Violet - Die 7. Prophezeiung - Buch 1-7. Sophie Lang

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Название Violet - Die 7. Prophezeiung - Buch 1-7
Автор произведения Sophie Lang
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753189734



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      Adam ist ganz nah und dann ist da noch etwas, das zwischen uns ist und ihn nicht noch näher kommen lässt. Es ist die Kälte. Ich bin die Kälte, die ihn auf Abstand hält, aber es fühlt sich nicht so an wie mein eigener Körper.

      Dann wird Adam von mir wie eine Puppe auf die Seite geschleudert. Ich lese in seinen Augen, wie er sich fragt, wie das möglich sein kann. Wie er nicht verstehen kann, was da passiert.

      Er sieht mich an und wir beide sehen, wie meine Tattoos leuchten, wie sie auf meiner Haut herumwirbeln. Dann bin ich schon über ihm. Auf seiner nackten Haut. Ich drücke ihn mühelos in den Dreck, öffne meine Kiefer und blecke meine Zähne wie eine Bestie.

      »Freija nicht! Du musst dagegen ankämpfen!«, kreischt Adam, der hilflos unter mir zappelt, dann beuge ich mich zu seiner Kehle hinab und rieche seinen Duft, höre sein warmes Blut unter der dünnen Haut pulsieren. Meine Zähne, weiß wie Schnee, färben sich blutrot, als ich sie in seinem Hals versenke. Adam schreit nicht mehr, wehrt sich nicht mehr. Er schaut mich nur an. Hilflos. Fragend. Schlammverschmiert. Blutverschmiert. Er sieht eklig aus.

      Blut sickert brutal aus einer klaffenden Wunde in seiner Kehle. Und ich schaue ihn an und trinke wieder aus ihm, spüre, wie mich sein Blut stärkt.

      Und dann schaue ich ihm beim Sterben zu und empfinde kein Mitleid.

      Sein Körper gefriert, wird starr und seine Augen, sein Blick wird zäh wie Wasser kurz vor dem Gefrierpunkt, ist voller Furcht. Und das ist der Moment, in dem ich begreife, dass ich mich bewegen muss, dass ich etwas Furchtbares getan habe! Ich muss hier weg und zwar schnell. Ich muss mich losreisen von dem Anblick.

      Meine Beine sind schwer, als hätte sie jemand in Beton gegossen. Ich komme kaum von der Stelle. Wo wäre ich überhaupt in Sicherheit? Zum Haus, denke ich. Ich muss zum Haus. Schritt für Schritt. Viel, viel zu langsam komme ich vorwärts. Ich bin noch immer wie gelähmt, mein ganzer Körper zittert. Ich erreiche den Steg, als mich die Neugier überwältigt. Ängstlich blicke ich über die Schulter zurück.

      Adam liegt dort zwischen den Büschen. Ich denke, er ist tatsächlich tot.

      Ich schaue an mir runter, sehe die Bestien auf meiner Haut. Ihre Augen sind schwarz wie die Nacht. Ich bleibe stehen und wir beobachten uns. Lange, sehr lange wage ich es nicht, mich zu rühren, zu atmen und die Tattoos verfolgen mit ihren Augen jede meiner Bewegungen. Nach einer endlosen Weile, wage ich es, einen Schritt nach hinten zu machen.

      Fast schon fasziniert schaue ich zu, wie meine Tattoos auf meiner Haut herumwirbeln.

      Ich spüre Kälte und etwas Vertrautes. Adams Blut!

      Energie zuckt jetzt wie Blitze durch meinen Körper. Lädt jede Zelle in mir auf, bringt sie fast zum explodieren. Ich fühle mich schlagartig unglaublich stark.

      Die Bestien und ich gehören zusammen, sagt mir meine Intuition. Ich fühle mich voller Energie, strotze vor Kraft, schaue an mir hinab und sehe mich und die leuchtenden Tattoos. Das ist die intelligente Energie, denke ich. Bin ich eine Verrückte? Bin ich eine Bestie?

      Nie zuvor habe ich mich so gefühlt. Als wäre ich aufs Doppelte angewachsen. Mein Blick ruht jetzt auf Adam, dessen Körper dort hinten liegt und ich spüre einen Teil von ihm in mir. Verrückt.

      Und dann denke ich, dass ich tatsächlich überschnappe. Ich bin eine Wahnsinnige, die ihn getötet hat. Eine Frau, die ins Irrenhaus gehört. Dort werde ich den anderen Insassen von den Bestien erzählen, die auf meiner Haut zu leuchten begonnen haben. Ich glaube es ja selbst nicht, was ich eben erlebt, was ich gespürt habe, getan habe. Ich sinke auf meine Knie und beginne zu weinen. Tränen ergießen sich in Strömen über meine Beine.

      Ich weiß nicht, wie lange ich da schon sitze? Eine Ewigkeit? Es ist dunkel geworden und die ersten Sterne funkeln am Himmelszelt.

      Mein Kopf brummt und mein Gehirn vibriert. Nein, es sind echte Geräusche aus der Außenwelt, nicht aus der kaputten Welt in mir drin.

