Die Fünfundvierzig. Alexandre Dumas

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Название Die Fünfundvierzig
Автор произведения Alexandre Dumas
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754178560



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schien, als die aller anderen.

      »Das ist doch wenigstens ein Erträglicher,« murmelte er.

      Ernauton stieg wieder zu Pferde, der Page war ihm, gleichsam absichtslos, aber nicht langsam, vorangegangen und hatte sich schon mit der Gruppe der übrigen vermischt.

      »Öffnet das Tor,« rief Loignac, »und laßt diese sechs Personen und die Leute ihres Gefolges hinein.«

      »Vorwärts, rasch,« sagte der Page, »in den Sattel und marsch!«

      Ernauton wich abermals der Gewalt, die dieses seltsame Geschöpf über ihn ausübte, und da das Tor offen war, so gab er seinem Pferd den Sporn und drang, von dem Pagen geleitet, bis in das Herz des Faubourg Saint-Antoine.

      Loignac ließ hinter den sechs Auserwählten das Tor wieder schließen zur großen Unzufriedenheit der Menge, die nach Erfüllung der Förmlichkeit ebenfalls passieren zu dürfen glaubte und nun geräuschvoll ihre Mißbilligung äußerte. Meister Miton, der nach einem atemlosen Laufe querfeldein allmählich wieder Mut gefaßt hatte und dann, vorsichtig, schrittweise zurücklaufend, am Ende wieder auf seinen Platz zurückgekommen war, wagte es, einige Klagen über die Willkür der Soldateska laut werden zu lassen.

      Gevatter Friard, dem es gelungen war, seine Frau wiederzufinden, und der, von ihr beschützt, nichts mehr zu befürchten schien, erzählte seiner erhabenen Ehehälfte die Neuigkeiten des Tages, bereichert und geschmückt mit Kommentaren seiner Art.

      Die Reiter endlich, von denen einer von dem kleinen Pagen Mayneville genannt worden war, beratschlagten, ob sie nicht die Ringmauer umgehen sollten in der Hoffnung, irgendeine Bresche zu finden und durch diese Bresche in die Stadt hineinzukommen, ohne daß sie nötig hätten, sich länger an diesem oder einem andern Tore zu zeigen.

      Robert Briquet, der sah, daß er aus den Gesprächen der Reiter, der Bürger und der Bauern nichts mehr erfahren könnte, näherte sich immer mehr einer kleinen Baracke, die dem Torwart als Loge diente und durch zwei Fenster erhellt wurde, von denen eins gegen Paris, das andere gegen das Feld ging.

      Kaum hatte er sich auf seinem neuen Posten festgestellt, als ein Mann, der im schnellsten Galopp herbeieilte, von seinem Pferde sprang, in die Loge trat und am Fenster erschien.

      »Hier bin ich, Herr von Loignac,« sagte er.

      »Gut, woher kommt Ihr?« – »Von der Porte Saint-Victor.«

      »Euer Verzeichnis?« – »Fünf.«

      »Die Karten?« – »Hier sind sie.«

      Loignac nahm die Karten, untersuchte sie und schrieb auf eine Schiefertafel die Ziffer 5.

      Ebenso erschienen in rascher Folge noch 7 weitere Boten, und am Ende sah Loignacs Tafel folgendermaßen aus:

Porte Saint-Victor 5
Porte Bourdelle 4
Porte du Temple 6
Porte Saint-Denis 5
Porte Saint-Jacques 3
Porte Saint-Honoré 8
Porte Montmartre 4
Porte Bussy 4
Porte Saint-Antoine 6
45

      Gesamtsumme fünfundvierzig.

      »Nun öffnet die Tore, und es trete ein, wer will,« rief Loignac mit starker Stimme.

      Die Tore öffneten sich, und mit Getümmel und Lärm drängte alles vorwärts.

      Robert Briquet ließ die Flut verrauschen, dann ging er phlegmatisch durch das Tor und sagte: »Alle diese Leute wollten etwas sehen und haben nichts gesehen, nicht einmal in ihren Angelegenheiten; ich wollte nichts sehen und bin der einzige, der etwas gesehen hat. Das ist aufmunternd; fahren wir fort; doch wozu fortfahren? Ich weiß bei Gott genug. Wird es für mich von Nutzen sein, Herrn von Salcède in vier Stücke zerreißen zu sehen? Wahrlich! nein. Überdies habe ich auf die Politik Verzicht geleistet. Gehen wir zum Mittagessen; die Sonne würde Mittag bezeichnen, wenn es eine Sonne gäbe; es ist Zeit.«

      Er sprach es und kehrte nach Paris zurück mit seinem ruhigen, boshaften Lächeln.

