Название | 20.000 Meilen unter dem Meer - Band 2 |
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Автор произведения | Jules Verne |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783753196770 |
– Das nenn' ich nicht »Land«, erwiderte der Canadier. Und zudem sind wir nicht auf, sondern unter demselben.«
Zwischen dem Fuß der Gebirgswände und dem Wasser des Sees zog sich ein sandiger Uferrand, der, wo am weitesten, fünfhundert Fuß breit war. Auf diesem sandigen Rand konnte man leicht um den See herum gehen. Aber die Basis der hohen Wände bildete ein unebener Boden, worauf malerisch aufgeschichtete vulkanische Felsblöcke und ungeheure Bimssteine lagen. Alle diese durcheinander geworfenen Massen, durch die Einwirkung der unterirdischen Feuer mit einem glatten Schmelz bedeckt, warfen, wenn die elektrischen Strahlen der Leuchte sie trafen, einen schimmernden Glanz zurück. Der Glimmerstaub des Ufers, den unsere Tritte erregten, flog auf gleich einer Wolke von Funken.
Der Boden erhob sich merklich, sowie man sich von dem Wasser entfernte, und wir gelangten bald zu langen, gewundenen Auswegen, wahren Anbergen, welche allmälig hinauf zu kommen gestatteten, aber man mußte inmitten dieser, von keinem Bindemittel zusammengehaltenen Haufen vorsichtig schreiten, und der Fuß glitt auf diesen glasartigen Trachyten, die aus Krystallen von Feldspath und Quarz gebildet waren.
Die vulkanische Natur dieser enormen Höhlung bestätigte sich allerwärts. Ich machte meine Gefährten darauf aufmerksam.
»Können Sie sich vorstellen, fragte ich sie, wie dieser Trichter sein müßte, wenn er mit siedender Lava sich füllte, und das Niveau dieser glühenden Masse bis zur Mündung des Berges stieg, wie das siedende Metall über die Wände des Gießofens?
– Ich kann mir's völlig so vorstellen, erwiderte Conseil. Aber kann mir mein Herr sagen, weshalb der große Gießer seine Verrichtung eingestellt hat, und woher es kommt, daß an die Stelle des Gießofens ein See mit so stillem Wasser getreten ist?
– Sehr wahrscheinlich, Conseil, weil irgend eine gewaltsame Zerklüftung unterhalb der Meeresoberfläche diese Oeffnung hervorgebracht, welche dem Nautilus zur Einfahrt gedient hat. Da stürzten die Wasser des Atlantischen Meeres in's Innere des Berges hinein. Es gab dann einen fürchterlichen Kampf zwischen beiden Elementen, aus welchem Neptun als Sieger hervorging. Aber es sind seitdem viele Jahrhunderte verflossen und, der vom Wasser überwältigte Vulkan hat sich zu einer friedlichen Grotte umgewandelt.
– Sehr richtig, versetzte Ned-Land. Ich lasse die Erklärung gelten, aber ich bedauere in unserm Interesse, daß diese Oeffnung, wovon der Herr Professor spricht, nicht oberhalb des Meeresspiegels entstanden ist.
– Aber, Freund Ned, erwiderte Conseil, wäre diese Oeffnung nicht unter der See gewesen, so hätte der Nautilus nicht dahin gelangen können!
– Und ich will hinzufügen, Meister Land, die Wasser wären dann nicht unter dem Berg eingedrungen, und der Vulkan wäre Vulkan geblieben. Ihr Bedauern ist also überflüssig.«
– Wir stiegen weiter aufwärts. Die Aufwege wurden immer steiler und enger. Mitunter wurden sie von tiefen Schluchten unterbrochen, über welche man setzen mußte. Ueberhängende Massen mußten umgangen werden. Man glitt auf den Knieen, man rutschte auf dem Bauch. Aber mit Hilfe der Geschicklichkeit Conseil's und der Kraft des Canadiers wurden alle Hindernisse überwunden.
In einer Höhe von etwa dreißig Meter änderte sich die Beschaffenheit des Bodens, ohne daß er darum bequemer zu passiren wurde. An der Stelle der Conglomerate und Trachyte traten schwarze Basalte; diese zogen theils in blasigen Streifen, theils bildeten sie regelmäßige Prismen, die sich wie eine Colonnade reiheten, auf welcher das ungeheure Gewölbe ruhte, ein staunenswerthes Muster natürlicher Architektur. Sodann schlängelten sich weithin Gänge kalt gewordener Lava mit Harzstreifen durchzogen, und stellenweise bereiteten sich weite Schwefellager. Durch den oberen Theil des Kraters fiel ein stärkeres Licht herein und übergoß mit einem Dämmerschein alle diese, für immer im Schooße des erloschenen Gebirges vergrabenen vulkanischen Auswürfe.
