Название | Geschichten aus Friedstatt Band 2: Flammendurst |
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Автор произведения | Christian Voss |
Жанр | Языкознание |
Серия | Geschichten aus Friedstatt |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742781253 |
Schena lag nachdenklich auf ihrem Lager, sie kam nicht zur Ruhe. Sie schloss ihre Katzenaugen und legte ihre Arme ausgestreckt neben sich ab. Und tatsächlich, es gelang eine gewisse innere Ruhe herzustellen. Von oben tönte das Johlen der Masse, es war schon spät, letzte blutige Vorstellung für heute.
Was sollte sie nun tun? Schon lange hegte sie den Wunsch dem Spannungsfeld der Stadt zu entfliehen – es wurde immer enger und enger. Ihr Volk, ihr Schicksal interessierte sie von Kind auf an und so war es nicht verwunderlich, dass diese Vision so manch einen Stein ins Rollen brachte und ihre Entschlossenheit neue Wege zu gehen, neu entfachte und sogar noch bestärkte.
Schena lauschte in die Dunkelheit. Sie hörte kaum noch etwas, nur noch ein dumpfes, vielstimmiges Raunen bis es endlich, um sie herum still und finster wurde.
Am nächsten Morgen stand sie sehr früh auf. Sie sah immer noch Bilder der vergangenen Vision, immer wieder wurden sie entfacht und brannten lichterloh in ihrer Seele nach. Sie entschloss sich zu glauben, dass es sich bei den Bildern um eine mögliche Zukunft handelte.
So gestärkt ging sie sehr früh zum Markt und hoffte den Händler vom Vortag, an derselben Stelle anzutreffen, doch leider stellte sie enttäuscht fest: er war und blieb den ganzen Tag verschwunden. Er ließ sich nicht mehr blicken.
Sie schlenderte eine Weile umher und genoss das bunte Treiben des Marktes, aber auch unter diesen vielschichtigen Eindrücken verlor sie ihr eigentliches Anliegen nicht aus den Augen.
Immer wieder kehrte sie zu dem verwaisten Stand zurück – doch er blieb leer, trotz all ihrer Mühen. Frustriert ließ sie nach ein paar Stunden von ihrem Plan ab und kehrte ein, in eine der vielen Wirtsstuben, die hier überall neben den Ständen zwischen den Arkaden ihren festen Stand hatten. Sie brauchte jetzt einen starken Mocca, einen wie er in der legendären Karawanserei "Groangrund" zubereitet wurde. Das Tor zum Süden befand sich hier – Sklaven wurden in endlosen Reihen an ihr vorüber getrieben, die Peitschen der Sklavenhändler knallten und die Ketten klirrten. Schena rümpfte angewidert die Nase – sie wusste, nur zu gut wie es war gefangen zu sein, nicht Herr über sich selbst, immer in einer Abhängigkeit, dem Wohl und Wehe anderer ausgeliefert.
Niemand beachtete die Sklaven bis einige endlich auf der großen Haupttribüne angelangt waren, wo sie direkt zum Kauf angeboten wurden. Die Zeitungen waren voll mit beunruhigenden Nachrichten. Der Alleingang des Truchsess würde ihnen allen bitter zu stehen kommen. Der vermeintliche König wurde gedemütigt, er ließ es sicher nicht bei bloßen Einschüchterungen bewenden. Da kam früher oder später, etwas auf die Stadt zu.
Schena hielt plötzlich inne und nippte abwesend an ihrem Mocca eine Anzeige fiel ihr ins Auge:
Suche fähige und zuverlässige Kämpen
für eine Reise ins Ungewisse – Belohnung: freie Kost und Logis. Bitte melden in der Schreinergasse 11– 1. Stock – lasst euch nicht abwimmeln von der verstockten Vettel und fragt direkt nach
BAGATOSH
Schena las die Anzeige mehrfach und immer wieder wiederholte sie die Worte: Schreinergasse und Bagatosh.
Eine gut gemeinte Warnung
Bagaotsh erwachte. Er wusste nicht wie lang seine Bewusstlosigkeit bereits anhielt, aber er verfluchte den Moment seines Erwachens.
Seine Arme schmerzten. Er pendelte leicht nach vorn und wieder nach hinten, die Fessel hatte sich bereits in seine Handgelenke gefräst. Er war nackt. Er spürte jeden Luftzug. Seine Haut brannte, ganz offensichtlich hatte man ihn mit einer Peitsche bearbeitet, weich geklopft und gut abgehängt. Bagatosh zitterte, ein Licht trat in die dunkle Kammer.
