Название | Schattensamt |
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Автор произведения | Klara Chilla |
Жанр | Языкознание |
Серия | Der Clan der Selkies |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742796370 |
»Ich bin adoptiert«, sagte er, als wäre es nichts Aufregendes. »Adam und Mairee sind nicht meine leiblichen Eltern.«
Oliver schlug seinem Bruder, der neben ihm wie ein Gigant wirkte, auf die Schultern. »Niemand wollte dieses hässliche Baby damals haben. Meine Eltern hatten einfach ein zu weiches Herz und jetzt sieh, was dabei herausgekommen ist: Ein fleischverschlingender Riese, der wie Dünger für die grauen Haare auf unseren Köpfen ist.«
»Er isst doch nur so viel, um sein Sixpack zu erhalten, damit er jedem Mädchen im Umkreis von zehn Meilen den Kopf verdrehen kann.«
Alexander grinste mich dabei frech an, während Finn sein T-Shirt ein Stück hochhob. »Ich will auch bald ein Sixpack.«
»Das kriegt man aber nicht vom Pizzaessen, Blödmann«, sagte ich und klatschte mit der flachen Hand auf den leicht wabbeligen Bauch.
Alle lachten herzlich, und es herrschte eine Atmosphäre am Tisch, bei der man sich einfach nur wohlfühlen konnte. Auch Fearghas saß entspannt da, während Oliver auf ihn einredete.
Adoptiert, also. Wieso er wohl keine Familie mehr besaß? Ob er es wusste? Er wirkte jedenfalls mehr als zufrieden, als er sich unter den gutmütigen Schlägen seines Bruders duckte.
Nach dem Essen verabschiedeten sich Oliver und Cathy. Alexander schloss sich ihnen an, und am Tisch wurde es merklich ruhiger.
»Wollen wir Verstecken spielen?«, fragte Finn nach einer Weile.
»Es ist dunkel, Idiot«, sagte ich und verdrehte die Augen.
»Der Mond scheint.« Fearghas grinste und schenkte mir einen tiefen Blick. »Ich denke, das könnte interessant werden.«
»Ich suche zuerst!« Meine Mutter stand bereits begeistert auf, angetrieben von ihrer kindischen Natur, die sie einfach nicht unterdrücken konnte. Allerdings war mein Vater bereits noch vor ihr verschwunden. Da konnte man wirklich nur den Kopf schütteln.
»Eins!«
Ich rannte los, ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben, wohin ich mich wenden sollte. Mein Vater stand wieder einmal still und starr an einem Baum gelehnt da. Es war so offensichtlich, dass meine Mutter ihn in ihrem Eifer wahrscheinlich tatsächlich übersehen würde. Sie fiel meistens darauf herein. Im Vorbeihetzen sah ich, wie Fearghas meinem Bruder gerade auf einem Baum herauf half, dann folgte er ihm.
Mist! Wohin?
Hektisch sah ich mich um und stürzte dann kurzerhand zwischen die Stämme der uralten Eiche. Ich hatte mich kaum geduckt, als ich auch schon meine Mutter triumphierend rufen hörte: »Hab dich! - Ich habe euren Vater!«
Beinahe zielstrebig stapfte sie als nächstes zu mir, knipste die Taschenlampe an ihrem Handy an und strahlte mir damit gnadenlos mitten in die Augen. »Klara! Ha!«
Maulend richtete ich mich auf und folgte ihr zurück auf die große Wiese. Dort irrte sie noch eine Weile auf der Suche nach dem Rest herum. Aber auf die Idee in die Bäume nach oben zu leuchten, da kam sie natürlich nicht.
»Ich gebe auf!«, rief sie schließlich und zuckte zusammen, als genau hinter ihr die beiden aus der Tanne herabfielen wie überreifes Obst.
»Ich suche jetzt«, verkündete mein Vater fröhlich, als ich gerade gehofft hatte, dass die Spielerei vorbei sein könnte. Allerdings wollte ich diesmal auch nicht so schnell erwischt werden. Ich drehte mich um und rannte direkt auf einen Busch zu, der neben dem Pavillon stand und sich an seine Wand schmiegte. Mir war beim Beobachten von Fearghas aufgefallen, dass er ein wenig hohl von innen war. Ich warf mich davor auf den Boden und kroch unter die tiefhängenden Zweige. Da der Mond nicht bis hier herunter schien, tastete ich mich mit klopfenden Herzen voran. Plötzlich berührten meine Hände etwas Weiches, und ich hätte beinahe aufgeschrien.
»Pst, sei leise«, zischte mir da Fearghas entgegen, griff nach mir und zog mich mit einem Ruck ganz unter den Busch.
»In was habe ich da gerade gefasst?«, fragte ich mit einem Anflug von Hysterie in der Stimme. Ich hasste es, wenn ich nicht sehen konnte, was ich berührte.
