Der Heinrich-Plan. Irene Dorfner

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Название Der Heinrich-Plan
Автор произведения Irene Dorfner
Жанр Языкознание
Серия Leo Schwartz
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847647089



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Tempo gegen einen Baum gefahren. Man hat neben ihm einen Abschiedsbrief mit einem Geständnis bezüglich des Todes von Maximilian von Kellberg gefunden. Steinberger lässt uns die Unterlagen zukommen.“

      Leo legte auf, er musste sich erst einmal sammeln. Dieser vor Energie strotzende Tim ein Selbstmörder und Mörder? Das konnte er sich einfach nicht vorstellen, das passte einfach nicht. Oder hatte Tim tatsächlich etwas mit dem Tod von Maximilian zu tun? Er hatte ein ungutes Gefühl und beschloss deshalb, das vor Ort abzuklären.

      Daher rief er seine Kollegin einige Minuten später an.

      „Ich fahre umgehend nach Passau. Ich kann das mit Tim Mahler nicht glauben und muss mich selbst von den Umständen überzeugen. Ich habe bereits mit unserem Chef gesprochen und er hat mir grünes Licht gegeben. Albert Steinberger werde ich vorab nicht informieren und ich bitte dich, meinen Besuch in Passau nicht an die große Glocke zu hängen.“

      „Von mir erfährt keiner etwas, darauf kannst du dich verlassen. Ich bin froh, dass du dich selbst um die Sache kümmerst, denn auch ich bin davon überzeugt, dass da irgendetwas nicht stimmt. Ich habe diesen Tim doch gesehen, das passt einfach nicht zu ihm, da müsste ich mich schon schwer täuschen. Vor allem die Nachlässigkeit von Albert Steinberger mit dem Foto und die Tatsache, dass er die ganze Zeit nicht zu erreichen war, ist seltsam. Viel Glück und halte mich auf dem Laufenden.“

      Er telefonierte mit Georg Obermaier, der heute sehr früh einen Termin im Präsidium hatte und schilderte ihm die Situation. Danach führte er ein knappes Telefongespräch mit seiner Freundin, der Pathologin Christine Künstle, zog sich an und ging zu seinem Wagen. Zu seiner großen Überraschung fuhr Georg die Auffahrt hoch.

      „Georg? Was machst du denn hier?“ Leo war verblüfft.

      „Ich denke, das ist auch irgendwie mein Fall. Ich habe mich nach Absprache mit meinem Vorgesetzten entschlossen, dich zu begleiten,“ sagte Georg bestimmt. „Ich bin einfach davon ausgegangen, dass du nichts dagegen hast. Also, auf was warten wir noch?“

      Leo war vollkommen überrascht.

      „Was soll ich dagegen haben? Ich bin froh, dass du da bist.“

      Gegen 15.00 Uhr trafen sie bei der Polizei Passau ein. Leo war glücklich über das moderne und mit allem Komfort ausgestattete Fahrzeug. Er durfte auf keinen Fall vergessen, seinem Vorgesetzten Michael Zeitler nochmals dafür zu danken.

      Leos Handy klingelte, das Gespräch dauerte keine Minute. Sie parkten und gingen raschen Schrittes direkt in Albert Steinbergers Büro, der geschäftig über einigen Papieren saß. Er sah die beiden erstaunt an und begrüßte sie knapp. Man spürte sofort, dass ihm der Besuch nicht willkommen war.

      „Das ist mein Kollege Georg Obermaier,“ stellte Leo Georg vor. Die beiden nickten sich kurz zu. Leo kam sofort auf den Punkt. „Ich habe gehört, was mit Tim Mahler passiert ist. Geben Sie mir bitte die Unterlagen.“

      Albert Steinberger zögerte und schüttelte schließlich den Kopf.

      „Ich bin überrascht, dass Sie wegen des Selbstmordes von Tim Mahler extra hergekommen sind. Die Sache ist doch völlig klar. Ich habe die Akte Maximilian von Kellberg abgeschlossen und bereits veranlasst, dass Ihnen eine Kopie zugesandt wird. Das habe ich auch Ihrer Kollegin gesagt.“

      Leo wurde ungeduldig.

      „Was ist hier völlig klar? Ich verstehe Sie nicht.“

      Mit einem überheblichen Stöhnen nahm sich Steinberger die schmale Brille von der Nase.

      „Durch den Selbstmord von Tim Mahler ist doch klar, wer Maximilian getötet hat, oder?“

      Leo hätte diesem aufgeblasenen Kerl eine reinhauen können, riss sich jedoch zusammen.