"Lasst uns allein!" Die Stimme, er kannte sie – nur schemenhaft nahm er Umrisse wahr, seine Augen waren gereizt und tränengefüllt.
"Nun, ist der hohe Herr endlich wach?"
Bagatosh verspürte einen starken Druck auf der Blase. Er ließ es laufen und stöhnte dabei lang gezogen und lüstern.
Schwerter wurden gezogen, die beiden Fackelträger kamen einen Schritt näher, blieben aber weit genug entfernt, um nicht von dem dicken Urinstrahl getroffen zu werden. Am liebsten hätten sie dem Ketzer gleich hier die Eier abgeschnitten. Trischaa sprang leicht angewidert zurück. Er lächelte immer noch, trotzdem er ein paar Flecken auf seinen neuen Wildlederstiefeln ausmachte.
"Fertig?!" Bagatosh nickte müde und spuckte aus.
Trischaa benutzte seinen reich verzierten Gehstock und hob damit vorsichtig das Kinn des Assassinen an – derartige Accessoires waren momentan der letzte Schrei.
"Nun – unverschämt warst du schon immer! Ansonsten sind wir gar nicht so verschieden – wir zwei, beide käuflich und ungeheuer ehrgeizig."
Bagatosh spuckte erneut aus: "Wir sind käuflich, aber ich töte die Starken und vergreife mich nicht an den Schwachen!"
"Moral – ihr Götter so einen unnützen, schweren Ballast trägst du mit dir herum? Wer hätte das gedacht. Bagatosh der Menschenfreund – du überraschst mich immer wieder, mit welchen Mitteln du dich ins Licht rücken willst. Unsereins lässt du nur die Schatten – dabei kommst du aus der schwarzen Feste, Minzerath?"
Bagatosh schwieg, ihm schmerzten allmählich beide Arme, die weiter gestreckt wurden, desto länger er hier hing, eine wirklich missliche Lage.
"Ich denke, wir haben dich genug gedemütigt." Auf einen Wink lösten die Wachen die Seile, die in den Nischen an Eisenringen gebunden waren. Bagatosh fiel schwer auf den Strohboden. Er kauerte sich zusammen, es war hier unten verdammt kalt.
"Ein zäher Bursche."
Bagatosh übergab sich, er würgte das schale Bier des Vorabends auf den Boden des Folterkellers der heiligen Scheiß Inquisition und grinste dabei schadenfroh und herausfordernd.
Die Wachen lächelten erfreut, als sie den erbärmlichen Zustand des Assassinen bemerkten – Zuleman begann sogar lautstark zu lachen. Trischaa stimmte mit ein: "Du benimmst dich wie ein Schwein – nimm es mir nicht so übel – es ist wirklich nichts Persönliches – Auftrag, du verstehst?" Bagatosh sah Trischaa grimmig an. Seine Sehkraft kam zurück.
Der Großmeister kniete sich vor seinen Gefangenen und sah ihn mitleidig an. Das Grinsen war noch nicht ganz aus seinem Gesicht verschwunden.
"Also – folgendes, unser Auftraggeber fühlt sich von dir belästigt, ja geradezu bedroht – wie auch immer, er möchte, dass du die Stadt verlässt und zwar endgültig."
Trischaa packte Bagatosh an den Haaren und zog seinen Kopf quer. Sein Zopf öffnete sich.
Der Assassine bedauerte gerade einen so trockenen Hals zu haben – keine Spucke war mehr über. Der Geschmack in seinem Mund war scheußlich und diese Erkenntnis so bitter wie seine Galle selbst.
"Verstehen wir uns?" Trischaa zog kräftiger an den langen Haaren seines Gefangenen.
"Sicher!" Er sah seinen Peiniger jetzt direkt in die grauen Augen.
"Schön, dass wir uns so gut verstehen."
Auf einen Wink des Großinquisitors hoben sie Bagatosh auf die Beine und schleiften ihn vor die Tür der Zelle. Bagatosh ließ sich mit Absicht hängen und machte sich besonders schwer.
"Hier, deine Kleidung!" Zuleman deutete auf den Stuhl, der hier bereit stand – seine Kleidung war sorgsam angehäuft.
"Nimm mir diesen kleinen Vorfall nicht zu übel – wir sind doch schließlich so eine Art – Freunde?" Das letzte Wort färbte den Satz zu einer Frage um.
Bagatosh