      Die Loge des Königs Heinrich III. auf der Grève.

      Warf man einen Blick auf den Grèveplatz, so durfte man wohl sagen, daß Meister Friard rocht hatte, wenn er die Zahl der Zuschauer, die sich dort zu dem grausigen Schauspiel einfinden würden, auf hunderttausend berechnete. Ganz Paris hatte sich dort eingestellt. Paris versäumt kein Fest, und Salcèdes Tod war damals ein außerordentliches Fest.

      Der Zuschauer, dem es gelang, auf den Platz zu kommen, erblickte zuerst die Bogenschützen des Leutnants vom Stadtgericht Tanchon, und eine große Anzahl von Schweizern und Chevaulegers. Sie umgaben ein kleines, ungefähr vier Fuß hohes Schafott und erwarteten den Missetäter, dessen sich die Mönche seit dem Morgen bemächtigt hatten, und dem nach den Straftaten die Pferde entgegenharrten, um ihn die große Reise machen zu lassen.

      Unter dem Wetterdache eines nahen Hauses stampften wirklich vier kräftige Pferde mit prallen Kreuzen, weißen Mähnen, langhaarigen Füßen ungeduldig das Pflaster und bissen einander wiehernd zum großen Schrecken der Frauen, die diesen Platz freiwillig gewählt hatten oder gewaltsam dahin gedrängt wurden.

      Nächst den wiehernden Pferden und dem leeren Schafott zog die Blicke der Menge am meisten das mit rotem Samt und Gold ausgeschlagene Hauptfenster des Stadthauses an, über dessen Balkon ein mit dem königlichen Wappenschild verzierter Teppich von Samt herabhing, es war die Loge des Königs.

      Es schlug halb ein Uhr, als dieses Fenster, wie der Rahmen eines Gemäldes, sich mit Personen füllte. Zuerst kam Heinrich III., bleich, beinahe kahl, obgleich er zu dieser Zeit erst vierunddreißig Jahre alt war, während das Auge in seine schwarzblaue Höhle eingesunken war, und der Mund von Nervenzuckungen zitterte.

      Er erschien düster, mit starrem Blick, zugleich majestätisch und wankend, seltsam in seiner Haltung, seltsam in seinem Gang, mehr ein Schatten als ein Lebender, mehr ein Gespenst als ein König, ein für seine Untertanen stets unbegreifliches und von ihnen nicht begriffenes Geheimnis, denn wenn sie ihn erscheinen sahen, wußten sie nicht, ob sie: »Es lebe der König!« rufen oder für seine Seele beten sollten. Heinrich war in ein schwarzes Wams mit schwarzen Borten gekleidet; er hatte weder Orden noch Edelsteine; ein einziger Diamant, der als Agraffe für drei kurze, krause Federn diente, glänzte an seinem Toquet. Er trug in seiner linken Hand ein schwarzes Hündchen, das ihm seine Schwägerin, Maria Stuart, aus ihrem Gefängnis geschickt hatte, und auf dessen seidenem Fell seine feinen, weißen Finger wie alabastern glänzten.

      Hinter ihm kam Katharina von Medici, schon vom Alter gekrümmt, denn die Königinmutter war damals sechsundsechzig Jahre alt; doch den Kopf trug sie noch fest und gerade; unter ihrer gewohnheitsmäßig zusammengezogenen Stirn schleuderte sie einen scharfen Blick, aber trotz dieses Blickes war ihre Erscheinung unter ihren ewigen Trauerkleidern matt und kalt wie ein Wachsbild.

      Zugleich zeigte sich das schwermütige und sanfte Antlitz der Königin Luise von Lothringen, der scheinbar bedeutungslosen, in Wirklichkeit aber getreuen Gefährtin seines geräuschvollen und unglücklichen Lebens.

      Katharina von Medici ging einem Triumph entgegen, die Königin wohnte einer Hinrichtung bei, König Heinrich behandelte eine Angelegenheit, wie man dies auf der hochmütigen Stirn der ersten, der ergebenen der zweiten und auf der bewölkten und gelangweilten des dritten lesen konnte.

      Dahinter kamen zwei hübsche junge Leute: der eine von