Der Fehler im System. Peter R. Krüger

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Название Der Fehler im System
Автор произведения Peter R. Krüger
Жанр Языкознание
Серия Sternenlicht
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753189871



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sich an Bord überflüssig vorkam. Nun, er selbst sorgte mit einigen waghalsigen Manövern ja auch dafür, dass sie auf der JAGELLOVSK ausreichend zu tun bekam.

      Die leichtsinnigen Manöver musste dann auch oft seine Astrogatorin Liane Chryss berechnen und ausführen. Chryss war Klassenbeste auf der Akademie und noch vor Beendigung ihrer Ausbildung vom Sternenlicht Sicherheitsdienst abgeworben worden. Er war froh darüber, dass er die ruhige, 36-Jährige an Bord hatte. Sie schien das Weltall wie ihre eigene Westentasche zu kennen.

      Sein Kommunikationsoffizier Carl Ruyther war mithin das älteste Besatzungsmitglied, was aber eher von Vorteil war. Der 52-Jährige mit dem faltigen Gesicht und dem hellen, schütteren Haar war stets aufgeschlossen und besaß eine wohltuend positive Ausstrahlung, von der sich die meisten an Bord auch gerne anstecken ließen. Seinen eigenen Aussagen zufolge, war er der erste Ruyther an Bord eines Schiffs der Orion-Klasse, doch ließ er Walt und die Anderen im Unklaren darüber, ob er auch tatsächlich der erste Raumfahrer in seiner Familie war. Abgesehen von den Kolonisten.

      Letzter im Bunde war sein Armierungsoffizier Poul Artos, der von der gesamten Mannschaft eigentlich nur „Junior“ genannt wurde. Einerseits deshalb, weil Commander Kargon als Freund der Familie Artos die Rolle eines väterlichen Freundes übernahm, andererseits war Poul aber auch der Jüngste an Bord der JAGELLOVSK. Außerdem hatten beide zufällig auch den gleichen Vornamen – Poul – den Walt aber nie wirklich nutzte. Nur wenige Monate trennten Junior von Fayola Sisal, womit sie ihn gelegentlich aufzog. Insgeheim schmunzelte Walt über diese kleinen Frotzeleien.

      Er nutzte den Moment, den ihm der Flug zum M-46 bot, um seine Gedanken zu ordnen. Trotzdem sie sich alle eine Ruhepause verdient hatten, wusste er, dass er sich uneingeschränkt auf seine Mannschaft verlassen konnte.

      „Wir kommen an“, riss ihn Chryss aus seinen Gedanken. Es war so weit. Die ALBATROS III wartete auf Ihre Hilfe.

      „Gut, dann macht euch mal bereit. Position der ALBATROS?“

      „Direkt vor uns, Walt. Und der Pirat folgt ihr dichtauf.“ Chryss pausierte kurz. Walt sah sie fragend an.

      „Er schießt, Walt.“

      „Gefechtsstationen“, blaffte er daraufhin, während er sich an der Aufhängung der holografischen Astroscheibe festhielt, „alles bereitmachen. Der Tanz geht los. Setz uns zwischen die ALBATROS und diesem Piraten, Liane.“

      Mit hoher Geschwindigkeit raste die JAGELLOVSK an der ALBATROS III vorbei, die gerade in diesem Moment einen weiteren Treffer aus den Lichtwerferbatterien des Piratenschiffs einstecken musste. Geschickt manövrierte Liane Chryss den schweren Raumkreuzer nun in eine Position, in der der Pirat keine freie Schussbahn mehr zum Erzfrachter mehr hatte.

      „Dann mal los. Junior, feuer den Halunken ein paar Warnschüsse vor den Bug, vielleicht lassen die dann von der ALBATROS ab.“

      „Wird gemacht, Walt.“ Die Stimme des Armierungsoffiziers ließ erkennen, dass er sich darauf zu freuen schien, ein paar Piraten das Fürchten zu lehren. „Werferbatterien eins und drei abgefeuert.“

      Walt beobachtete die Energiestrahlen. Beide verfehlten ihr Ziel nur knapp. Das sollte als Warnung ausreichen.

      „Öffne mal einen Kanal, Carl. Ich will den Taugenichtsen noch eine Chance geben.“

      „Verstanden. Kanal ist offen, Walt.“

      „Hier spricht der Schnelle Raumkreuzer JAGELLOVSK“, Walt überlegte kurz, ob er sich als Commander des Sternenlicht Sicherheitsdienstes zu erkennen geben sollte, entschied sich dann aber dagegen. „An das Piratenschiff. Brechen Sie ihren Angriff ab. Noch haben sie die Chance, heil aus der Sache herauszukommen. Nutzen Sie die Gelegenheit, mit einem blauen Auge davon zu kommen, bevor wir uns dazu gezwungen sehen, unsere Lichtwerferbatterien gezielt auf Ihr Schiff abzufeuern.“ Mit einer Handbewegung signalisierte er Ruyther, die Übertragung zu beenden, den Kanal aber für eine Antwort offen zu halten.

