Название | Es war nicht meine Schuld |
---|---|
Автор произведения | Thomas Spyra |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783752919431 |
«Nichts da, ein kräftiger Schluck wird dich wieder auf die Beine bringen!» Harsch befehlend duldete Eberhard Kramer keinen Widerspruch.
Er lenkte die Kutsche selbst, etwa fünfzehn Minuten später hielten sie vorm Goldenen Bären, dem größten und prächtigsten Gasthaus in der Stadt. Der herzueilende Stallknecht nahm ihm die Zügel ab und sie schritten rasch ins Wirtshaus. Johann war hier noch nie gewesen, dies war nichts für seinen Geldbeutel, hier verkehrten nur die reichen Händler, Handwerksmeister und Stadtobereren.
Zuvorkommend begrüßte der Wirt den Meister und wies ihm einen Tisch in einer Fensternische zu. Von hier hatte man einen herrlichen Blick über den Marktplatz und war ungestört.
«Johann, das hier ist Meister Alexander Schöner aus Breslau», damit begrüßte er einen jungen Mann, der, kaum das sie Platz genommen hatten, an ihren Tisch trat.
«Grüß dich Johann, wir sind ja fast gleich alt, sag Meister Alexander zu mir.» Er streckte dem Maurergesellen die Hand hin.
«Grüß Gott Meister Alexander», Johann ergriff die schlaffe Hand und nickte ihm zu.
Eberhardt wandte sich an Johann: «Ich habe dir die Meisterschaft versprochen, dazu stehe ich. Wenn deine Mutzeit rum ist, werde ich mich für dich verwenden.»
Johann wollte etwas einwenden: «Meister, ich muss Euch was ...»
«Nein lass mich ausreden! Ich habe den Heiratsantrag für die Luise angenommen. Das heißt, meine Tochter erbt einmal das Geschäft. Nach der Hochzeit, die in zwei Monaten sein wird, werde ich Meister Alexander als meinen Nachfolger einarbeiten. Wie meine Frau bemerkt hat, hast du dich ja nicht für eines unserer Mädchen erwärmen können.»
«Aber ich ...», setzte Johann nochmals an.
«Lass, die Meisterin hat mir alles erzählt. War eine blöde Idee. Nachdem sich Luise in den da verguckt hat und die Große auch einen anderen heiraten will, entbinde ich dich hiermit von deinen Pflichten.»
Der Meister stieß mit den beiden jungen Männern an, nahm einen kräftigen Schluck, bevor er weiter redete. «Bis zu deinem Meisterstück helfe ich dir. Falls ich von jemanden höre, der einen Meisteranwärter einstellt, vermittle ich gerne. Allerdings ist bei mir kein Platz für einen zweiten Meister, wie du sicher verstehst. Du kannst als Altgeselle weiter arbeiten, bis du was Neues gefunden hast, hier meine Hand drauf. - Gut wir sind uns einig, das besiegeln wir gleich mit einem kräftigen Schluck.»
Kramer winkte dem Wirt: «Alfons, wo bleibt das Essen, wir haben schon einen Mordshunger.»
Kaum dampfte das schlesische Himmelreich mit Semmelknödeln auf dem Tisch, fielen die beiden Meister darüber her. Johann stocherte auf seinem Teller herum, ihm war der Appetit vergangen.
Meister Eberhard standen die Schweißperlen auf der Stirn, er schnaufte schwer: «Hat´s dir nicht geschmeckt, Johann?»
Er nestelte an seinem Kragen, lockerte ihn etwas, «Das ist ja wieder so heiß heute.»
«Geht es euch nicht gut Meister?», fragte Johann besorgt.
«Ich brauche frische Luft, kommt, lasst uns aufbrechen.»
Gemeinsam verließen sie das Gasthaus.
«Der Alfons kocht schon verdammt erstklassig, es war wieder einmal ein vorzügliches Essen, das Him ...», Meister Eberhardt schritt auf die Straße, griff sich an die Brust, stöhnte und sackte in sich zusammen.
Die beiden jungen Männer sprangen erschrocken hinzu und riefen um Hilfe.
Der aus dem Gasthaus eilende Arzt kniete sich zu dem am Boden liegenden.
«Diese Hitze! Sie hat seinem Herz den Rest gegeben. Ich habe ihm oft genug gesagt, er soll kürzer treten, das Rauchen und Saufen aufhören, aber er hat einfach weiter gemacht. Hier kommt jede Hilfe zu spät», stellte der Doktor fest, nachdem er den Meister untersucht hatte.
