Die Verdammten Reiche. Casy Paix

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Название Die Verdammten Reiche
Автор произведения Casy Paix
Жанр Языкознание
Серия Die Verdammten Reiche
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752917314



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den Mund, während meine Augen über die Buchrücken in den Regalen schweiften. Als ich damals mit Rias hier angekommen war, waren viele der Bücher schon hier gewesen. Einig in gutem Zustand, andere mit vergilbten Seiten und fast unleserlich. Viele von ihnen waren in alten Schriften verfasst, die weder ich, noch Rias kannten. Der Rest der Bücher hatte sich im Laufe der Jahre angesammelt. Sie waren Mitbringsel von den Streifzügen der Bewohner Kassathors, zum Dank, dass ich ihnen Unterschlupf gewährte und sie nicht umbrachte.

      Ich unterdrückte ein Gähnen und schob mir das nächste Stück Fleisch in den Mund. Ich sah an mir hinunter und zog die Nase kraus. Auf meinem Kleid zeigten sich die Spuren des Verlieses und unwillkürlich strich ein eisiger Schauder über meine Haut.

      Ich stieß mich vom Tisch ab, schnappte mir noch den Weinbecher und ging ins angrenzende Zimmer. Das große Himmelsbett beherrschte den Raum und ich freute mich schon darauf unter die Decken zu kriechen, doch zuerst musste ich den Schmutz von mir abwaschen. Neben meinem Schlafzimmer, befand sich ein weiterer Raum, mit Zugang zu dem großen Balkon, über den man wiederum über eine schmale Außentreppe hinab in den Burggarten gelangte. Ich hörte das Prasseln des Regens gegen die großen Bogenfenster und musste an Rias denken, der jetzt dort draußen war. Noch nie hatte ich erlebt, dass er freiwillig bei solch einem Wetter hinausging.

      Was bei allen Göttern ging nur in seinem Kopf vor?

      In letzter Zeit benahm sich Rias immer seltsamer.

      Ich schlüpfte aus meinem Kleid und ging über die dicken Teppiche zu dem kreisrunden Becken, das in den steinernen Boden eingelassen war. Zwei kleine flache Stufen führten zu der leicht dampfenden Wasseroberfläche. Die heißen Quellen, die in den Bergen ringsherum entsprangen, speisten das kleine Becken und ermöglichten mir jeder Zeit ein warmes Bad zu nehmen. Mit einem Seufzen glitt ich auf eine der herausgearbeiteten Sitzbänke und lehnte mich glücklich zurück. Das Wasser liebkoste meine Brüste und müde schloss ich die Augen. Sofort stürmten die vielen Fragen, die seit der Begegnung mit dem Boten in meinem Kopf herumspukten, auf mich ein.

      War es ein Zufall, dass genau am Jahrestag meiner Verbannung dieser Bote auftauchte?

      Niemand näherte sich freiwillig Kassathors Grenzen. Der Wachposten am Eingang der Schlucht war schon lange verlassen.

      Warum also schickte man den Boten, genau an diesem Tag, zu diesem Posten?

      Vielleicht hatte er dort auch schon länger gewartet und gehofft einen Hinweis über mein Dasein zu bekommen.

      Andererseits, wenn sie vermuteten, dass ich noch lebte, warum hatten sie dann den Wachposten abgezogen?

      Ein möglicher Grund wäre, sie glaubten nicht das ich noch eine Gefahr für das restliche Land darstellte. Ein anderer, dass ich vielleicht viel zu verängstigt wäre, um Kassathor zu verlassen.

      Wussten sie überhaupt, dass es von Dämonen und sonstigem Abschaum bewohnt wurde?

      Am wahrscheinlichsten war es jedoch das sie davon ausgingen, dass ich damals gestorben war und daraufhin den Posten abgezogen hatten. Ein siebenjähriges Kind konnte niemals diesen kalten, einsamen Ort überleben.

      Ich öffnete meine Augen und starrte zu der hohen Decke, die durch schwarze Holzbalken unterbrochen wurde. Das Feuer im Kamin knisterte leise und vertrieb die heraufziehende Kälte.

      Warum hatte dieser Tag solch ein Ende genommen?

       Mein Bruder.

      Welcher von beiden hatte den Boten geschickt? Tomas oder Kilan?