      „Wenn die nicht total verblödet sind, dann ergreifen die jetzt die Flucht.“ Walt war sich sicher, dass die Präsenz eines Kreuzers der Orion-Klasse ausrechend Eindruck auf die Piraten ausüben sollte und machte es sich daraufhin in seinem Kommandosessel bequem. Doch nur einen Wimpernschlag später meldete Astrogatorin Liane Chryss etwas, mit dem er nicht gerechnet hatte.

      „Walt, die haben was vor.“

      Sofort sprang er wieder auf und heftete seinen Blick an die Astroscheibe. „Drehen sie bei?“

      „Ich weiß nicht. Das Manöver kommt mir seltsam vor. Als ob sie einem Beschuss ausweichen würden. Aber wir schießen doch gar nicht.“

      „Vielleicht die ALBATROS?“, warf Ruyther ein.

      „Nein, auf keinen Fall“, widersprach Walt. „Die Erzfrachter sind unbewaffnet. Haltet euch bereit, sie können ...“

      „Sie feuern“, unterbrach Chryss ihn aufgeregt.

      „Festhalten!“

      Doch der Befehl kam zu spät. Die JAGEL-LOVSK wurde durchgeschüttelt, als zwei Salven der Piraten das Schiff direkt trafen. Funken stoben durch die Räume, als die Energieüberladung sich einen Weg durch das Schiff bahnte. Ein ängstlicher Aufschrei war über die Bordsprechanlage zu hören, der jedoch im Chaos der Energieentladung nicht genau auszumachen war.

      Nur mit Mühe konnten sich Walt, Liane und Carl auf ihren Gefechtspositionen in der Kommandozentrale auf den Beinen halten. Wie es bei den restlichen Besatzungsmitgliedern aussah, wusste der Commander nicht.

      „Schadensmeldung! Jemand verletzt?“, brüllte er durch die Bordsprechanlage, wartete jedoch die Rückmeldungen nicht ab. „Junior, Feuer erwidern! Liane, Abfangkurs, wir müssen die ALBATROS schützen.“

      Langsamer als sonst bewegte sich die JAGELLOVSK schwerfällig, um zwischen der ALBA-TROS und den Piraten zu bleiben. Die Lichtwerferbatterien gaben einen Feuerstoß ab, der jedoch nur die Hülle des Piratenschiffs leicht versengte. Während Walt zufrieden auf der Astroscheibe beobachtete, wie der Pirat nun doch abdrehte, kamen die Rückmeldungen der Besatzung. Bis auf Fayola, die sich eine leichte Verbrennung durch eine Energieüberspannung zuzog, waren alle anderen wohlauf.

      „Verfolgung aufnehmen, bevor uns der Halunke entwischt. Kurs setzen, Antrieb auf volle Kraft. Los jetzt!“

      Als sich die JAGELLOVSK nicht rührte warf Walt einen fragenden Blick in die Runde. „Was ist denn los? Leute kommt, der entwischt uns doch.“

      „Keine Chance“, meldete daraufhin die Bordingenieurin. Als Walt auf den Monitor sah, entdeckte er bereits Doktor Smith bei ihr, der sich um ihre Brandwunden kümmerte. „Die Überspannung hat den Antrieb lahmgelegt. Wir können uns nur noch Schneckentempo bewegen.“ Die Augen der dunkelhäutigen Frau stachen weiß hervor, so als wollten Sie Walt dazu ermahnen, den Antrieb nicht noch mehr zu strapazieren.

      Er besann sich. „Geht es dir gut, Fayola?“

      Sie nickte. „Der Doktor leistet gute Arbeit. Ich bin in Kürze wieder einsatzfähig. Aber der Antrieb hat ordentlich was abbekommen.“

      „Wie schlimm ist es? Können wir den Schaden reparieren?“

      Sie sah vom Bildschirm weg, offenbar um ein paar Anzeigen zu überprüfen. „Der Energiekonverter muss neu kalibriert werden und ein paar Sicherungen sind durchgeknallt. Nichts, was ich nicht beheben kann. Aber das wird eine Weile dauern, fürchte ich.“

      Walt war erleichtert. Es hätte auch schlimmer kommen können. „Ich schicke dir Junior runter, damit er dir unter die Arme greift. Seht zu, dass ihr den Antrieb schnellstens wieder in Gang bringt.

      Hast du verstanden, Junior?“

      „Verstanden Walt. Bin unterwegs.“

      Walt ließ sich wieder in seinen Kommandosessel sinken. Immerhin hatten sie die Piraten verjagt und die ALBATROS III gerettet. Die Schlappe im Gefecht nagte dennoch an ihm.

      2 Captain Logan

      „Ich danke Ihnen für die Hilfe, Commander Kargon. Ohne die JAGELLOVSK