David Copperfield. Charles Dickens

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Название David Copperfield
Автор произведения Charles Dickens
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753197098



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einen Monat gelebt, als der Mann mit dem hölzernen Bein, mit dem Besen und dem Wassereimer herumzuhumpeln begann, woraus ich schloß, daß man sich auf den Empfang Mr. Creakles und Schüler vorbereitete. Ich hatte mich nicht geirrt. Es dauerte nicht lange, so kam der Besen in die Schulstube und verdrängte Mr. Mell und mich. Ein paar Tage lang mußten wir uns im ganzen Hause herumdrücken und waren beständig zwei oder drei Mädchen, die ich vorher nie gesehen hatte, im Wege und fortwährend so in Staub gehüllt, daß ich immerfort niesen mußte, als ob Salemhaus eine einzige große Schnupftabaksdose gewesen wäre.

      Eines Tags sagte mir Mr. Mell, daß Mr. Creakle abends ankommen werde. Nach dem Tee hörte ich, daß er da war. Vor dem Schlafengehen holte mich der Mann mit dem hölzernen Bein zu ihm. Mr. Creakles Teil des Hauses sah viel angenehmer aus als der unsere, hatte einen kleinen Garten, der sich sehr hübsch ausnahm verglichen mit dem staubigen Spielplatz, der so sehr eine Wüste in Miniatur war, daß sich bloß ein Kamel oder ein Dromedar darin hätten wohl fühlen können. Ich getraute mich kaum, alles das anzublicken, als ich zitternd durchging. Ich war so verschüchtert, daß ich kaum Mrs. Creakle oder Miß Creakle bemerkte oder überhaupt etwas anderes sah als Mr. Creakle, einen dicken Herrn mit einer mächtigen Uhrkette und Berloques daran, der in einem Lehnstuhl saß und Glas und Flasche neben sich stehen hatte.

      »So,« sagte Mr. Creakle, »das ist also der junge Herr, dem die Zähne abgefeilt werden müssen! Dreh ihn um.«

      Der Mann mit dem hölzernen Bein drehte mich um und zeigte das Plakat. Dann, als Mr. Creakle es gelesen, drehte er ihm wieder mein Gesicht zu und stellte mich neben ihn. Mr. Creakles Gesicht glühte förmlich, und seine kleinen Augen lagen tief im Kopf. Er hatte dicke Adern auf der Stirn, eine kleine Nase, ein großes Kinn, eine Glatze und spärliches, feucht aussehendes Haar, das anfing, grau zu werden, und so von den Schläfen nach oben gebürstet war, daß sich die Enden auf dem Scheitel begegneten. Was mir am meisten auffiel, war, daß er mit flüsternder Stimme sprach. Die Anstrengung, die ihn das kostete, oder das Bewußtsein, nicht lauter reden zu können, machten sein zorniges Gesicht noch zorniger, und die dicken Adern noch dicker beim Sprechen, so daß ich mich nicht wundere, wenn dieser Zug seines Äußern am lebendigsten in meiner Erinnerung fortlebt.

      »Was ist von dem Knaben zu melden?« fragte er.

      »Es liegt noch nichts gegen ihn vor,« erwiderte der Mann mit dem Stelzfuß. »Es hat sich noch keine Gelegenheit ergeben.«

      Mr. Creakle schien enttäuscht zu sein. Mrs. und Miß Creakle hingegen, die ich jetzt zum erstenmal ansah, und die beide hager und dünn waren, durchaus nicht.

      »Komm her,« sagte Mr. Creakle und winkte mir.

      »Komm her,« sagte der Mann mit dem Stelzfuß und wiederholte die Geberde.

      »Ich habe das Glück, deinen Stiefvater zu kennen,« flüsterte Mr. Creakle und nahm mich beim Ohr. »Er ist ein würdiger Mann und ein Mann von starkem Charakter. Er kennt mich und ich kenne ihn. Kennst du mich auch? He?« und er zwickte mich mit grausamer Scherzhaftigkeit ins Ohr.

      »Noch nicht, Sir,« sagte ich, vor Schmerz zurückweichend.

      »Noch nicht? He?« wiederholte Mr. Creakle. »Aber du wirst es bald. He?«

      »Wirst bald!« wiederholte der Mann mit dem Stelzfuß.

      Ich fand später heraus, daß er mit seiner starken Stimme als Mr. Creakles Sprachrohr den Knaben gegenüber auftrat.

      Ich war ganz verschüchtert und sagte, ich hoffte es, wenn er erlaubte.

      Mir war die ganze Zeit über, als ob mein Ohr in Flammen stünde, so fest hatte er mich gekniffen.

      »Ich will dir sagen, was ich bin,« flüsterte Mr. Creakle und kniff mich noch einmal zum Abschied, daß mir das Wasser in die Augen trat. »Ich bin ein Eisenschädel.«

      »Ein Eisenschädel,« sagte der Mann mit dem hölzernen Bein.

      »Wenn ich sage, ich will etwas tun, so tue ich es, und wenn ich sage, es soll etwas geschehen, so muß es geschehen.«

      »Soll etwas geschehen, so muß es geschehen,« wiederholte der Mann mit dem Stelzfuß.

