Название | Durchhalten...! |
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Автор произведения | Stefanie Münsterer |
Жанр | Зарубежная психология |
Серия | |
Издательство | Зарубежная психология |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738026603 |
Am Tag vor Weihnachten bekam ich am Vormittag ein PET, eine Computertomographie mit radioaktiven Kontrastmittel. Dafür musste ich nüchtern sein und durfte erst danach, also am späten Mittag, mein erstes Essen zu mir nehmen. Diese Untersuchung war wirklich anstrengend. Erst wird einem ein radioaktives Kontrastmittel gespritzt und dazu noch ein Medikament, das die Nierentätigkeit anregt, damit das radioaktive Material schnell wieder ausgeschieden wird. Auf diesen „Cocktail“ bekam ich extremes Herzrasen, und mir war entsetzlich zumute. Ich sagte der jungen Ärztin, dass es mir nicht so gut gehe. Diese jedoch meinte, ich sei nur aufgeregt, denn das Ganze könne überhaupt nicht von den Medikamenten kommen. Aha! Verstehe, dann bildete ich mir das ein. Dann sollte ich eine halbe Stunde ruhig liegen, um dem Kontrastmittel Zeit zu geben, sich im Körper zu verteilen. Allerdings musste ich bereits nach zehn Minuten dringend auf die Toilette. Als ich dann drankam, hieß es wieder stillhalten – dreißig Minuten lang. Dann kurz nochmal auf die Toilette und anschließend fünfzehn Minuten stillhalten. Danach war ich fix und fertig. Einfach nur ruhig daliegen kann furchtbar anstrengend sein. Man kann sich nirgends kratzen, und die Lage ist unbequem. Mir tat sowieso schon alles weh – und nun das. Meine Nerven lagen blank. Das Ergebnis zeigte die akut entzündeten Stellen an, was das Ultraschallergebnis also bestätigte. Doch es gab noch eine weitere Stelle in meiner Lunge und an meiner Leber. Das war gänzlich neu und sollte deshalb mit einem weiteren CT, diesmal mit jodhaltigem Kontrastmittel, am Nachmittag abgeklärt werden. Ich war müde und geschafft und sehr froh, als Christine mich erneut besuchte und zum CT begleitete. Ich konnte mich bei ihr einhängen und neben ihr herschleichen. Schleichen war tatsächlich der richtige Ausdruck, denn ich ging so langsam. Für einen Fünfminutenweg brauchten wir fast eine halbe Stunde. Schneller konnte ich nicht, es kostete mich zu viel Kraft.
Als wir beim CT warten mussten, kam Christian von der Arbeit zu mir, und ich konnte mich an ihn lehnen. Mir war plötzlich unheimlich schlecht, und ich wurde kreidebleich. Dieser Tag mit den vielen Untersuchungen war zu viel für meinen Kreislauf. Als ich drankam, durfte keiner der beiden mit in den Röntgenraum. Wieder einmal legte man mir eine neue Infusionsnadel – die zweite an diesem Tag. Die erste Nadel war durch ein Blutgerinnsel verstopft, als ich nach dem PET zurück auf die Station kam. Und meine zweite sollte auch nicht viel länger halten. Ich war frustriert – auf die Infusionsnadeln wurden immer wieder nur Stöpsel aufgeschraubt, doch niemand benutzte einen Mandrin (ein Stäbchen zum Verschließen, das ein Blutgerinnsel verhindert).Kein Wunder, dass sie alle gleich verstopften. Meine Arme waren schon ganz blau, und am Ende meines dreitägigen Krankenhausaufenthalts konnte ich vierzehn Einstiche zählen!
Bevor mir das Kontrastmittel gespritzt wurde, informierte mich der Arzt darüber, dass ich wahrscheinlich auf das Mittel mit einer kurzen Hitzewallung im ganzen Körper reagieren würde und ich vielleicht Herzrasen bekäme. Das sei aber normal, ich solle einfach ganz ruhig bleiben, das lege sich schnell wieder. Damit hatte er auch recht. Es legte sich schnell wieder. Dass man bei dieser Reaktion des Körpers aber nahezu Todesangst verspürt, noch dazu, wenn man ganz allein im Raum ist, hat mir keiner gesagt. Dieses Kribbeln, das vom Scheitel bis zur Sohle in Wellen durch einen durchrauscht, das Herz, das so fest schlägt, dass es regelrecht wehtut … Ich war völlig erledigt, als die Untersuchung beendet war. Nicht nur körperlich, sondern vor allem nervlich. Ich hatte wirklich schon die blödesten Untersuchungen in den vergangenen Jahren über mich ergehen lassen müssen, doch dieses Gefühl war mit Abstand das gemeinste.
