Rudolf Cronau: Drei Jahrhunderte deutsches Leben in Amerika - Teil 2. Rudolf Cronau

Читать онлайн.
Название Rudolf Cronau: Drei Jahrhunderte deutsches Leben in Amerika - Teil 2
Автор произведения Rudolf Cronau
Жанр Документальная литература
Серия gelbe Buchreihe
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783753191836



Скачать книгу

      Der Protest der Deutschen von Germantown gegen die Sklaverei. Nach der in der Gesellschaft der „Freunde“ zu Philadelphia aufbewahrten Originalhandschrift.

Grafik 67

      Oh, die ihr solche Dinge tut, überlegt, ob Ihr in der gleichen Weise behandelt werden möchtet, und ob es sich mit wahrem Christentum verträgt. Ihr überbietet Holland und Deutschland in solchen Dingen. Es bringt euch in allen europäischen Ländern in Verruf, wenn sie dort hören, dass die Quäker hier Menschen in der gleichen Weise wie das Vieh verkaufen. Aus diesem Grunde zeigen manche keine Neigung, hierherzukommen. Denn wer könnte solches Tun verteidigen oder befürworten? Wir können es nicht; es sei denn, dass ihr uns überzeugt, dass Christen ein Recht haben, so zu handeln. Sagt, was könnte uns Schlimmeres widerfahren, als wenn Menschen uns rauben oder stehlen wollten, um uns von unseren Angehörigen zu trennen und als Sklaven in fremde Länder zu verkaufen? Einsehend, dass dies nicht die Art ist, in der wir mit uns verfahren sehen möchten, protestieren wir gegen diesen Menschenschacher. Und wir, die wir bekennen, dass es ungesetzlich ist, zu stehlen, müssen es gleichfalls unterlassen, Dinge zu kaufen, von denen wir wissen, dass sie gestohlen wurden. Wir sollten dagegen helfen, dass dieser Raub und Diebstahl unterdrückt werden. Die Sklaven aber sollten aus den Händen ihrer Räuber erlöst und in gleicher Weise freigegeben werden, wie in Europa. Dann wird Pennsylvanien einen guten Ruf erlangen, wohingegen es jetzt dieser Ursache wegen in anderen Ländern berüchtigt ist. Wir sollten dies umso mehr tun, als die Europäer begierig sind, zu erfahren, in welcher Weise die Quäker ihre Provinz regieren. Viele dieser Europäer beneiden uns. Wenn dies aber wohlgetan ist, was wäre dann vom Übel?

       Falls es diesen als dumm und hinterlistig verschrienen Sklaven einmal in den Sinn käme, sich zu vereinigen und für ihre Freiheit zu kämpfen und dann ihre Herren und Herrinnen in der gleichen Weise zu behandeln, wie diese sie behandelten, werden dann diese Herren und Herrinnen zum Schwert greifen und diese armen Sklaven bekämpfen? Manche würden, wie wir glauben, nicht zögern, dies zu tun. Aber hätten diese Neger nicht ebensogut das Recht, für ihre Freiheit zu kämpfen, als wie Ihr das Recht zu haben glaubt, sie als Sklaven zu halten?

      Nun erwägt diese Angelegenheit wohl, ob sie gut oder böse ist. Falls Ihr es für recht befindet, die Schwarzen in solcher Weise zu behandeln, so bitten und ersuchen wir euch hiermit liebevoll, uns darin zu belehren, was bis heute nie zuvor getan wurde, nämlich, dass es Christen ziemt, so zu verfahren. Einstweilen werden wir uns über diese Angelegenheit zufriedengeben, und gleichfalls unsere guten Freunde und Bekannte in der Heimat beruhigen, für welche es ein Schrecken und Abscheu ist, dass Menschen derart in Pennsylvanien behandelt werden.

      Dies ist von unsrer Versammlung in Germantown, abgehalten am 18. des 2. Monats 1688. Zu übergeben an die Monatsversammlung bei Richard Worrells.

      Garret Hendericks. Derick up de Graeff. Francis Daniell Pastorius. Abraham up den Graeff.“

      Die Monatsversammlung der Quäker fand das Dokument zu wichtig, als dass sie sich für zuständig hielt, einen Beschluss zu fassen. Sie überwies das Schriftstück der „Vierteljahrsversammlung“, die dasselbe aus den gleichen Gründen am 4. April an die „Jahresversammlung“ weitergab. Diese drückte sich am 5. Juli mit der Erklärung um die heikle Frage herum: „Es wurde hier eine von mehreren deutschen Freunden verfasste Schrift eingereicht, welche die Frage der Gesetzlichkeit oder Ungesetzlichkeit des Kaufs und Haltens von Negern betrifft. Man kam dahin überein, dass es dieser Versammlung nicht zustehe, ein positives Urteil über diese so viele andere Dinge berührende Frage abzugeben. Aus diesem Grunde unterließ man es, auf die Angelegenheit einzugehen.“

      Damit wurde das denkwürdige Schriftstück zu den Akten gelegt. Erst volle 155 Jahre später wurde es von dem Geschichtsforscher Nathan Kite wieder aufgefunden und am 13. Januar 1844 in der Quäkerwochenschrift „Friend“ zum Abdruck gebracht. Das Original, ein stark verwitterter Bogen in Folioformat, befindet sich noch heute im Besitz der Quäkergesellschaft der Friends in Philadelphia.

