Название | Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt... |
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Автор произведения | Jens-Jörg Plep |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738035780 |
Interessant wäre ja mal, was dazu in der Charta der Vereinten Nationen oder im Koran steht. Ich wähle mich ins Internet ein, gehe zur Suchmaschine google.de und lasse nach den Phrasen „Charta der Vereinten Nationen" und „Koran" suchen. Sofort erziele ich brauchbare Treffer. Die beiden Dokumente lade ich mir herunter, um sie dann offline in Ruhe studieren zu können.
Aus der Charta der Vereinten Nationen,
Kapitel I/1:
Die Vereinten Nationen setzen sich folgende Ziele:
1. den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren und zu diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen, um Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken und internationale Streitigkeiten oder Situationen, die zu einem Friedensbruch führen könnten, durch friedliche Mittel nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechts zu bereinigen oder beizulegen;
Aus dem Koran,
33. Die Verbündeten:
7. Und (gedenke der Zeit) da wir mit den Propheten den Bund eingingen, und mit dir, und mit Noah und Abraham und Moses und mit Jesus, dem Sohn der Maria. Wir gingen mit ihnen einen feierlichen Bund ein;
109. Die Ungläubigen:
6. Euch euer Glaube, und mir mein Glaube.
In unserem zweiwöchigen Familienurlaub letztes Jahr in Tunesien hatten wir einige Berührungspunkte mit dem Islam. Hier sei noch angemerkt, dass ich ziemlich braune Haut habe und schwarze Haare - die Einheimischen hielten mich darum oft auf den ersten Blick für einen von ihnen. Deswegen wurde ich oft französisch oder arabisch angesprochen.
Als ich in Sousse eine Lederwarenhandlung betrat, sagte mir ein junger Verkäufer „Du musst der kleine Mohammed sein!" Erst guckte ich verdutzt, dann fragte ich: „Und wer ist Mohammed?" Stolz verkündete der junge Mann: „Mohammed ist unser Prophet!" Da muss ich wohl eine beachtliche Ausstrahlung haben, wenn mich ein Moslem mit seinem Propheten in Verbindung bringt, denke ich mir.
Danach gingen wir in die Medina (so heißt dort die umfriedete Innenstadt mit Basar). Bei einem Einkaufsbummel gelangten wir in kleine Seitengassen. Dort entdeckte meine Frau eine kleine Moschee. Kaum waren wir der Moschee ansichtig geworden, kam auch schon ein alter Mann aus den Winkeln hervor und gab sich als Hüter der Moschee zu erkennen. Er wollte einen kleinen Bakschisch (Handgeld) und er würde uns dann - ausnahmsweise - die Moschee zeigen. Nun waren wir nicht barfuß und meine Frau hatte kurze Hosen an - wir wussten von der Touristikleitung im Hotel, dass es streng verboten ist, mit Schuhwerk eine Moschee zu betreten. Außerdem waren für Frauen lange Kleider vorgeschrieben und Frauen durften eigentlich nur in das Frauengemach, nicht aber in den Hauptgebetsraum. Trotzdem ging der Alte dann mit uns in den Gebetsraum und erklärte uns dort die fünf Grundgebote des Islam, symbolisiert in „Fatima's Hand". Besonders für meinen Sohn - er war damals acht Jahre alt - war das alles höchst interessant.
Jetzt sitze ich in meinem Fernsehsessel und verfolge die Nachrichten. Auf TeleSieben wird ein Video gezeigt, dass von der irakischen Regierung verbreitet worden war. Darauf zu sehen sind dahinsiechende Kinder in Krankenhäusern - es fehlt an allem: Medizin, Nahrung... Gleich danach wird berichtet, dass der US-Präsident Billy Klinten dieses Video als „Propaganda" abqualifiziert hat. Na, Billyboy - die Leute, die an der „Propaganda" verrecken, sehen das bestimmt anders! Ich setze mich an meinen Computer mit Internetzugang, tippe un.org ein und sehe den Begrüßungsbildschirm der Vereinten Nationen in mehreren Sprachen, Deutsch ist nicht darunter. Ich klicke mich durch bis zum Security-Server des Sicherheitsrates. Nun muss ich mir etwas einfallen lassen, was meinem Anliegen mehr Gewicht verschaffen würde. Aber was kann man da anführen? Na, klar - eine neue, furchtbare Waffe und die mir vertrauten Außerirdischen würden die Herrschaften sicher zur Besinnung bringen...