»Meine Hand, Klara«, wisperte er. »Es war bloß meine Hand.«
»Wir passen unmöglich beide unter den Strauch«, flüsterte ich und wollte mich rückwärts hinausschieben, aber Fearghas hielt mich fest und zog mich stattdessen noch näher an sich heran.
»Du musst nur ganz dicht bei mir liegen.«
Ich konnte das Grinsen in seinem Gesicht förmlich vor mir sehen, trotz der Dunkelheit. Mir wurde ziemlich warm und das, obwohl ich nur ein Top mit Spaghettiträgern anhatte. Ich hatte nicht gewusst, dass die Sommer in Schottland so heiß sein konnten. Und der Oberkörper, den ich in meinem Rücken spürte, war eindeutig nicht dazu beschaffen, mich abzukühlen.
»Behalte ja deine Finger bei dir«, sagte ich möglichst scharf, was nicht so einfach war, wenn man dabei nur flüstern konnte. Innerlich tippte ich mir dabei gegen die Stirn. Ich war eindeutig ein wenig merkwürdig. Da lag ich mit dem heißesten Schotten überhaupt unter einem Busch und hatte nichts Besseres zu tun, als mich wie eine alte Jungfer aufzuführen. Leider konnte ich an dem Zucken, das seinen Oberkörper durchlief, bemerken, dass Fearghas darüber lachte. Gut gemacht, Klara, dachte ich grimmig. Du machst das schon.
Plötzlich wurden die Zweige auseinandergerissen, und das fahle Licht des Mondes fiel auf mein Gesicht und das von Fearghas, nehme ich jedenfalls an.
»Ich hab sie!«, schrie da mein Bruder. »Bah! Ihr habt doch wohl nicht etwa geknutscht?« Der Ekel tropfte aus seinem Mund, wie sonst das Fett, wenn er seine Pizza aß.
»Spinnst du? Idiot!«, brüllte ich zurück und kroch wütend und immer noch erhitzter, als es mir guttat, aus dem Gebüsch.
»Leider nicht«, hörte ich Fearghas hinter mir leise lachen. Dieser schlichte Satz war die Zündschnur für die Rakete, die in meinem Gesicht explodierte und es mit Rot überschüttete. Glücklicherweise war das Mondlicht nicht so hell, dass es die anderen bemerken konnten. Als Dankeschön versetzte ich meinem Bruder einen Schlag auf den Hinterkopf und marschierte davon. Ich jedenfalls hatte genug von diesen kindischen Spielereien.
*
Nur allzu gerne hätte ich mir am nächsten Tag den Besuch in dem Zoo gespart, aber ein wenig neugierig war ich schon auf die kleinen Seehundbabys, die es dort geben sollte. So marschierten wir also frühzeitig durch den Eingang. Viel zu früh, wie ich fand. Denn meine Mutter hatte mich mitten aus dem Tiefschlaf gerissen, nur damit wir mal wieder unter den ersten Besuchern waren. Meine Eltern waren unsagbar stolz darauf, dass wir meist schon mit den Attraktionen durch waren, bevor die breite Masse kam. Ihr Motto lautete da ganz klar, immer zu Einlassbeginn bei jedem Park oder Ähnlichem aufzuschlagen. Das hatte auf jeden Fall den Vorteil, dass außer uns noch kaum jemand hier zu sein schien. Hinter dem Eingang befand sich ein Wald mit hohen Fichten und Tannen. Aus Baumstämmen geschnittene urige Bänke standen am Rand. In die geschwungenen Seiten hatten jemand kunstvoll verschiedene Tiere geschnitzt. Ein Schild in einem Baum wies uns auch darauf hin, dass wir uns in einem Wald mit vielen Eichhörnchen befanden. Doch wir hielten vergeblich Ausschau nach den putzigen Tierchen. Keiner von uns konnte auch nur eine Schwanzspitze entdecken. Nachdem wir das kleine Waldstück hinter uns gelassen hatten, standen wir vor einer Reihe niedriger Gebäude. Eine Hinweistafel zeigte uns den Weg zu den verschiedenen Tieren. Auch ohne diese Tafel hätten wir kaum die falsche Richtung einschlagen können. Wenn ich mich nicht täuschte, war das ganze Gelände nicht sonderlich weitläufig und das Ende schon jetzt zu erkennen. Wir folgten einem Rundweg, der uns an verschiedenen Gehegen mit heimischen Tierarten und Aquarien vorbeiführte, bis wir schließlich zu einem Außenbecken geleitet wurden. Drei dunkel glänzende Seehunde schwammen ein wenig träge durch das Wasser.
»In etwa zehn Minuten gibt es eine Fütterung der Seehundbabys. Sollen wir die uns ansehen?«, fragte mein Vater und deutete auf eine Tafel an der Wand. Direkt