      „Woher wissen Sie, dass es sich um Selbstmord und nicht um einen Unfall oder einen Mord handelt?“

      „Weil wir einen Abschiedsbrief haben, deshalb.“ Er kramte in einer schmalen Akte. „Hier, bitteschön. Überzeugen Sie sich selbst.“

      Leo las den mit Computer geschriebenen Brief, der lediglich aus zwei kleinen Zeilen bestand: Ich habe Maximilian getötet. Es tut mir leid, ich kann nicht mehr mit der Schuld leben. Der Brief war weder unterzeichnet, noch stand ein Name oder ein Datum darauf. Das könnte nun wirklich jeder geschrieben haben. Er konnte sich nicht helfen, aber hier stimmte etwas nicht, sein Misstrauen wuchs. Georg las den Brief ebenfalls, zog die Stirn in Falten und sah ihn an. Leo konnte deutlich erkennen, dass auch er nicht überzeugt war.

      „Sie sehen, Herr Schwartz, dass es sich eindeutig um Selbstmord handelt und Sie wieder nach Hause fahren können. Leider haben Sie den ganzen Weg nach Passau umsonst gemacht. Jetzt muss ich Sie leider bitten, zu gehen. Ich habe noch jede Menge Arbeit.“

      „Wo ist die Pathologie, Herr Steinberger? Ich möchte mir den Jungen ansehen.“

      Überrascht sah ihn Steinberger an.

      „Warum das denn?“

      „Wo ist die Pathologie?“, wiederholte Leo seine Frage.

      „Ich habe den Leichnam zur Beerdigung bereits freigegeben. Was soll das Ganze?“ Leo bemerkte, wie nervös Steinberger wurde.

      „Jetzt hören Sie mir mal zu, Steinberger. Ich möchte jetzt umgehend die Leiche sehen und Einsicht in die Akte nehmen, haben Sie mich verstanden?“

      „Das dürfen Sie gar nicht, das ist nicht Ihr Zuständigkeitsbereich. Sie dürfen hier lediglich wegen des Todes von Maximilian von Kellberg ermitteln, und nicht mehr. Jetzt machen Sie, dass Sie rauskommen, und zwar schnell,“ Steinberger wischte sich die Schweißperlen von der Stirn.

      „Da muss ich Sie leider enttäuschen, werter Kollege. Mein Vorgesetzter hat die Sache bereits mit Ihrem Vorgesetzten, Herrn Hartmann, abgeklärt, ich habe sehr wohl freie Hand. Vor einer halben Stunde bekam ich grünes Licht. Wenn Sie mir nicht glauben, dann rufen Sie Ihren Chef an.“

      Mit zittrigen Fingern wählte Steinberger Hartmanns Nummer und ließ Leo dabei nicht aus den Augen. Das Gespräch dauerte nicht lange.

      „Sie haben recht, tut mir leid,“ sagte Steinberger und übergab Leo die Akte Tim Mahler. Leo verließ ohne ein weiteres Wort Steinbergers Büro. Georg, der äußerst amüsiert das Gespräch verfolgt hatte, begleitete ihn.

      Sie fragten einen Polizisten nach dem Weg zur Pathologie und bekamen eine Wegbeschreibung. Sie fuhren zu der angegebenen Adresse, die in knapp fünf Minuten mit dem Wagen zu erreichen war.

      „Was war das denn, Leo? Hast du mit Steinbergers Widerstand etwa gerechnet?“, wollte Georg wissen, als Leo den Wagen vom Parkplatz des Polizeireviers fuhr.

      „Ich hatte kein gutes Gefühl bei der ganzen Sache und wollte mich absichern. Deshalb habe ich heute Morgen meinen Chef angerufen und ihn um Hilfe gebeten. Vorhin bekam ich den Bescheid, dass ich auch in der Sache Tim Mahler grünes Licht habe. Georg, glaube mir: Wenn du mit Tim Mahler gesprochen hättest, würdest du auch daran zweifeln, dass er sich das Leben genommen hat. Merkwürdig ist auch, dass er gerade auf dem Weg nach Ulm war, um ein Phantombild zu erstellen. Zufall? Ich kann mir auch beim besten Willen nicht vorstellen, dass dieser Junge seinen Freund Maximilian getötet haben soll. - Wir sind da,“ sagte Leo und deutete auf ein schlichtes Gebäude. „Ich habe eine Überraschung für dich.“

      Sie stiegen aus und betraten das Gebäude. Schon von weitem konnte Leo die Stimme seiner Freundin und Kollegin Christine Künstle hören, die einen hiesigen Kollegen lautstark beschimpfte.

      „Darf ich dir meine Kollegin Christine Künstle vorstellen, Georg?“, sagte Leo, als sie vor Christine und einem eingeschüchterten Mann standen. „Christine, das ist Georg Obermaier.“

      „Jaja, freut mich, freut mich,“ sagte sie genervt und gab Georg die Hand. „Gut, dass ihr da seid. Dieser sture Kerl hier verweigert mir den Zugang zu meiner Leiche. Ich habe ihm den Wisch gezeigt, der mich berechtigt, die Untersuchung vorzunehmen, aber der Kerl scheint meine Sprache nicht zu sprechen. Jetzt rücken Sie mir sofort die Leiche raus, oder Sie können