Sehr geehrte Damen und Herren,
leider werden Sie mit Ihren Handlungen der eigenen Charta in keiner Weise gerecht. Ich habe eine neue Photonenwaffe entwickelt, mit der ich Ihnen gehörig Druck machen kann! Ich bin mir darin EINIG mit der AUSSERIRDISCHEN ARMADA, die unsere Erde zurzeit schon beobachtet und Stellung bezogen hat!
Und weil Ihr Euren Pflichten nicht nachkommt, ERKLÄRE ICH HIERMIT DEN VEREINTEN NATIONEN DEN KRIEG!
Verification-ID: DISCOVERY AFTER EINSTEIN
Mit eher unfreundlichem Gruß
Jens-Jörg Plep
Natürlich ist das überzogen, aber irgendjemand muss sich doch mal für diese armen, unschuldigen Menschen einsetzen! Damit ich nicht in den Verdacht komme, für den Irak zu arbeiten, verkünde ich noch eine andere Botschaft. In Ermangelung einer irakisch-islamischen Website (Irak ist ein „Internet-Feindstaat") wähle ich turkiye.net und tippe die Nachricht:
MOHAMMED ist auferstanden!
Sein Wort ist das Wort aller Muslime!
Nur ALLAH und sein Gesandter dürfen den Heiligen Krieg verkünden!
Und bedenke: Es ist nur der NAME, Gott und Allah sind eins, DER ALLMÄCHTIGE.
(Anm.: Original in englischer Sprache)
So, das könnte sich auch vielleicht grenzübergreifend unter den Muslimen herumsprechen, denke ich mir mal. Und jetzt noch die TV-Stationen: Dazu hole ich mir die Faxnummern der großen Sender aus dem Internet. Nun wähle ich die Hauptsender aus: ZAT1, RDL, TeleSieben, ART und ZTF. Für alle fünf bereite ich ein Fax vor:
DIE LÖSUNG DES GOLFKONFLIKTS:
Auf jeder amerikanischen Dollarnote steht: IN GOD WE TRUST.
Auf Arabisch: Wir vertrauen auf ALLAH.
SCHLUSS MIT DEM KRIEG!
SENDEN SIE DAS!
Das mit der Dollarnote habe ich gesehen im Film „Das Wunder von Manhattan". Alle Faxe sende ich anschließend. Eine Antwort kommt aber von keinem der Sender. Ein letztes Mal betätige ich einen Schalter, der Bildschirm wird schwarz.
Jetzt gehe ich in das Kinderzimmer meines Sohnes, lege mich aufs Sofa. Angestrengt lausche ich in die Nacht: War da nicht entfernt ein Helikopter zu hören? Sie würden sicher kommen und mich holen...
Vielleicht könnte die UNO auch mit einer verdeckten Geheimdienstoperation reagieren. Nach vier Stunden angestrengten Lauschens bin ich müde und gehe zu meiner Frau Angela ins Bett. Natürlich vergesse ich nicht, den Wecker früh zu stellen - auch an Sonntagen beginnen Friedensmissionen schon am Morgen...
Aktion
Ich werde durch meinen Sohn Jean-Michel geweckt: „Papi, machen wir jetzt Frühstück?" Noch ganz benommen sage ich: „Der Wecker hat ja noch nicht mal geklingelt - geh wieder ins Bett!" „Ach komm, Papa - in zehn Minuten klingelt der Wecker."
Meine Frau räkelt sich im Bett: „Seid ihr schon wieder auf? Ist es denn an der Zeit?" Ich streiche ihr zärtlich über ihr rötliches Haar und erkläre: „Ja, in ein paar Minuten. Komm schon hoch, wir haben heute viel vor." Zu dritt drängeln wir ins Bad. Beim Zähneputzen gibt es - wie jeden Morgen - Drängelei vor dem Spiegel. Ich schubse meinen Sohn beiseite: „...muss mich rasieren, brauch den Spiegel..." Angela geht in die Küche, bereitet das Frühstück vor. Sie fragt mich: „Was meintest Du eigentlich, als du sagtest, wir hätten viel vor?" Beflissen sage ich: „Es gibt da eine wichtige Friedensmission, in die ich eingebunden bin. Mehr dazu darf ich dir jetzt leider nicht sagen." Sie schaut mich befremdet an: „Was ist denn los - Du weißt genau, dass Du mir alles sagen kannst!" „Ich werde Dir im Auto alles erzählen, was Du wissen darfst..." Jetzt wundert sie sich noch mehr: „Wieso im Auto? Fahren wir denn weg?" Ich erkläre: „Ja. Wir fahren erst einmal nach Unterfahring bei München zu TeleSieben. Alles andere wird sich dann ergeben."
Jean-Michel