      Ich höre Helikopter. Wer hat die gerufen? Egal wer es war, ich weiß, dass sie das nicht verstehen werden, dass er tot ist und ich am Leben bin. Ich muss verschwinden, aber nicht so ohne alles. Ich renne los, schneller als ein Mensch rennen kann und bevor die Helikopter über den Hügel fliegen, bin ich schon im Haus, in meinem Zimmer. Ich stopfe alles in einen Rucksack, was ich finden kann. Das Wochenbuch kommt auch mit. Ihm will ich erzählen, was ich getan habe, sollte ich das hier überleben.

      Drei Sprünge genügen und ich bin die Treppe unten. Anziehen kann ich mich später noch, wenn ich in Sicherheit bin.

      Ich will das Haus über die Terrasse zum See verlassen, vorbei an Adams Arbeitszimmer. Doch genau dort bleibe ich stehen. Wie ein Magnet zieht mich die Tür zu seinem geheimen Raum an. Die Helikopter sind nah. Sie müssen schon über dem See sein, haben Adam bestimmt schon gesichtet, als ich die Klinke herunterdrücke.

      Verschlossen!

      Ich trete zu und die Tür fliegt mit solcher Wucht aus den Angeln, dass sie das Bett im Arbeitszimmer aus dem Weg katapultiert. Ein Bett?

      Papier flattert wie Blätter im Herbstwind durch den Raum, Holz splittert und ich stürme hinein und frage mich, was das für ein Arbeitszimmer sein soll?

      Ein Blick aus dem Fenster zum Hof verrät mir, dass sie jetzt landen. Sechs Scheinwerfer, heller als das Tageslicht. Drei Helikopter. Ich weiß nicht, warum so viele kommen, aber ich weiß, weshalb sie hier sind. Sie sind hier, um Adams Mörder zu jagen. Mich?!

      Ich schnappe mir ein paar der Blätter, der Unterlagen, die auf dem Boden liegen. Zeichnungen von Menschen. Menschen, die Tattoos auf ihrer Haut tragen, so wie ich. Was? Was hat Adam gewusst? Wer hat hier geschlafen? War das wirklich das Fenster, aus dem uns jemand beim Küssen zugesehen hat? Habe ich mich nur geirrt?

      Ich wende mich dem Nachttisch zu. Wie ein Käfer liegt er auf dem Rücken, unfähig, vor mir zu flüchten. Ich mache mich an die Schubladen heran. Eine ist verschlossen, hat aber meiner unbändigen Kraft nichts entgegenzusetzen. Ich reiße sie spielend leicht heraus. Ein kleines weißes Buch fällt heraus. Draußen springen Männer, breit wie Schränke, aus den Helikoptern. Sie tragen Helme und Gewehre und rote Mäntel. Vollstrecker, lache ich. Es ist das Lachen einer Verrückten.

      Ich nehme das weiße Buch an mich, drehe es in meiner Hand, während die Zeit abläuft. Ein Stern auf der Vorderseite. Ich drehe es um und gefriere zu Eis. Ich fahre mit meinem Fingernagel die feinen Striche auf dem weißen Leder nach. Alle Striche zusammen ergeben eine Zeichnung, ein Bild. Es ist perfekt, fast wie echt. Eine Frau, eine junge Frau. Ihr ganzer Körper ist voller Tattoos. Sie ist eine Kämpferin und sie hat einen Teddybären mit einem blauen schimmernden Brustpanzer bei sich. Auf ihrer Stirn überstrahlt ein Tattoo alle anderen. Es ist der Stern vom Buchtitel. Und die Frau? Sie sieht aus wie ich!

      Die Haustür wird aufgeschossen! Geschossen?!

      Ich packe das Buch in meinen Rucksack und renne aus dem Arbeitszimmer, auf den Flur und die Vollstrecker schießen ohne Vorwarnung. Kugeln schlagen neben mir in der Wand ein, ohrenbetäubend laut. Ich presse meine Hände auf die Ohren und mache auf dem Absatz kehrt, zurück ins Arbeitszimmer. Der nächste Kugelhagel zerfetzt den Türrahmen, wo ich eben noch war. Sie wollen mich töten, ohne Verhandlung, ohne Fragen.

      Wohin? Wohin?

      Ich renne los, übermenschlich schnell. Will aus dem Fenster springen und dann sehe ich sie. Eine junge Frau, draußen neben dem Steg. Sie trägt Adam in den Wald.

      »Halt!«, ruft es hinter mir, aber ich setze mich schon wieder in Bewegung. Überirdisch schnell springe ich auf die Seite und renne los. Die Wand hoch und während sie den Inhalt ihrer Magazine auf mich abfeuern, renne ich die Wand im Zimmer entlang, als würden für mich keine physischen Gesetze Gültigkeit haben, als gäbe es kein unten und oben. Und dann bin ich schon bei den Vollstreckern, treffe sie mit brutaler Präzision. Durch den Aufprall werden sie entwaffnet und aus dem Zimmer geworfen. Ich kenne mich nicht. Wie kann ich zu so etwas fähig sein?

      Mehr Bewaffnete sind unterwegs, strömen wie Ameisen von der anderen Seite ins Haus. Ich renne los, beschleunige und springe aus der Haustür und lande