Wunderwelten. Ernst Friedrich Wilhelm Mader

Читать онлайн.
Название Wunderwelten
Автор произведения Ernst Friedrich Wilhelm Mader
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753196442



Скачать книгу

Ihnen in Adelaide und ich wünschte mir, Sie herzaubern zu können.“

      „Nun! Der Zauber ist gelungen!“ lachte Münchhausen: „Da bin ich. Und was mich herführt? Sie wissen, ich halte das untätige Herumsitzen auf dem Kulturboden nicht lange aus. Na, habe ich gedacht: Schaust einmal nach, was der olle Schultze macht; vielleicht plant er wieder irgendein famoses Unternehmen; da muss ich dabei sein! Und plant er keins, so will ich ihn aufrütteln und wir planen eines miteinander. He! Wie steht’s damit, Professorchen?“

      „Ich sage Ihnen, Sie kommen wie gerufen. Da, setzen Sie sich her, altes Haus.“

      Unterdessen drückte der Professor auf den Knopf der elektrischen Klingel und beauftragte den hierauf erscheinenden Diener, eine Flasche Wein und zwei Gläser zu bringen und alsdann im Esszimmer einen kalten Imbiss zu richten: „Das Feinste, was wir haben“, mahnte er: „Der Kapitän ist Feinschmecker.“

      „Oho!“ lachte dieser: „Habe ich mir nicht Termiten, Raupen und Rohrratten schmecken lassen, wenn es darauf ankam? Ich nehme alles, wie es kommt.“

      „Jetzt kommt aber etwas Besseres als afrikanische Hungerkost, alter Freund; und ich weiß, Sie nehmen das Bessere lieber an als das Schlechtere.“

      „Ein Narr, wer’s nicht tut! Aber nun, Professor, was planen Sie?“

      „Ich habe eigentlich gar nichts geplant; aber ein andrer: Sie erinnern sich wohl noch Lord Flitmores?“

      Münchhausen lachte, dass es dröhnte: „Auf so eine Frage kann doch nur ein weltfremder Professor verfallen! „Erinnern“ ist gut! Wenn man mit einem Manne, wie der Lord, solche Abenteuer erlebt, solche Kämpfe durchfochten und solche herrliche Stunden durchkostet hat, wie wir zwei beide, dann soll man ihn wohl vergessen können? Verzeihen Sie Professor, aber Ihre Frage ist ... na, wie soll ich sagen?“

      „Dumm!“ ergänzte Schultze, seinerseits lachend: „Sie haben recht, oller Seebär. Also! Hier habe ich einen Brief von Flitmore erhalten. Er schreibt, er habe eine kaum glaubliche Entdeckung gemacht.“

      „Kaum glaublich? Hören Sie, dem glaube ich alles, dem traue ich das Wunderbarste zu nach den Proben seines Erfindergenies, die er uns in Afrika gegeben.“

      „Das stimmt! Aber hören Sie: Er schreibt, seine Entdeckung hebe die trennenden Räume des Weltalls auf und gestatte Reisen nach dem Mond, nach den Planeten, vielleicht gar in die Fixsternwelt. Und nun lädt er mich ein, ihn auf seiner ersten Fahrt zu begleiten. Was halten Sie davon? Sollte er nicht doch ein wenig übergeschnappt sein?“

      „O, dass Sie Männer der Wissenschaft keine neue, erstaunliche Entdeckung ohne Zweifel begrüßen können! Wenn die Professoren darüber zu entscheiden hätten, alle genialen Erfinder kämen ins Irrenhaus! Ich sagte Ihnen, dem Lord traue ich alles zu. Er ist ein Genie. Telegraphieren Sie ihm nur gleich, ob er mich mitnimmt? Ha, das gibt eine Reise! Das ist noch nie da gewesen, außer in der Phantasie kühner Schriftsteller: Da muss ich mit!“

      „Das ist es ja gerade: Lord Flitmore bittet mich, ihn zu begleiten, da er weiß, dass ich mich in den letzten Jahren ganz auf die Astronomie geworfen habe und er meine Veröffentlichungen auf diesem Gebiet mit Interesse und Beifall verfolgte, wie er schreibt. Dann aber fragt er nach Ihnen und nach Ihrer Adresse. Er ist voll Bewunderung für das Automobil, das Sie erfanden, und mit dem wir Australien durchforschten.“

      „Ja, ja, die Lore!“ schmunzelte der Kapitän: „Sie war kein übler Gedanke. Aber nach dem Mond — ne! Das hätte sie doch nicht geleistet“.

