Название | Veyron Swift und die Allianz der Verlorenen |
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Автор произведения | Tobias Fischer |
Жанр | Языкознание |
Серия | Veyron Swift |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738058499 |
Vanessa zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Aber er hat arschgeile Muskeln entwickelt. Vielleicht macht er es heimlich. Würde mich nicht wundern. Er sieht jetzt richtig verwegen aus mit dem ganzen schwarzen Zeug, das er trägt. Leder und Stahl, sogar seine Haare hat er sich schwarz gefärbt. Niemand traut sich mehr, ihn herumzuschubsen. Er ist ein Krieger.«
Tom versuchte, sich Ernie in Erinnerung zu rufen. Viel hatte er mit ihm nie zu tun gehabt. Aber es stimmte schon, was sie sagte. Ernie Fraud hatte sich verändert, abgesehen von seiner zurückgezogenen Art. Die schien allerdings umso ausgeprägter geworden zu sein.
»Aber immer noch ein Außenseiter, stimmt’s? Oder hat er inzwischen irgendwelche weiteren Freundschaften geschlossen?«, fragte er nach.
Nun schaltete sich Lilly in das Gespräch ein. Als Antwort schüttelte sie den Kopf. »Nein. Klar, jetzt wo er gut in Sport ist und verwegen aussieht, will jedes Mädchen mit ihm gehen, und jeder Junge will sein Freund sein. Aber Ernie lässt niemanden an sich ran. Früher wär er froh und dankbar gewesen, aber jetzt …«, sagte sie und zögerte, fortzufahren. Sie holte tief Luft. »Jetzt zeigt er nur noch Verachtung gegenüber den anderen. Er hat sich echt drastisch verändert. Das ist nicht mehr der Ernie, der letztes Jahr an die Schule kam. Nur zu Vanessa ist er nett.«
Tom fand diese Informationen sehr interessant. Da war eindeutig etwas faul an der Sache. »Also, was ist denn nun mit Ernie? Warum soll Veyron ihn aufspüren?«, wollte er wissen.
»Seit vier Tagen ist er schon nicht mehr in der Schule gewesen. Niemand weiß, wo er ist«, sagte Vanessa. Tiefe Besorgnis schwang in ihrer Stimme mit, und ein Schatten von Furcht huschte über ihr Gesicht.
»Was ist mit seinen Eltern? Wissen die etwas?«, fragte Tom nach, was Vanessa jedoch nur höhnisch auflachen ließ.
»Du kennst seine Eltern nicht! Sein Vater ist abgehauen, da war er gerade mal drei, und seine Mutter ist eine Alkoholikerin. Ernie ist ihr scheißegal«, schimpfte sie.
Tom lehnte sich in den Sessel zurück. Ernie wird halt ausgerissen sein, dachte er. Er erinnerte sich noch gut, wie er anfangs mit Veyron unter einem Dach ganz ähnliche Gedanken gehegt hatte. Seiner Meinung nach war Ernies Verschwinden ganz bestimmt kein Fall für Veyron. »Okay, also weiß seine Mutter nichts. Was also hindert euch daran, einfach zur Polizei zu gehen und Ernie als vermisst zu melden?« Er fragte es in einem recht unwirschen Ton, der Vanessa zusammenzucken ließ.
Lilly blieb ganz kühl. Wahrscheinlich dachte sie in dieser Angelegenheit ähnlich wie Tom.
»Lies dir das durch«, meinte Vanessa kleinlaut und reichte Tom ihr Smartphone. Sie zeigte ihm eine WhatsApp-Nachricht, die von Ernie stammte, Datum und Uhrzeit nach von heute Morgen.
Meine geliebte Ness,
ich wollte mich noch einmal bei dir melden. Dies wird unser Abschied sein. Ich gehe fort von hier, fort von dieser Welt, denn ich habe anderswo meine Berufung gefunden. Ich ziehe in den Krieg, um gegen das Unrecht zu kämpfen, gegen eine hinterhältige Bedrohung, die uns alle betrifft. Wenn ich zurückkomme, dann als ein Held, Ness. Denn ich weiß, dass ich meinen Beitrag zur Rettung der Welt geleistet habe. Lass uns dann heiraten und glücklich miteinander alt werden. Falls ich nicht zurückkehre, bin ich als Märtyrer für eine heilige Sache gefallen, und ich will, dass du mich so in Erinnerung behältst, wie wir uns zuletzt sahen und küssten. Ich werde dich für immer lieben.
Ernest
PS: Ich hab dir ein Buch geschickt. Lies es dir durch, dann wirst du alles verstehen.
Tom musste die Nachricht zweimal durchlesen, um zu begreifen, was Ernie damit meinte. Anschließend gab er Vanessa das Telefon zurück und musste tief durchatmen. »Ihr habt Angst, dass sich Ernie einer Terrororganisation angeschlossen hat? Das ist ernst, sehr ernst sogar«, sagte er.