      Ich hatte oft gerätselt, was mit ihnen geschehen war. Ob sie die Einzelheiten jener Nacht kannten, von dem Streit zwischen Sira und meiner Tante und der düsteren Ankündigung von Unheil an diesem Abend.

      Ich seufzte und tauchte unter. Das warme Wasser umhüllte mich und spielte mit meinen langen Haaren.

      Was hatte das nur alles zu bedeuten? Warum jetzt? Konnte ich vielleicht wirklich darauf hoffen das meine Verbannung aufgehoben war? Aber wenn ja, warum dann gerade jetzt und nicht schon viel früher?

      An meiner Magie hatte sich nichts geändert. Segen und Fluch bestanden noch immer zu gleichen Teilen und hatten nichts von ihrer Gefährlichkeit verloren.

       Also warum?

      Ich tauchte wieder auf und hob meine Hand, die durch das Wasser und den Feuerschein goldenen schimmerte. Wie aus dem nichts tauchten die schwarzen und silbrigen Fäden meiner Magie auf. Hell und dunkel im Einklang vereint.

      „Komme nicht auf dumme Gedanken!“

      Mit einem Lächeln drehte ich mich zu der Türe um, die auf den Balkon führte. Triefend vor Nässe schob sich Zacharias herein. Regenwasser tropfte von seinem Fell auf den Boden und hinterließ eine glänzende Spur. Mit einem leisen Geräusch fiel die Tür hinter ihm zu und sperrte das unbehagliche Wetter aus.

      „Keine Angst. Ich habe mich unter Kontrolle Rias.“

      Ich beobachtete, wie er an mir vorbeiging und der Geruch von Wald und nassem Fell stieg mir in die Nase.

      „Habt ihr etwas herausgefunden?“

      Rias schüttelte sich leicht und steuerte den Kamin an. Mit einem Brummen legte er sich davor und wandte mir seinen Kopf zu.

      „Nicht wirklich. Ich konnte noch Spuren von Magie wahrnehmen. Aber weder Rieel noch ich, haben einen Hinweis darauf gefunden das der Bote nicht alleine war, oder das der Wachposten in letzter Zeit besetzt gewesen wäre.“

      „Was denkst du, hat das alles zu bedeuten? Diese Einladung?“

      „Ich weiß es nicht, aber es bedeutet Unheil.“

      „Unheil? Bist du nicht etwas zu pessimistisch?“

      Rias bernsteinfarbene Augen musterten mich durchdringend und ich hätte viel darum gegeben, um zu wissen, was noch alles in ihm vorging, was er vor mir verheimlichte, denn das tat er mit Sicherheit.

      „Wäre es dann nicht besser, wenn du dich mit Viktor …“

      „Nein!“

      So wie ich Rias kannte, kannte er mich. Er wusste worauf ich hinauswollte. Geschlagen verzog ich den Mund.

      „Ich verstehe dich nicht. In letzter Zeit kommt es mir so vor, als würdest du Viktor, wo es nur geht, aus dem Weg gehen.“

      Ich verschränkte meine Arme auf dem Beckenrand und sah über Rias hinweg ins Feuer.

      „Ich meine, du gehst nie freiwillig hinaus in den Regen, aber heute …“

      „Ysa es gibt Tage, da muss ich hinaus, selbst bei Regen. Das hat nichts mit Viktor zu tun.“

      Ich glaubte ihm nur zum Teil, aber ich beließ es dabei. Vielleicht würde er mir später von sich aus erzählen, was mit ihm los war.

      „Solltest du nicht langsam aus dem Wasser und stattdessen ins Bett?“

      „Ja wahrscheinlich sollte ich das. Ich bin froh, wenn dieser Tag der Vergangenheit angehört.“

      Ich schwamm zu den Stufen und stieg aus dem warmen Wasser. Schnell griff nach dem weichen Badetuch und trocknete mich ab. Ich spürte Rias Blick auf mir, was mich nicht im Geringsten störte. Er hatte mich heranwachsen sehen, hatte verfolgt, wie aus einem Mädchen eine Frau wurde, deren Rundungen an den richtigen Stellen saßen.

      „Kommst du nach, wenn du trocken bist?“, fragte ich über die Schulter hinweg.

      „Ich bin gleich da.“

      Zufrieden verließ ich das Zimmer und steuerte mein Bett an um müde unter die warmen Decken zu kriechen. Ich lauschte dem Regen, der gegen die Scheiben schlug und keinen Atemzug später schlief ich ein.

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