Название | Das ausgewanderte Kreuz |
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Автор произведения | Denise Remisberger |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783748596721 |
11
«Was für ein Wetter die hier oben haben», dachte Bartholomäus und schüttelte angewidert seine erdgebundene Energie. Seit gut sechshundert Jahren befand er sich nun in dieser Ebene zwischen Leben und Tod und war eigentlich ganz zufrieden damit. Nur, musste es dieser unwirtliche Ort hier sein? Im warmen Italien hatte es ihm und seinen Knochen sehr gut gefallen. Er hatte sich heimisch eingerichtet, wohnte nahe beim Ewigen Licht und nun war diese rothaarige Wilde gekommen, hatte seine Knochen und somit ihn selber mitgenommen und hierher verfrachtet. In einen Raum, in dem seltsame spuckende Wesen auf Tischen hockten, die, nachdem die Rothaarige darauf gedrückt hatte, Geräusche von sich gaben, die an ein kaputtes Wagenrad auf Kopfsteinpflaster erinnerten oder sogar läuteten wie eine kleine penetrante Glocke. Die Frau nannte eines der Wesen «mein Computer», «mein Schätzchen» oder «du Saukerl», je nach Laune – der Laune dieses so genannten Computers, nicht der Laune der komischen Dame, die seine Knochen an die Wand gehängt hatte wie eines ihrer Papierbilder draussen im Gang, die sie als «Poster» bezeichnete. Gerade läutete die kleine penetrante Glocke wieder, was ein Aufreissen der Türe nach sich zog und die hereinrennende Rothaarige, die den schwarzen Knüppel aus der gabelartigen Halterung zerrte und in besagten Knüppel hineinschrie. Wenigstens verstand er dieses neue Englisch einigermassen. Er stammte nämlich aus London. Reitknecht war er gewesen, damals. Pferde striegeln, Heusäcke auffüllen, Sättel polieren: das war seine Arbeit gewesen. Ein einfacher Arbeiter, der sein Handwerk verstand und zufrieden war. Und nun? Nun stritten sich ein Haufen Leute, meist religiösen Standes, um seine Knochen. Wie wenn er ein Bischof gewesen wäre. Ein feiner Herr. Was für ein Irrtum. Wenigstens das war zum Lachen. Er versprach sich, wieder nach Italien zu kommen und überlegte, wie er dies am besten anstellen sollte.
12
«Ich muss für mindestens einen Monat weg, Selri», zog Pfarrer Jacques ein Mitleid heischendes Gesicht. «Ein minderjähriges Liebespaar aus unserer Gemeinde ist nach Schottland geflüchtet, weil die Väter sich nicht mögen. Der eine arbeitet bei der Stadtpolizei als simpler Bussenverteiler, der andere ist Arzt in einer Privatklinik. Ich muss sie zurückholen und alle miteinander versöhnen.»
«Eine schwere Aufgabe, armer Jacques», meinte Pfarrer Selri mitfühlend.
«Ja, Selri, nächste Woche sollte ich schon losfahren.»
«Gut, dann leite ich wieder deine Singgruppe während deiner Abwesenheit. Ich wäre allerdings froh, wenn du morgen nochmals übernehmen würdest, damit sich die Damen im Voraus beruhigen. Letzten Monat reklamierten sie lauthals, weil du ihnen gefehlt hast, Jacques.»
«Ja, ja. Ich werde sie auf den Frühling vertrösten. Wir werden ein paar Lieder singen, die gut zum Monat März passen, sodass sich meine Frauen schon jetzt auf unser Wiedersehen in der nächsten Jahreszeit freuen können.»
13
«Der Herr Pfarrer, ganz in Zivil», spöttelte Mirabelle Pfarrer Jacques leise ins Ohr, nachdem sie sich, zusammen mit Renate, unbemerkt von hinten an ihn herangeschlichen hatte.
Pfarrer Jacques drehte sich verdutzt nach den beiden um, eine schwarze Röhrenjeans in der Hand. Sie standen mitten im «Soho» und waren am Shoppen.
«Renate, Mirabelle!», reagierte Jacques etwas verunsichert, da die beiden Punkerinnen sich praktisch an ihn herandrückten, Mirabelle grinsend, Renate lächelnd. «Ich muss verreisen, darum brauche ich etwas Neutrales zum anziehen.»
«Wohin denn?», wollte Renate sofort wissen.
«Nach Grossbritannien.»
«Grossbritannien ist gross.»
«Schottland, um genau zu sein.»
«So genau ist das gar nicht.»
«Duns.»
«Wo ist denn das?»
«An der schottisch-englischen Grenze.»
«Mit dem Flugzeug?», mischte sich Mirabelle ein.
«Nein, mit meinem Camper.»
«Du hast einen Camper?», wunderte sich Renate.
«Ja, wieso nicht?»
«Du bist Pfarrer.»
«Ja, eben. So kann ich die verloren gegangenen Schäflein wieder einfangen.» Pfarrer Jacques hatte sich vom ersten Anblick der beiden erholt und war wieder voll er selbst, Ironie im Auge, Anspielungen auf der Zunge.
14
Kaum waren Renate und Mirabelle wieder alleine, wurde ein Plan ausgeheckt.
«Mirabelle, du musst ihn nach Schottland begleiten.»
«Wieso ich?»
«Weil du deine Vorlesungen auch mal von den Notizen einer Kommilitonin kopieren kannst und ich arbeiten muss.»
«Der kommt doch wieder heim, auch ohne Eskorte.»
«Wer weiss. Er führt etwas im Schilde.»
«Der führt immer etwas im Schilde, das ist sein Beruf.»
«Ja, aber etwas Unerlaubtes. Sonst müsste er sich nicht tarnen.»
«Würde mich nicht wundern, wenn der etwas Verbotenes täte.»
«Also musst du mit und auf ihn aufpassen.»
«Der würde mich nie freiwillig auf seine undurchsichtige Mission mitnehmen.»
«Nein, du musst ungesehen in den Camper gelangen und dich so lange verstecken, bis es draussen dunkel geworden ist. Dann schmeisst er dich bestimmt nicht mehr raus.»
«Ich kann es versuchen. Ich muss Potz fragen, wo Jacques wohnt und wo sein Camper steht.»
«Toll. Schreib mir, sobald ihr deine Mitfahrt geregelt habt.»
«Ja, einverstanden. Ich wollte schon immer mal nach Schottland.»
«Dann trifft es sich ja gut.»
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