Die Mädchen nickten stumm. Vanessa nahm ihre Handtasche und holte ein Buch heraus. Im gleichen Moment machte Toms Herz einen regelrechten Satz. Ihm blieb fast die Luft weg: Es war ein schwarz eingebundenes Buch. Zögernd nahm er es in die Hände und las vom Einband ab. Seine Nackenhärchen stellten sich auf, ihm schauderte. »Das Schwarze Manifest.«
»Es stehen lauter seltsame Sachen drin. Grauenhafte Dinge, Tom. Ich weiß nicht, was Ernie damit bezwecken wollte, als er schrieb, ich solle dieses Buch lesen, um ihn zu verstehen«, jammerte Vanessa. Sie kämpfte sichtlich gegen die Tränen.
Tom legte das Schwarze Manifest zur Seite und starrte es einen Moment an. Oh nein, dachte er. Alles, nur das nicht. Das gleiche entsetzliche Buch wie bei Henry Fowler. Ernest Fraud, der arme Ernie, auf den Spuren dieses grauenvollen Frauenmörders? Das darf nicht wahr sein!
Aber jetzt machten auch die anderen Sachen Sinn, die Ernie in seiner Nachricht geschrieben hatte. Etwa, dass er diese Welt verlassen würde. Ganz klar: Er ging nach Elderwelt und zog dort in den Krieg. Die Frage war nur, ob für die Sache des Dunklen Meisters oder dagegen. Doch darauf wollte er nicht wetten. Verflucht, dachte er verzweifelt. Ausgerechnet jetzt ist Veyron nicht da! Hab ich ihm nicht gesagt, dass er lieber die Sache mit dem Schwarzen Manifest weiterverfolgen soll? Wie schnell könnte er jetzt eine Lösung herbeiführen und dem Ursprung dieses Teufelswerks auf den Grund gehen? Doch nein, Veyron musste sich ja von dieser abscheulichen Schattenhexe bequatschen lassen!
Jetzt galt es, eine Entscheidung zu fällen, eine elementare noch dazu. Sollte er aufbrechen, um Veyron und Jane zur Seite zu stehen, oder auf eigene Faust versuchen, dem Geheimnis des Schwarzen Manifests auf die Spur zu kommen? Vielleicht könnte er dabei obendrein Ernie Fraud ausfindig machen und den Jungen vor einer unverzeihlichen Dummheit bewahren.
»In Ordnung, bleibt ganz ruhig«, sagte er an Vanessa und Lilly gewandt, die ihn besorgt anschauten. Sie hatten wohl bemerkt, wie ihn der Anblick dieses Buches in Panik versetzte. »Ich habe schon einmal ein Buch wie dieses gesehen. Als Erstes brauchen wir Hilfe«, fuhr er fort. Seine Gedanken rasten. Was sollte er nur tun? Warum war Veyron nicht hier? Aber darüber zu jammern, half jetzt auch nichts. Veyron war nicht da, also musste er allein die Entscheidungen fällen. Wäre ja nicht zum ersten Mal. Sein Instinkt riet ihm, Inspektor Gregson anzurufen. Doch der Inspektor war ein Mann des Gesetzes, und ihn zu informieren, wäre auch irgendwie ein Vertrauensbruch gegenüber Lilly und Vanessa. Zudem bezweifelte Tom, dass Gregson – so sehr er diesen Mann schätzte – in der Lage wäre, das Geheimnis des Schwarzen Manifests aufzuklären. Es bräuchte schon jemanden von Veyrons Verstand und Wesen, um das zu bewerkstelligen …
Plötzlich sprang er aus dem Sessel und eilte hinaus auf den Flur. »Ich muss nach Camden. Jetzt sofort«, rief er Vanessa und Lilly zu, die überrumpelt auf der Couch sitzen blieben.
»Sollten wir nicht besser auf deinen Onkel warten?«, wollte Lilly vorsichtig wissen, doch Tom schüttelte den Kopf.
So schnell er konnte, rannte er in sein Zimmer hinauf, schnappte sich seinen Rucksack und nahm seinen Geldbeutel mit. Dann huschte er in Veyrons Arbeitszimmer, wo er alle möglichen Dinge in den Rucksack stopfte, die ihm vielleicht noch nützlich werden könnten.
»Tom, was ist denn nur los«, hörte er Vanessa hinter sich jammern.
Er drehte sich zu ihr um. Lilly und sie standen auf der Treppe und starrten ihn entgeistert an.
»Die Sache ist ernst, Mädels. Wir können nicht auf Veyron warten, wenn wir Ernie retten wollen. Doch genau dafür brauchen wir Hilfe. Darum muss ich nach Camden«, erklärte er.
»Keine Polizei«, flehte Vanessa und hob abwehrend die Hände.
Tom nickte hastig. »Nein, keine Polizei. Habt ihr beide für heute nichts mehr vor? Gut, dann los. In Camden gibt es einen Mann, der uns helfen kann, Ernie aufzuspüren. Das ist der erste Schritt. Alles Weitere sehen wir dann schon. Auf geht’s!«
Ohne auf die Antwort der Mädchen zu warten, eilte Tom die Treppe nach unten und hinaus zur Tür. Es dauerte nicht lange, bis ihm Vanessa und Lilly folgten.
An der Bushaltestelle meinte Lilly schließlich, dass es klüger wäre,