Der heilige Bürokratius. Anno Dazumal

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Название Der heilige Bürokratius
Автор произведения Anno Dazumal
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738014419



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und „Günther allein im Büro“. Daß Sie auf so tolle Unterhaltung verzichten, beweist, daß Sie nicht ganz richtig im Kopf sind.“ „Warten Sie nur! Wie ein Kartenhaus wird Ihr Bürokratenstaat zusammenfallen und ich werde der Windhauch sein, der ihn umstößt.“ „Mir können Sie keine Angst machen. Ich habe meine Schwiegermutter schon mal nackt gesehen.“ „Soll das heißen, daß dieser Brief kein blöder Witz, sondern vollkommen ernst gemeint ist?“ „Ja. Ich stelle fest, daß Sie von nun an keine deutschen Staatsbürger mehr und damit vogelfrei sind.“ „Gut, das bedeutet aber auch, daß wir von Euch Bürokraten nicht mehr belästigt werden können.“ „Das würde Euch so passen. Nein, nein. Solange Ihr in diesem Land lebt, werdet Ihr genauso oder noch mehr schikaniert wie alle Deutschen.“ „Wir sind aber keine Deutschen mehr. Ich glaube, ich werde auch ein Buch schreiben, über Leute wie Sie und ihre Methoden.“ „Tolle Idee. Schreiben Sie nur. Sie wissen ja: Es gibt keine Zensur bei uns.“ „Wahrscheinlich das einzig Positive an Eurem Staat.“ „Irrtum. Oh wie freut es mich, daß Leute wie Sie nichts mehr zu lachen haben. Wie oft habe ich mich schon über Ihre Kritiken aufgeregt und jetzt kann ich Ihnen das Wort im Hals umdrehen.“ „Meine Güte. Gibt es denn nur Sadisten in den Ämtern?“ wollte Bärbel wissen. „Natürlich. Wir haben alle die Satanistenprüfung, äh die Sadistenprüfung, gemacht und glorreich bestanden.“

      Klaus und Bärbel gingen entnervt nach Hause, während Daniel noch warten mußte. Nach einer halben Stunde wurde er dann ins Büro gelassen. „Also eines würde mich jetzt schon interessieren: Was haben Sie in der letzten halben Stunde gemacht?“ erkundigte sich Daniel. „Das geht Sie gar nichts an. Sie sind schließlich nicht mein Chef“, kläffte der Beamte. „Zum Glück. Da würde ich ja verrückt werden. Aber deshalb bin ich nicht hier. Ich habe da von Ihrer Behörde einen komischen Brief erhalten, der einerseits aussagt, daß ich mir einen anderen Job suchen soll, mich aber andererseits dazu ermuntert, weiterhin Bücher zu schreiben.“ „Na ja, das ist alles ganz einfach: Im Prinzip sind wir der Meinung, daß Schriftsteller faule Halunken sind, die fast nichts tun. Aber trotzdem müssen wir Ihnen erklären, daß Sie Bücher schreiben können, weil es ja bei uns keinerlei Zensur gibt.“ „Können Sie das nicht so erklären, daß es ein normaler Mensch auch versteht?“ „Nein. Tut mir leid. Schließlich habe ich jahrzehntelang nur Bürokratendeutsch gesprochen und da ist es mir nicht mehr möglich, eine reguläre Sprache zu sprechen.“ „Na schön. Sagen Sie mir wenigstens, was ich jetzt Ihrer Meinung nach tun soll.“ „Mit dem größten Vergnügen. Es freut mich, daß es doch noch vernünftige Menschen gibt, die sich von einem erfahrenen Beamten etwas sagen lassen. Wenn Sie ein schönes, ruhiges, friedliches Leben führen wollen, dann suchen Sie sich einen anderen Job und werden damit glücklich. Wenn Sie aber eine Menge Ärger, Staatsterror und Krieg haben wollen, dann schreiben Sie fleißig Bücher.“ „Soll das heißen, daß alle Schriftsteller verfolgt werden?“ „Nein, nur die, die ein bißchen zu kritisch mit unserem neuen, phantastischen Staat sind.“ „Ich dachte es gibt keine Zensur.“ „Richtig. Aber es ist doch klar, daß wir auch die Bücher von Staatsfeinden begutachten und dann genau erkennen können, was der Autor von uns hält.“ „Ich verstehe. Ihr macht Euch jetzt auf Feindessuche.“ „Vollkommen korrekt. Sie sind ein schlaues Bürschchen. So, genug geplaudert. Ich muß wieder arbeiten.“ „Haben Sie denn immer noch nicht genug geschlafen?“ „Wie kommen Sie darauf? Ein normaler Mensch braucht acht Stunden Schlaf, ein Beamter 16. Also bitte, nehmen Sie doch etwas Rücksicht.“ „Wie Sie wünschen.“ Daniel verließ das Büro und blieb dann kurz davor stehen. Sekunden später hörte er bereits ein deutlich vernehmbares Schnarchen. Da riß er die Tür auf und brüllte: „Schneider!“ Erschrocken sprang der Bürokrat auf, wollte sofort einen Telefonhörer in die Hand nehmen um ein Telefonat vorzutäuschen, aber als er das grinsende Gesicht von Daniel sah, da stockte er. „Frechheit so was! Ich hätte beinahe einen Herzinfarkt bekommen.“ „Selber schuld. Würden Sie arbeiten, würde ihnen das nicht passieren.“ „Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Dreck!“ „Den habe ich schon entsorgt. Aber hier drin bei Ihnen stinkt es gewaltig. Ich glaube, da ist eine Menge faul.“ „Wenn Sie jetzt nicht gleich verschwinden, dann rufe ich die Leibwache.“ „Das können Sie sich sparen. Ihre drei Leibwächter haben sich entschlossen, Sie zu ihrem Vorbild zu machen.“ „Was meinen Sie damit?“ „Daß Sie tief und fest schlafen.“ „Was! Das ist ja eine Ungeheuerlichkeit!“ „Hiergeblieben, Freundchen!“ tönte Daniel und hielt den Beamten auf, der das Büro verlassen und seine Leibwächter wecken wollte. Da bekam es der Bleistiftterrorist mit der Angst zu tun. „Was wollen Sie von mir?“ stotterte er. „Nichts. Ich will Dir nur eines sagen: Du bist Abschaum, genauso wie Deine Kollegen. Keinen einzigen Euro seid Ihr wert, den Ihr bekommt. Selbst wenn Ihr mal nicht schlaft und sogar arbeitet, baut Ihr nur Scheiße. Aber das Schlimmste ist, daß Leute wie Ihr an der Macht sind. Und ich verspreche Euch, daß ich solange gegen Euch kämpfen werde, bis ich tot bin, oder dieser Wahnsinn endlich ein Ende hat.“ Daniel drehte sich um und verließ das Büro. Man sah deutlich, daß der Bürokrat zitterte. Es hatte ihm gar nicht gefallen, was er da gehört hatte. Doch schon bald darauf hatten seine Arroganz und seine Selbstherrlichkeit wieder gesiegt und er schrieb drei Namen auf eine Liste. Keine schwarze, weil man sie sonst nicht lesen hätte können. Drei Feinde für den Staat.

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