Название | Die Flucht des Feuerteufels |
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Автор произведения | Tom Aspacher |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783753188959 |
Sie kippte das Glas auf Ex runter. Auch Holsbein leerte seins in einem Zug. Dabei machte er sich ein wenig Sorgen. Alkohol hatte ausgesprochen schlechte Auswirkungen auf seine Potenz. Doch da hatte sie schon ihre weiße Bluse ausgezogen und fingerte an ihren BH herum.
»Bingo!«, schoss es ihm durch den Kopf, sie waren gut in Form.
Sie senkte sich über ihn und küsste ihn mit ihren unglaublich feucht-warmen Lippen. Gleichzeitig öffnete sie seine Hose und griff routiniert nach seinem Schwanz. Ohne sich groß mit einem Vorspiel aufzuhalten, setzte sie sich auf in drauf und begann ihn zu reiten. »Yeah, Cowboy!«, rief sie lachend, »reich mir mal die Flasche.«
Holsbein tastete auf dem Nachttisch nach dem Ding. Er nahm selber einen kräftigen Schluck und schob Blondie dann von sich runter. »Ich bin der Cowboy, ich reite.«
* * * * *
2.35 Uhr. Aline Kiwits lag hellwach in ihrem Bett und starrte auf die Anzeige des Radioweckers. 2.36 Uhr. Nicht einmal mehr vier Stunden, dann würde die Bombe platzen und sie hatte Holsbein bei den Eiern. Endlich.
Tag 2
»Hey du Gesetzloser, ich habe Frühschicht, muss los«, nuschelte Blondie mit einem giftgrünen Gummiband zwischen den Lippen, während sie versuchte, ihre Haare irgendwie in den Griff zu bekommen.
»Okay«, stöhnte Holsbein. Er kam nur ganz langsam in der Realität an, bemühte sich, die Bruchstücke seiner Erinnerung zu einem Ganzen zusammenzufügen.
Blondie warf sich lachend neben ihn auf das Bett. »Ja, wir haben gestern gefickt.«
»Wie schön«, strahlte Holsbein.
»Und ja, wir haben verhütet, also ich.«
»Brav.«
»Und soviel ich weiß, bin ich HIV-negativ. Das zumindest hat mein Arzt vor drei Wochen gesagt.«
»Ich auch, dann passt das ja.« Holsbein mochte ihren Pfefferminzatem und versuchte sie an sich zu ziehen. »Wie heißt du eigentlich?«
Doch sie schälte sich aus der Umarmung, stand auf und schaltete die Stereoanlage ein. Ramones. Verdammt, die Frau hatte Stil. Bevor sie das Zimmer verließ, drehte sie sich nochmals um. »Ach ja, vergiss nicht unten die Rechnung zu begleichen.«
Holsbein stutzte.
Sie lachte. »Idiot, ich bin doch keine Nutte. Dein Essen und die Getränke von gestern, die hast du vergessen zu bezahlen.«
* * * * *
»Bitte setz dich.«
Aline setzte sich. Ihr war klar gewesen, dass der Artikel Konsequenzen haben würde. Doch sie war bereit, einen hohen Preis zu zahlen. Wie hoch er tatsächlich sein würde, das zeigte sich nun.
»Erst einmal möchte ich wissen, wie du den Text noch auf die Seite gekriegt hast«, sagte Reto Camenzind. Der Redaktionsleiter der »Nordost-Nachrichten« war äußerlich cool, aber Aline wusste, dass es in ihm drin ganz anders aussehen musste. Eigentlich gab es ja nur eine Möglichkeit, etwas am Abend-Dienstchef vorbeizuschmuggeln. Sie hatte gewartet, bis die Seite aus dem Korrektorat kam und die Revision erledigt war. Kurz nachdem der Dienstchef noch einmal Titel, Lead und Bildlegenden kontrolliert und die Seite in die Druckerei zur Belichtung geschickt hatte, rief sie dort an unter dem Vorwand, einen gravierenden Fehler korrigieren zu müssen. Bei einem echten Notfall blieben dafür meistens ein paar Minuten. Diese Zeit nutzte sie, um den Artikel auszutauschen. Dann brauchte sie nur noch zu warten. Unmittelbar vor dem Abschluss war der Dienstchef dauernd auf Achse, hetzte von einem Büro zum anderen. Es war ein Kinderspiel, sich unbeobachtet kurz an seinen Computer zu setzen, die Seite auf »revidiert« zu stellen und nochmals an die Druckerei zu schicken.