Drei Tage nach der Beerdigung ließ der Obermeister Seitz aus Oppeln Johann zu sich rufen.
«Es tut mir leid, aber ohne Meister Eberhardt erlaubt dir die Zunft nicht deine Mutjahre abzuschließen. Einstweilen wird der Meister Gerhard Schöner im Auftrag der Innung das Geschäft führen. Wenn nächsten Monat die Hochzeit über die Bühne ist, übernimmt sein Sohn Alexander die Maurerfirma.»
Johann war wie vor den Kopf geschlagen: «Aber es war ausgehandelt? Ich kann doch trotzdem noch meinen Meister ablegen?»
«Nein, außer du findest einen älteren Maurermeister, der dich übernimmt. Alexander Schöner darf dies laut Zunft- ordnung nicht, er ist ein Jungmeister.»
Niedergeschlagen trottete Johann heimwärts. Die Kramerin und Tochter Maria saßen bedrückt mit verheulten Augen am Küchentisch. Franziska brachte einen stark nach Pfefferminzlikör duftenden Kräutertee.
«Setzt dich zu uns», forderte ihn die Meisterin auf, «es tut uns so leid für dich, aber wo die Liebe hinfällt ...»
Umständlich putzte sich Frau Kramer die Nase. «Maria hat auch einen anderen Mann in Aussicht, allerdings keinen Maurermeister.» Sie schniefte und trocknete sich die Tränen.
Die Tochter nahm ihre Mutter in den Arm.
«Wir ziehen weg von hier, Luise und Alexander wollen das Haus für sich alleine haben. Außerdem meint mein arroganter Herr Schwager, wir passen dann nicht mehr zu seiner Familie», Maria seufzte, «Mein Zukünftiger, Levi Rosenbaum ist ein guter Mann, er nimmt uns alle auf. Ihm gehören der elegante Modesalon und das Kaufhaus Rosenbaum, du weißt schon, vorne am Marktplatz in Oppeln. Er wohnt alleine mit seiner Mutter über dem Laden in dem großen Haus. Wir werden am nächsten Samstag heiraten.»
Johann sah sie erstaunt an.
«Glückwunsch!» Er hatte wieder mal überhaupt nichts mitbekommen.
«Du bist herzlich eingeladen, jedoch nur zu einer Ziviltrauung auf dem Standesamt.»
«Wieso das?», fragte Johann verwirrt nach.
«Na weil Levi Jude ist. Ich habe zwar vor Wochen heimlich den Glauben meines Zukünftigen angenommen und heiße jetzt Miriam, aber richtig heiraten dürfen wir trotzdem nicht – weder jüdisch noch katholisch», erklärte Maria bedauernd.
«Nochmals herzliche Gratulation! Das kommt alles sehr überraschend, hast du dir das reiflich überlegt? Ist schon ein drastischer Schritt vom Katholizismus zum Judentum.»
«Ja, ich bin mir sicher, was solls, wir glauben doch alle an den gleichen Gott. Aber so richtig jüdisch werde ich trotzdem nicht. Das kann man nur sein, wenn man da hineingeboren wurde.»
Johann nickte zustimmend.
«Alles fällt auseinander, was wird nun aus uns?», deprimiert schaute er fragend zu Franziska. Sie tätschelte seine Hand: «Das wird schon, du ziehst einstweilen als Kostgänger mit ins große Haus in Oppeln. Dann sehen wir uns wieder öfters.»
«Aber ich wollte, bevor wir heiraten, im nächsten Frühjahr meinen Meister ablegen, damit ich dir etwas bieten kann.»
«Du musst mir nichts bieten! Vergiss einstweilen die Meisterschaft. Du bist ein fleißiger Mann, wir werden schon zurechtkommen. Rede nochmal mit dem Obermeister, vielleicht sucht jemand einen Einheimischen Gesellen[Fußnote 21] als Vorarbeiter. Dann heiraten wir.»
Johann nickte: «Wenn du meinst. Etliches habe ich mir ja schon zusammengespart.»
«Na, siehst du, es gibt immer einen Ausweg!»
So zog Johann mit in das prachtvolle Bürgerhaus nach Oppeln. Aber immer wenn er am Samstagabend in die winzige Dachkammer heimkam, wurmte es ihn. Was für ein Luxus, die große Wohnung über dem Laden war mit allen erdenklichen Kostbarkeiten ausgestattet. An den hohen Wänden hingen Gemälde von vielen berühmten Meistern.
Miriam hatte ihm erzählt, dass Levis Vater einer der