Als Christian und ich nach dem CT zu zweit auf meinem Zimmer waren, konnten wir zum ersten Mal in Ruhe reden. Meine Bettnachbarin war zu einer Untersuchung abgeholt worden, und so waren wir allein. Ich fragte meinen Mann, ob er denn nicht auch verzweifelt sei. Er wirkte so ruhig und stark. Doch er sagte, er sei gestern Abend auch traurig und verzweifelt gewesen, nachdem er Fabian ins Bett gebracht und dann aufgeräumt habe. Ich weinte und sagte ihm, dass es schlimm für mich sei, ihn damit allein lassen zu müssen. Doch vermutlich ging es nicht anders. Christian macht alles mit sich allein aus. Die Zeit gestern Abend hatte er sicherlich für sich gebraucht. Auch für ihn änderte sich durch meinen Rückfall wieder enorm viel. Durch meinen körperlichen Zustand und vor allem auch durch die Medikamente, die ich nun erneut nehmen musste, wurde ich wieder labiler. Ich war jetzt bereits wahnsinnig schwach und langsam, und das würde die nächsten Monate so bleiben. Das bedeutete, dass ich wieder auf seine Hilfe angewiesen war. Er hatte in all den Jahren nie darüber geklagt. Und das tat er auch jetzt nicht. Er sorgte sich sehr um mich. Doch mein Zustand war für ihn eine zusätzliche Belastung – das brauchte man nicht zu beschönigen. Christian geht einer sehr anstrengenden Arbeit nach. Er ist ein sehr starker Mensch, und er war und ist mein großer Halt. Ich weiß, dass ich mit meinem Ehemann das große Los gezogen habe. Er ist immer bedingungslos für mich da und hilft mir, wo er kann.
Am Abend vor Weihnachten begann ich nach all meinen Untersuchungen mit der Hochdosis-Kortisontherapie(250mg). Am Weihnachtsmorgen erhielt ich die zweite Dosis und durfte dann nach Hause. Meine Angiologin Fr. Dr. R. hat sich großartig darum gekümmert, dass alle nötigen Untersuchungen noch vor Weihnachten erfolgten und entließ mich rechtzeitig in die Feiertage. Meine Eltern holten mich in der Klinik ab und brachten mich nach Hause. Als ich aus dem Auto stieg, kam eine befreundete Nachbarin zufällig mit ihrem Hund vorbei und grüßte mich. Einige Tage später rief sie mich an und erkundigte sich nach mir, da ich so schlecht ausgesehen hätte. Das fand ich unheimlich lieb. Sie sagte, ich hätte so blass ausgesehen, als ich aus dem Auto gestiegen sei und mich auf meine Eltern gestützt hätte, die meine Tasche trugen –zweifelsohne sei ich aus dem Krankenhaus gekommen.
Christian und Fabian richteten gerade alles für den Weihnachtsabend her und waren mitten im Baumaufstellen und Wohnungsaugen. Christian winkte mir mit dem Staubsaugerrohr durchs Fenster zu –da musste ich glatt mal lachen.
Drinnen packten mich meine Eltern gleich auf die Couch. Ich war wirklich schwach und müde. Fabian freute sich sehr, dass ich wieder daheim war, und machte für mich den Clown oder kuschelte mit mir.
Mein Schwiegerpapa Richard kam mittags zu uns, um mit uns Weihnachten zu feiern, und schmückte mit Fabian einen echt verrückten Baum. Ich schaute von der Couch aus zu und lachte mich kaputt über diesen wirklich kreativen Baum mit einem Mix aus Glitzerkugeln, Holzschmuck, Strohsternen, Silberschlangen und Filzschmuck. Richard hatte, da er allein lebt, sicher seit vielen Jahren keinen Christbaum mehr geschmückt, und Fabian und er hatten richtig viel Spaß dabei. So bunt und verrückt war unser Baum noch nie, sie packten einfach alles darauf, was sie in den Weihnachtskisten fanden. Natürlich war ich von dem Ergebnis begeistert und machte Fabian damit sehr stolz.
Der Weihnachtsnachmittag und der Abend waren sehr schön. Wir gingen mit Richard und den Nachbarn in die Kirche, und nach einem Spaziergang mit unserem Hund Nora kam das Christkind. Die Männer kümmerten sich toll um mich, ich musste nichts machen und wurde lieb umsorgt. Meine Familie hatte mir auch versprochen, dass sie, wäre ich nicht entlassen worden, bei mir in der Klinik gefeiert hätten. Sie hätten den Christbaum, Richard und alle Geschenke mitgebracht und sich dann zu mir ans Bett gesetzt. Wie lieb! Aber zu Hause war es doch gemütlicher. Ein wundervolles Weihnachtsgeschenk erhielt ich von der Station meines Mannes. Denn er bekam den geplanten Nachtdienst frei und konnte so die Nacht bei mir zu Hause verbringen. Mich abends in seinen Arm zu schmiegen und nicht allein einzuschlafen, war unbeschreiblich wohltuend.
Am nächsten Tag musste ich zu einer letzten Infusion ins Krankenhaus, und ab da ging es mit Kortisontabletten weiter. Fabian und Christian hatten Ferien, und wir versuchten immer wieder, etwas zu unternehmen. Doch nach fünfundvierzig Minuten machte ich jedes Mal schlapp und musste mich setzen. Das nervte mich selbst unglaublich. Schlagartig wieder so krank und schwach zu sein, machte mich wütend und traurig.