      »Ich bin ein unbeugsamer Charakter. Das bin ich. Ich tue meine Pflicht. Die tue ich immer. Mein eignes Fleisch und Blut – er sah bei diesen Worten Mrs. Creakle an – ist nicht mehr mein Fleisch und Blut, wenn es sich mir widersetzt. Ich verstoße es. Ist der Kerl wieder dagewesen?« fragte er dann den Mann mit dem hölzernen Bein.

      »Nein,« war die Antwort.

      »Nein,« sagte Mr. Creakle. »Er weiß, warum. Er kennt mich. Er soll sich vor mir hüten. Ich sage, er soll sich vor mir hüten.« Und Mr. Creakle schlug mit der Faust auf den Tisch und sah Mrs. Creakle an. »Denn er kennt mich. Jetzt hast du angefangen, mich auch kennen zu lernen, junger Freund. Du kannst gehen. Führ ihn fort.«

      Ich war sehr froh, gehen zu dürfen, denn Mrs. und Miß Creakle wischten sich beide die Augen und ich fühlte mich ihretwegen noch unbehaglicher als meinethalben, aber ich hatte eine Bitte auf dem Herzen, die mich so drückte, daß sie heraus mußte, obgleich ich mich selbst über meinen Mut wunderte.

      »Verzeihen Sie, Sir.«

      Mr. Creakle flüsterte: »Ha, was ist das!« und bohrte seine Augen in meine, als ob er mich verbrennen wollte.

      »Verzeihen Sie, Sir,« stotterte ich, »wenn Sie mir erlauben wollten, Sir, – ich bereue doch so sehr, was ich getan habe, – den Zettel mit der Schrift abzulegen, ehe die Knaben zurückkommen –«

      Ob Mr. Creakle Ernst machte oder nur so tat, um mich zu erschrecken, weiß ich nicht. Aber er sprang mit solcher Heftigkeit von seinem Stuhle auf, daß ich eilig retirierte, ohne die Begleitung des Mannes mit dem Stelzfuß abzuwarten, und erst wieder in meinem Schlafzimmer Halt machte. Als ich mich nicht verfolgt sah, ging ich zu Bett und lag zitternd und bebend ein paar Stunden da.

      Am nächsten Morgen kehrte Mr. Sharp zurück. Mr. Sharp war erster Lehrer und stand über Mr. Mell. Mr. Mell aß mit den Schülern, er hingegen an Mr. Creakles Tisch. Er war ein schmächtiger, zart aussehender Mann mit einer großen Nase und einer Art, den Kopf auf der Seite zu tragen, als ob er ihm ein wenig zu schwer wäre. Sein Haar war sehr weich und gelockt. Der erste Schüler, der zurückkam, sagte, es wäre eine Perücke, – eine »abgelegte«, wie er es nannte, und Mr. Sharp ginge jeden Samstagnachmittag aus, um sie sich brennen zu lassen.

      Es war niemand anders als Tommy Traddles, der mir dies verriet. Er war der erste Knabe, der zurückkehrte. Er stellte sich mir mit den Worten vor, sein Name stünde in der rechten Ecke des Tors auf dem obersten Querbalken.

      »Traddles?« fragte ich, worauf Tommy erwiderte: »Derselbige.« Und dann forderte er von mir volle Auskunft über mich und meine Familie ab.

      Ein Glück für mich, daß Traddles zuerst zurückgekommen war. Ihm machte das Plakat so viel Spaß, daß er mich aus einer großen Verlegenheit rettete, indem er mich jedem einzelnen Jungen mit den Worten vorstellte: »Schau her, das ist ein Jux.« Ein weiteres Glück war, daß der größte Teil der Schüler sehr niedergeschlagen zurückkehrte und sich auf meine Kosten nicht so viel Späße erlaubte, als ich gefürchtet hatte. Einige tanzten allerdings um mich herum, wie wilde Indianer; die meisten konnten der Versuchung nicht widerstehen, zu tun, als ob ich ein Hund wäre, und mich zu streicheln und zu besänftigen, damit ich nicht bisse, und zu sagen: »Schön legen« und mich Schnapsel zu nennen. Das war natürlich unter so viel Fremden unangenehm und kostete mich manche Träne, aber im ganzen großen lief es viel besser ab, als ich mir vorgestellt hatte.

      In aller Form in die Schule aufgenommen galt ich jedoch nicht eher, als bis J. Steerforth ankam. Vor diesen Knaben, der für ungemein gelehrt galt und sehr hübsch aussah und mindestens ein halbes Dutzend Jahre älter war als ich, führte man mich wie vor einen Richter. Unter einem Schutzdach auf dem Spielplatz befragte er mich über die Einzelheiten meiner Strafe und geruhte seine Meinung dahin auszusprechen, daß das eine Affenschande sei und ein Riesenjux, wofür ich ihm für alle Zeit dankbar blieb.

      »Wie viel Geld hast du mit, Copperfield?« fragte er, als er nachher mit mir beiseiteging und