zu den letzten, die die Frau lebend gesehen haben.“ Arne betonte das Wort lebend, um dann hinzuzufügen, „wenn wir mal ganz seltene Sachverhalte ausschließen.“ Siegfried zog kurz seine Stirn in Falten, verkniff sich aber mit einem schnellen Seitenblick auf Rita eine Bemerkung dazu.
„Noch mal von vorne“, begann Arne ein Resümee. „Der Tod ist am 30. Oktober, also vor drei Tagen, zwischen 12 und 24 Uhr eingetreten, kurz davor Geschlechtsverkehr mit dem Bürgermeister, wo das war, wissen wir nicht. Todesursache ist Genickbruch durch Einwirkung eines stumpfen Gegenstandes. Seit heute Morgen wird Walter vermisst, wann genau er verschwand und ob er noch lebt, ist unklar. Die gefundenen Blutspuren weisen auf eine Verletzung Walters hin, deren Ursache und Folgen wir nicht kennen. Ziemlich mager, oder?“
„Und wie passt nun das Rachesymbol in diese Beziehung? Eines bei der Leiche, eines in der Wohnung von Walter“, vergrößerte Siegfried die bisherigen Unklarheiten.
„Beinahe hätte ich es vergessen, die DNA-Probe der Leiche liegt ebenfalls vor, Moment, hier steht etwas dazu.“ Arne vertiefte sich in die Erläuterungen, blickte auf und seine Miene verriet eher das Gegenteil von Optimismus.
„Es gibt eine Vergleichsprobe, allerdings anonymisiert. Das heißt, die Identität der Frau lässt sich daraus ableiten, aber die dazugehörige Personalakte trägt einen Sperrvermerk des LKA.“
„Na wunderbar, die großen Brüder werden uns jetzt also freundlich helfen müssen“, konnte sich Rita eine sarkastische Bemerkung nicht verkneifen.
Arne Bock versuchte Rita zu beruhigen. Er dachte bereits darüber nach, welche Ursachen es für das LKA geben könnte, eine Personalakte zu sperren. Auf jeden Fall würde es für sie nicht leichter werden. „Du hast wohl Recht. Was das für die Dimensionen dieses Falles bedeutet, können wir nur erahnen. Ich erledige das sofort und hole euch nachher wieder.“
Er ging mit den Ergebnissen unverzüglich zu Polizeidirektor Hartmut Westphal, setzte ihn ins Bild und bekam die Vorschläge, die er seinem Chef gleich mit unterbreitete, sofort bestätigt. Den Kontakt zum LKA übernahm zuständigkeitshalber Westphal