Doch wurde unser Aufsteigen bald auf einer Höhe von etwa zweihundertfünfzig Fuß durch unüberwindliche Hindernisse gehemmt. Die innere Wölbung ward überhängend, und wir mußten nun seitwärts um den See herum wandern. Auf dieser Stufe fing das Thierreich an mit dem Mineralreich zu ringen. Es ragten einige Gebüsche und selbst Bäume aus den Krümmungen der Wand. Ich erkannte Euphorbien und Heliotropien. Diese letzteren konnten freilich nicht sich der Sonne zuwenden, weil die Strahlen derselben nicht zu ihnen reichten; einige Chrysanthemumen wuchsen schüchtern neben Aloe mit langen, traurigen und kränkelnden Blättern. Aber zwischen den Lavagängen bemerkte ich kleine Veilchen, die noch leicht dufteten, und erquickte mich an dem köstlichen Geruch.
Wir waren zu einem Gebüsch gekommen, das mit starken Wurzeln die Felsen auseinander trieb, als Ned-Land ausrief:
»Mein Herr, ein Bienenstock!
– Ein Bienenstock! versetzte ich mit ungläubiger Miene.
– Ja! ein Bienenstock, wiederholte der Canadier, und da summen Bienen herum.«
Ich trat hinzu und mußte mich durch den Augenschein überzeugen. Es fanden sich da, an der Mündung eines Loches in einem hohlen Baume einige tausend dieser fleißigen Insecten, die auf den Canarischen Inseln sehr häufig sind, wo man auch den Honig sehr zu schätzen weiß.
Ganz natürlich wünschte da der Canadier sich mit Honig zu versehen, und er hätte mir's sehr übel genommen, wenn ich ihm hätte entgegen sein wollen. Er zündete mit seinem Feuerstahl ein Häufchen dürrer Blätter mit Schwefel vermischt an, und ließ den Rauch zu den Bienen dringen. Bald hörte das Summen auf, und die Waben lieferten einige Pfund duftenden Honig, welchen Ned-Land in seinem Ranzen barg.
»Wenn ich diesen Honig mit dem Teig vom Brodfruchtbaum menge, sprach er, bin ich im Stande, Ihnen einen schmackhaften Kuchen vorzusetzen.
– Potz! sagte Conseil, das giebt ja Lebkuchen.
– Lassen wir jetzt den Lebkuchen, sagte ich, und setzen unsern interessanten Spaziergang fort.«
Nachdem wir auf dem Pfade, worauf wir uns befanden, noch etwas weiter gegangen, lag der See in seiner ganzen Ausdehnung vor unseren Blicken. Die Leuchte ließ seinen riesigen Spiegel vollständig erkennen, wie er ohne Wellen und Runzeln war. Der Nautilus hielt sich völlig unbeweglich. Auf seiner Plattform und dem Ufer regte sich die Mannschaft gleich schwarzen Schatten, die mitten aus dem Lichtkreise sich deutlich hervorhoben.
In diesem Augenblick kamen wir um die höchste Spitze des Vordergrundes der Felsen, auf welcher das Gewölbe ruhte. Da sah ich, daß Bienen nicht die einzigen Repräsentanten des Thierreichs im Innern dieses Vulkans waren. Raubvögel schweiften und streiften hier und da im Dunkel oder flohen aus ihren Nestern auf Felsenspitzen. Es waren Sperber und schreiende Weihe. Auf den Abhängen gab's auch hübsche fette Trappen, die so schnell als ihre Läufe sie trugen, davon eilten. Man kann sich denken, wie der Canadier Lust nach einem solchen Braten bekam, und wie leid es ihm war, keine Flinte zur Hand zu haben. Er versuchte durch Steine das Blei zu ersetzen, und es gelang ihm auch, nach einigen fruchtlosen Versuchen, eins der prächtigen Thiere zu verwunden. Zwanzigmal, das ist reine Wahrheit, setzte er sein Leben daran, bis daß er es in seinen Sack zu den Lebkuchen bekam.
Darauf mußten mir uns wieder abwärts nach dem Ufer zuwenden, denn aus den Gebirgskamm konnten wir nicht gelangen. Ueber uns sah der klaffende Krater aus wie eine weite Brunnenmündung. Von dieser Stelle aus konnte man den Himmel ziemlich klar erkennen, und ich sah vom Westwind zerzaustes Gewölk ziehen, das mit seinen Nebelfetzen am Gipfel des Berges streifte, also in mäßiger Höhe, denn der Vulkan ragte nicht mehr als achthundert Fuß über den Meeresspiegel.
Eine halbe Stunde nach der letzten That des Canadiers waren wir wieder am inneren Ufer angelangt. Hier war die Flora durch ein dichtes Beet Meerfenchel repräsentirt, die kleinen Schirmpflänzchen, welche man gerne zum Einmachen verwendet. Conseil sammelt einige Büschel davon. Die Fauna zählte nach Tausenden, Schalthiere aller Art, Hummer, Krabben, Palämon, Feldspinnen, Seejungfern, und eine zahllose Menge von Muscheln, Porzellan-, Purpurschnecken, Napfmuscheln.
Hier öffnete sich eine prachtvolle Grotte. Wir genossen ein wahres Vergnügen, uns auf den feinen Sand hinzustrecken. Ihre Wände waren vom Feuer glatt emaillirt und funkelnd, ganz mit Glimmerstaub bestreut. Ned-Land betastete die Wände,