      „Also, bei Ihren technischen Kenntnissen und Ihrer Erfindungsgabe auf diesem Gebiet glaubt der Lord keinen besseren Ingenieur und Kapitän für sein Weltschiff finden zu können, als Sie, und wäre höchlichst erfreut, Sie für das Unternehmen gewinnen zu können.“

      „Topp!“ Rief Münchhausen begeistert: „Wann reisen wir?“

      „Holla!“ lachte Schultze: „Nicht so eilig, alter Freund! Sie sind ein unüberlegter Jüngling. Bedenken Sie“, fuhr er ernst werdend fort: „Das Wagnis ist mehr als kühn: Es geht auf Tod und Leben. Der Lord verfehlt nicht, dies ausdrücklich hervorzuheben: Kein Mensch kann wissen, welche Gefahren und welch ungeahnte Katastrophen dem Erdenbürger drohen, der seinen heimischen Planeten verlässt und sich über die Atmosphäre in die Leere des Weltenraums erhebt.“

      „Ging es etwa in Afrika und Australien und wo wir sonst noch forschten, nicht auch auf Tod und Leben? Ahnten wir im Voraus die Gefahren, denen wir entgegengingen?“

      „Wohl! Aber es waren irdische Gefahren.“

      Der Kapitän zuckte die Achseln: „Hören Sie, Sie tüfteliger Professor: Todesgefahr ist Todesgefahr, ob sie nun auf der Erde oder über der Erde droht, ist meines Erachtens völlig einerlei: mehr als unser Leben können wir hier oder dort nicht verlieren. Aber wer soll noch sonst mit? Auf die Reisegesellschaft kommt bei so etwas viel an.“

      „Eine große Gesellschaft wird es nicht werden: Zunächst wird die Gattin des Lords ihn begleiten.“

      „Schau, schau! Mietje! Allen Respekt! Ein beherztes Frauenzimmer ist sie stets gewesen, das hat sie uns damals in Ophir zur Genüge bewiesen.“

      Schultze aber fuhr fort: „Ferner Flitmores Diener, John Rieger.“

      „Freut mich, freut mich! Eine edle, treue Seele und ein gelungener Mensch. Er befindet sich also immer noch in des Lords Diensten?“

      „Allerdings, und er hat sich zum tüchtigen Mechaniker ausgebildet, wie ihn Flitmore als eifriger Automobilfahrer braucht. Endlich will noch mein junger Freund Heinz Friedung sich uns anschließen. Ich riet ihm vergebens ab. Er ist Feuer und Flamme für die Weltreise.“

      „Hören Sie, Professor, den jungen Mann habe ich in mein Herz geschlossen, seit wir unsre Reise nach den Unnahbaren Bergen mit ihm machten. Das gibt eine famose Reisegesellschaft! Was treibt denn unser Heinz seither und wo weilt er?“

      „Er hat sich auf die Sprachwissenschaften geworfen und lebt hier in Berlin als Privatdozent. Er beginnt, sich einen Namen zu machen und hat, wie er mir anvertraute, eine epochemachende Entdeckung auf seinem Gebiet gemacht, doch verrät er noch nichts Näheres davon.“

      Der Diener meldete, dass der Imbiss bereitstehe.

      Die Beiden tranken ihre Gläser leer und begaben sich nach dem Speisezimmer.

      2. Sannah, das Weltschiff.

      Eine Woche später landeten Schultze, Münchhausen und Heinz Friedung in Brighton und fuhren dann mit der Bahn nach Lord Flitmores Besitzung, die sich in der Grafschaft Sussex befand.

      Ein prächtiges altes Schloss, von einem ausgedehnten Park umgeben, an den Felder, Wiesen und Waldungen stießen — ein ganzes kleines Königreich — wurde den Ankömmlingen als des Lords Residenz bezeichnet.

      Von weitem schon konnte man über die Baumwipfel eine Riesenkugel emporragen sehen, die im Sonnenschein glitzerte.

      „Das ist des Lords Weltschiff!“ Rief Heinz Friedung.

      Schultze schüttelte den Kopf: „Dies Fahrzeug muss ein fabelhaftes Gewicht haben“, meinte er: „Wie sich Flitmore damit in die Luft erheben will oder gar über die Atmosphäre, ist mir rein unerfindlich.“

      Der Kapitän aber entgegnete: „Brauchen Sie auch nicht zu erfinden, Professor! Seien Sie getrost, das Genie unsres englischen Freundes hat zweifellos die Aufgabe gelöst, sonst hätte er uns nicht zur Fahrt eingeladen.“

      Lord Flitmore hatte die Gäste um diese Stunde erwartet und kam ihnen mit seiner jugendlichen Frau bis an das Parktor entgegen.

      Er war ein hochgewachsener Mann mit rötlichem Backenbart. Eine ernste Würde verlieh ihm etwas Steifes, echt Englisches; doch das war nur äußerlich: Obgleich er nicht viel Worte machte und seine Begrüßung ziemlich trocken klang, merkte man doch die warme Herzlichkeit und die aufrichtige Freude heraus.

      Mietje, seine Gattin, eine geborene Burin aus Südafrika, gab sich keinerlei Mühe, ihre Gefühle hinter gemessener Würde