       Wenngleich der menschenfreundliche Pastorius die Abschaffung der Sklaverei nicht erlebte, so durfte er sich doch versichert halten, dass seine Anregung einst Früchte tragen werde. Bereits im Jahre 1711 kam in Pennsylvanien ein Gesetz zur Annahme: „An act to prevent the Importation of Negroes and Indians into the province.“ Es wurde zwar von der englischen Regierung sofort für ungültig erklärt, aber schon 1715 begannen die Quäker ernstlich sich gegen den überseeischen Sklavenhandel auszusprechen. 1730 gingen sie schon so weit, das Kaufen importierter Sklaven zu missbilligen.

      Unterdessen war, was an dem edlen Pastorius sterblich, längst zu Staub zerfallen. Er schied gegen Ende des Jahres 1719 aus dem Leben und wurde auf dem alten Quäkerfriedhof von Germantown begraben. Kein Nachweis ist vorhanden, an welcher Stelle die Gebeine des edlen Mannes ruhen, von dem sein berühmter, ihm im Tode vorausgegangener Zeitgenosse und Freund William Penn einst sagte: „Vir sobrius, probus, prudens et pius, spectatae inter inculpataeque famae“; „Nüchtern, rechtschaffen, weise und fromm, ein Mann von allgemein geachtetem und unbescholtenem Namen“.

Grafik 66

      Altes Haus in Germantown, in dem der Protest gegen die Sklaverei verfasst

       und geschrieben wurde. Nach einer alten Zeichnung.

       Auch nach Pastorius' Tode flossen die Jahre in Frieden über die deutsche Stadt hinweg. Keine Indianerkämpfe, Religionsstreitigkeiten oder Parteifehden wurden hier ausgefochten. Mit den benachbarten Quäkern, denen sich viele Mennoniten von Germantown förmlich anschlossen, unterhielt man die beste Fühlung. Zuwanderung aus Deutschland und den benachbarten Kolonien ließ das Städtchen Germantown rasch emporblühen. Von diesem Zuwachs erwies sich keiner so wertvoll wie die Einwanderung eines aus Laasphe in Westfalen stammenden Mannes, Christoph Saur, der im Jahre 1727 in Germantown anlangte.

      Nicht an Gelehrsamkeit, sicher aber an Vielseitigkeit war er dem edlen Pastorius über. Sagt doch eine handschriftliche Notiz von ihm: „Er ist ein sehr ingenieuser Mann, ein Separist, der auf die 30 Handwerke ohne Lehrmeister erlernet. Denn als ein Schneider ist er dahin nach Amerika gereiset und nun ein Buchdrucker, Apotheker, Chirurgus, Botanicus, groß und klein Uhrmacher, Schreiner, Buchbinder, Concipient der Zeitungen, der sich alle seine Buchdruckerwerkzeuge selbst verfertigt; ziehet auch Bley und Drat, ist ein Papiermüller, u. s. w.“

      In keiner seiner vielen Beschäftigungen erzielte Christoph Saur so große und nachhaltige Erfolge wie in der Druckerei.

      Die nach Pennsylvanien gekommenen deutschen Sektierer verfassten zahlreiche religiöse Erbauungsschriften, die sie in Philadelphia bei Andreas Bradford, Samuel Keimer und Benjamin Franklin drucken ließen. Sie mussten es sich allerdings gefallen lassen, dass ihre Andachtsbücher mit lateinischen Lettern gedruckt wurden, da gotische Typen bisher nicht nach Amerika gebracht waren. Seidensticker zählt in seiner Monographie: „German printing in America“ eine ganze Reihe solcher mit römischen Typen gedruckten Bücher auf. Welchen Wert die amerikanischen Drucker auf die Kundschaft der Deutschen legten, geht daraus hervor, dass Bradford im Jahre 1730 einen deutschen Kalender erscheinen ließ unter dem Titel: „Der Teutsche Pilgrim, mitbringend seinen sitten Calender. Auf das Jahr nach der gnadenreichen Geburt unseres Herrn und Heylands Jesu Christ MDCXXXI.“

      Benjamin Franklin wagte sich sogar an die Herausgabe einer deutschen Ausgabe seiner „Pennsylvania Gazette“. Er kündigte dieselbe am 11. Juli 1732 mit folgenden Worten an: „Am nächsten Samstag wird die Philadelphische Zeitung, ein Blatt in Hochdeutsch, herausgegeben werden. Dieselbe wird alle vierzehn Tage Samstags erscheinen. Auf dem Lande wohnende Subskribenten können sie um zehn Uhr in Empfang nehmen. Anzeigen werden vom Drucker der Zeitung wie auch von Herrn Louis Timothee, Sprachlehrer angenommen, welcher dieselben übersetzt.

       Diese Zeitung war mit römischen Lettern gedruckt. Eine Kopie der zweiten Nummer vom 24. Juni 1732 befindet sich in den Sammlungen der Historical Society of Pennsylvania. Gleich an der Spitze dieser Zeitung lässt Franklin sich folgendermaßen vernehmen: „Wiewohl ich geglaubt hätte, dass sich unter denen teutschen Einwohnern dieses Landes mehr Liebhaber sollten gefunden haben, die dieses zumahl vor junge