Renaissance 2.0. Christian Jesch

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Название Renaissance 2.0
Автор произведения Christian Jesch
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754127643



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      Renaissance 2.0

      Akeḿ

      Cetian

      Impressum

      Texte: Christian Jesch

       Umschlag: Christian Jesch

       Verlag: Selfpublisher

      www.cetian.de

      Druck: Selfpublisher

      Printed in Germany

      Kapitel 1

      "Nein", antworte Jikav auf die Frage des Kommandanten. "Ich werde nicht mit Ihnen kommen. Ich habe noch eine Mission, die ich erfüllen muss."

      "Ich verstehe", erwiderte Gentis und nickte kurz mit dem Kopf. "Ich hatte allerdings wirklich gehofft, Sie würden uns begleiten."

      "Sie werden es schon schaffen, die Renegaten anzuführen. Was sie brauchen ist nur ein wenig Selbstvertrauen, um aus Kaziirs Schatten zu treten."

      Der Kommandant nickte erneut, während er Jikav mit nur mäßiger Überzeugung anschaute. Selbstvertrauen. Aus dem Schatten treten. Der Junge hatte gut reden. Kaziir war nicht nur eine Anführerin gewesen, sie war eine Legende. Es ihr gleichzutun war völlig unmöglich. Er musste seinen eigenen Weg finden. Und das machte Gentis Angst. Der junge Renegat legte ihm die Hand auf die Schulter, worauf hin der Kommandant ihm in die Augen schaute. Keiner von beiden sprach ein Wort, doch jeder verstand den anderen nur zu gut.

      Das Geräusch eines aufheulenden Motors unterbrach die emotionale Situation. Beide schauten sich um. Die Amazone, welche Jikav hierher gebracht hatte, war auf ihre Maschine gestiegen und raste nun mit hoher Geschwindigkeit davon. Ihre Aufgabe würde nicht leicht sein, da sie den Tod einer der ganz Großen der Kriegerinnen zu verkünden hatte. Welche Auswirkungen dies haben würde, konnte sich Jikav sehr wohl vorstellen. Dazu musste er nur in die Augen von Tandra sehen, die nicht nur eine Schwester der Amazone war, sondern auch noch ihre Lebenspartnerin. Für sie war es doppelt schwer, den Verlust zu ertragen.

      Tandra hatte sich von der Gruppe zurückgezogen, nachdem sie mit anhören musste, dass Kaziir mit größter Wahrscheinlichkeit unter einem Haufen Schutt und Beton in der zerstörten Biosphäre Nuhåven begraben lag. Eine Welt brach für sie zusammen. Kaziir war über lange Jahr ein Leitfaden für sie gewesen. Sie hatte sich immer um Tandra gekümmert, ihr beigebracht, wie man überlebt. Sie war es, welche die junge Frau mit zu den Renegaten nahm und ihr durch die Ausbildung half, wenn sie aufgeben wollte.

      Tandra schaute dem Motorrad der Amazone hinterher, das nur einen knappen Meter von ihr entfernt in Richtung der Dædlænds verschwand. Kurzentschlossen stand sie auf, um sich zu Fuß auf den Weg zu den anderen Kriegerinnen zu machen. Diese würden mit Sicherheit eine Trauerfeier abhalten, damit Kaziirs Leben entsprechend geehrt wurde. Vielleicht konnte eine solche ihr helfen Kaziirs Tod besser zu verarbeiten. Ohne einen weiteren Gedanken zu verschwenden, drehte sie sich in die Richtung, in die das Motorrad gerast war und machte den ersten Schritt.

      "Was hast du vor?", hielt Jikav sie von ihrem Vorhaben ab. "Du willst doch wohl nicht planlos in den Dædlænds herumirren." Der junge Mann hatte ihr eine Hand auf die Schulter gelegt, die Tandra nun gedankenlos betrachtete.

      "Ich gehe zu den Amazonen. Vermutlich halten sie eine Feier für Kaziir ab. Da will ich dabei sein und mich gebührend von ihr verabschieden."

      "Das Gleiche habe ich gerade mit Gentis besprochen. Sobald wir alle in der Gruppe versorgt haben, die medizinische Hilfe brauchen, werden wir ihrer gedenken."

      "Glaubst du, das wird so sein, wie es die Amazonen machen werden? Ich denke, wir hatten ein innigeres Verhältnis zu ihr, als die Renegaten. Kaziir war weit mehr, als nur eine Legende. Sie war so etwas wie eine Mutter für uns. Und mit uns meine ich das Volk der Kriegerinnen, nicht die Renegaten."

      "Eventuell könnten wir die Gedenkfeiern zusammenlegen. Was meinst du?" Tandra drehte sich bei diesen Worten um und nahm ihn fest in den Arm. Schluchzend vergrub sie ihr Gesicht in seiner Brust. Jikav war zunächst ein wenig überrascht, legte dann aber seine Arme um sie und versuchte ihr so etwas wie Geborgenheit zu vermitteln.