Camenzind faltete die Hände, als wollte er gleich zu einem Gebet ansetzen. »Heute Morgen hat mich Urs Widmer, das ist der Hauptkommissar der Kriminalpolizei, zu Hause angerufen und mir den Kopf gewaschen. Ich denke mal, du kannst dich an unser Gespräch gestern in diesem Büro erinnern?«
»Jawohl, Herr General«, spielte Aline die Unterwürfige. »Du hast mir gesagt, dass wir große Probleme mit der Polizei bekommen werden, wenn wir den Namen publik machen – selbst wenn ich mir sicher sei, die Identität des Täters zu kennen.«
»Ganz genau, und haben wir den Namen publik gemacht?«
»Ja, das haben wir.«
»Nicht ganz.« Camenzind stand auf und stützte sich mit beiden Händen auf die Tischplatte. »Du hast ihn publik gemacht, du ganz allein. Und ich als dein Vorgesetzter sitze deswegen in der Scheiße. Ich muss mich wegen Behinderung polizeilicher Ermittlungen verantworten. Widmer hat gemeint, es sei von eminenter Bedeutung, dass ein Täter nicht weiß, welche Informationen die Polizei über ihn besitzt.«
»Du wirst deswegen schon nicht in den Knast wandern.«
»So sicher wäre ich mir da nicht. Und deshalb musst du mir sagen, woher du die Identität des Täters kennst. Widmer will diese undichte Stelle stopfen. Wenn du den Namen lieferst, wird er unseren Fall mit etwas mehr Zurückhaltung behandeln.«
Jetzt stand auch Aline auf, ihre Augen blitzten Camenzind böse an. »Vergiss es, ich werde meine Quelle niemals nennen. Ohne Quellenschutz können die Medien nicht als vierte Gewalt agieren. Klingelt da etwas? Das hast du mir doch immer eingetrichtert.«
»Du lässt mir keine andere Wahl, ich muss dich per sofort von deiner Arbeit suspendieren. Bis die Angelegenheit geklärt ist, wirst du unsere Redaktion nicht mehr betreten, erhältst aber leider gemäß Arbeitsvertrag den vollen Lohn.«
Aline ließ sich auf den Stuhl fallen. Sie war verwirrt. Warum hatte er sie nicht fristlos entlassen? Und wieso hatte sie den Eindruck, dass er sich ein Schmunzeln verkneifen musste?
Camenzind fischte eine Zigarette aus der Schachtel und zündete sie sich an. Er inhalierte tief und wartete mit geschlossenen Augen, bis die Wirkung des Nikotins sich in seinem Körper ausbreitete. Er war der Einzige, der in diesem Gebäude rauchen durfte. Sein Recht auf den Glimmstängel stand sogar im Arbeitsvertrag. »Weißt du, wo er sich gerade befindet?«
»Ja«, sagte Aline zögerlich. Sie fragte sich, weshalb die Unterhaltung an diesem Punkt noch nicht zu Ende war.
»Und weißt du auch, wohin er gehen wird?«
»Da bin ich mir ziemlich sicher, ja.«
»Was denkst du: Wird das die Polizei auch rauskriegen?«
»Wohl eher nicht, oder jedenfalls nicht so bald.«
»Wie wäre es denn, wenn du dich an seine Fersen heftest? Erst einmal nur ein paar Tage, wir warten ab, was passiert und sehen dann weiter. Der Name ist draußen, viel mehr Ärger kann ich nicht mehr kriegen. Machen wir eine Sommerserie daraus: ›Die Flucht des Feuerteufels‹.«
* * * * *
Die Fahrt über den Col de la Givrine und dann auf der scheinbar endlosen, kurvigen Route Blanche durch den Wald zurück in die Zivilisation erlebte Holsbein wie in Trance. Die Erlebnisse der letzten Stunden wirbelten in seinem Schädel herum und befeuerten das Dauergrinsen in seinem Gesicht. Er konnte nicht aufhören, an Blondie zu denken. Sie hatte nicht einmal seinen Namen oder seine Handynummer wissen wollen. Und als er ihr beim Rausgehen zugezwinkert hatte, war ihre einzige Reaktion ein flüchtiges Lächeln gewesen, bevor sie sich wieder ihrer Arbeit zuwandte. Er kam sich benutzt und missbraucht vor. Und er musste sich eingestehen, dass das ein wirklich gutes Gefühl war.
Holsbein war zufrieden mit sich und der Welt. Sogar sein Französisch war erstaunlich geschliffen gewesen. Okay, vielleicht war er ein bisschen schnell gekommen. Aber hatte er in seiner Situation Zeit für ausufernden Tantra-Sex? Natürlich nicht! Er war ein verdammter Revolverheld auf der Flucht vor dem Gesetz. Und nun würde er denen zeigen, was für ein gerissener Typ er sein konnte. Frankreich musste warten, jetzt ging es erst einmal nach Basel.
* * * * *