      Gentis, der sich mit einigen anderen Renegaten um die Verletzten kümmerte, schaute nachdenklich zu dem verschlungenen Paar herüber. Am liebsten wäre er zu ihnen gegangen, um sich dem Kreis der Umarmungen anzuschließen. Er hatte jedoch andere Aufgaben zu erfüllen und durfte nicht in Mitleid ertrinken. Mit einem Ruck wendet er sich erneut den Menschen zu, die ohne ihn ihr Leben lassen könnten. Noch immer drängten einige Bewohner aus der Röhre, die unter der zerstörten Biosphäre entlang führte, heraus. Er schätzte die bisherige Gesamtzahl auf über dreihundert Personen, die alle versorgt und später dann auch irgendwo untergebracht werden mussten. Über den Güter- und Personenbahnhof war dies nicht mehr möglich. Der Kommandant hatte bereits eine Gruppe Renegaten an die ehemaligen Standorte dieser Verkehrsknotenpunkte geschickt, um die Lage zu sondieren. Beide waren vollständig zertrümmert und boten keine Möglichkeiten mehr mit der Bahn in Kontakt zu treten und um Hilfe zu bitten. Möglicherweise würde in einer Woche der übliche Güterzug ankommen, der sonst immer Nuhåven von Ͼapitis aus versorgt hatte. Doch darauf zu warten oder gar zu hoffen würde viel zu lange dauern. Daher ließ Gentis schwerverletzte Personen mit den wenigen Fahrzeugen der Renegaten, die sie retten konnten und die sie noch aus der Stadt bergen wollten, in die nächstgelegenen Städte ins Krankenhaus bringen. Dabei war es vollkommen egal, ob diese unter einer Biosphäre lagen oder im Freien. Hauptsache eine gute medizinische Versorgung, dachte er, als er einem weiteren Konvoi von Transportern hinterherschaute.

      Immer wieder blickte Jikav ebenso wie Gentis von ihren Positionen aus auf die Ruinen der zum Teil im Erdboden versunkenen Stadt. Drei der gewaltigen, gebogenen Stahlträger, welche zuvor noch die Kuppel getragen hatten, ragten wie die gekrümmten Finger eines Riesen aus dem Boden, als wollten sie nach etwas greifen. Zwischen diesen Finger waren noch Reste des gläsernen Gewölbes sichtbar. Was hatten sich die Proteqtoren nur bei dieser Aktion gedacht? War das ihre Antwort auf die Liga des Untergangs? Wollten sie so die Mutanten um Ysana herum eliminieren? Wenn es einen anderen Grund für die Vernichtung von Nuhåven gab, dann erschloss sich dieser keinem der beiden Männer.

      Es waren jetzt schon einige Stunden vergangen und die Anzahl an Neuankömmlingen hatte sich stark verringert. Viele liefen durch die Menge auf der Suche nach Verwandten, Bekannten, Freunden oder Familie. Allzu oft wurden sie enttäuscht. Und da, wo man sich wiederfand, flossen Tränen der Freude. Jikav, Gentis und Tandra hatten immer noch alle Hände voll damit zu tun, die Menschen zu versorgen. Dies tat besonders Tandra gut, da es sie ein wenig von ihrem Schmerz ablenkte. Dann wurde es laut und die Kriegerinnen trafen auf ihren Maschinen ein. Sofort beteiligten sie sich daran, die Hilfsbedürftigen zu verbinden und mit Medikamenten zu versorgen, was die Sache um ein Vielfaches beschleunigte. Schließlich konnte dann auch der Letzte aus dem provisorischen Lazarett entlassen werden.

      Alle Beteiligten atmeten tief durch. Jetzt konnten auch sie sich die Zeit nehmen, etwas für ihr Wohlbefinden zu tun. Nach einer guten halben Stunde wurden dann alle erneut ernst und man fing an, sich Gedanken über Kaziirs würdige Verabschiedung zu machen. Schlussendlich stimmte man den Amazonen zu, eine etwas abgewandelte Version ihrer üblichen Beisetzungen zu zelebrieren. Abgewandelt deswegen, da der Körper der Renegatenanführerin nicht geborgen wurde. Ebenso wenig sollte es ein anschließendes Gelage geben, wie es sonst der Fall war. Zumindest stellte Gentis von Anfang an fest, dass dies für die Renegaten nicht infrage kommen würde, da man eine Mission zu erfüllen hätte. Die letzte Mission, die Kaziir hinterlassen und die im Falle ihres Todes oberste Priorität haben sollte. Jikav stimmt dem zu, da auch er seine Mission mit klarem Kopf beginnen wollte.

      Kapitel 2

      Nachdem sich die Renegaten wie auch die Amazonen und sogar eine große Anzahl von Bewohner der ehemaligen Biosphäre in einer beeindruckenden Gedenkfeier von Kaziir verabschiedet hatten, war es auch für Jikav an der Zeit sich seinerseits von den Renegaten zu verabschieden. Ein letztes Mal sprach er Gentis Mut zu, schüttelte ihm die Hand und wendete sich dann zum Gehen. Weit kam er jedoch nicht, denn Thevog stellte sich ihm so plötzlich in den Weg, dass er beinahe in ihn gerannt wäre. Der Junge schaute Jikav mit großen Augen