ich war in reges Treiben verfallen. Ich richtete das Bett, bürstete mein hellbraunes Haar und wechselte meine Kleidung, sodass ich statt einer braunen Hose und einem dunkelgrünen Hemd jetzt ein hellblaues Blusenkleid trug, das nur für besondere Anlässe gedacht war. Zusammen mit den anderen verließ ich den Raum und fuhr mit dem Lift ins Erdgeschoss. Dort angekommen empfing uns, als sich die Aufzugtüren öffneten, ein bizarres Bild. In edelsten seiden Anzügen gekleidete Männer standen neben anderen, die gerade einmal eine lumpige Hose und ein zerrissenes Hemd trugen, Frauen standen nebeneinander, die eine im dreckigen Kittel, die andere in einem halben Ballkleid. Dieser Tag war wohl einer der wenigen, an dem so viele verschiedene Schichten an einem Ort versammelt waren. Ann, Juth und ich stellten uns neben den Empfangstresen, Thetris hatte wohl irgendeinen Kumpel aus Coalman entdeckt. Ich ließ den Blick über die vielen Menschen schweifen, die die Eingangshalle gänzlich ausfüllten. Unter den Prüflingen, von denen manche von einem Erwachsenen begleitet wurden, waren alle Altersklassen zwischen sieben und achtzehn Jahren vertreten. Die Preisrichter akzeptierten als neue Preisrichter also nur Kinder oder Jugendliche, wahrscheinlich, weil sie noch besser formbar waren, besser zu erziehen, besser in die Lebensweise der Preisrichter zu integrieren. Wieder kam die „Was wäre wenn- Vision“ in mir hoch. Wenn ich mich weiter verborgen hätte… Vielleicht hätte ich ja bleiben können… Vielleicht, wenn ich erwachsen gewesen wäre, hätten sie mich nicht mehr nehmen wollen… Ich schüttelte die sinnlosen Gedanken ab. Ich war von den Preisrichtern geholt worden. Das war eine Tatsache und ich würde wohl besser daran tun, diese zu akzeptieren und mich der Wirklichkeit zuzuwenden, schließlich hatte ich eine Prüfung zu bestehen. Neben mir hörte ich einen Vater auf sein Kind einreden, eine Mutter nahm ihren kleinen Jungen in den Arm. Wie viel würde ich darum geben, dass meine Mutter jetzt da war und mich in den Arm nahm, mir Mut zusprach. Hinter mir hörte ich die Schritte von hohen Absätzen im Gang widerhallen. Um die Ecke bog eine Frau mittleren Alters. Ihre blonden, kinnlangen Haare und ihre enge, grüne Hose und das dazu passende Sakko verliehen ihr eine strickte und harte Hülle. Sie stellte sich hinter den Tresen und schon nach den Begrüßungsworten, die sie mit ihrer kühlen Stimme wie Nebelschwaden in die Menge sande, war der ganze Saal in eine Totenstille verfallen. „Ich begrüße euch, Prüflinge, hier im Diamond Tower, dem Hauptsitz der Preisrichter. Ihr seid hier, um die Prüfung zu bestehen, die Prüfung, die entscheiden wird, ob ihr einer von uns, den Preisrichtern, werdet oder, aber ich denke, das wisst ihr schon.“
Sie lächelte in die Runde. Ihr Lachen verzerrte ihr Gesicht wie eine Maske, Wärme strahlte es nicht aus. Für mich sah es eher wie eine Morddrohung aus.
„Sie tut ja gerade so, als würde es die Preisrichter kümmern, wenn diejenigen, die durchfallen, Preislose werden“, flüsterte mir Juth ins Ohr.
Überall in der Eingangshalle war Gemurmel aufgekommen. Die Preisrichterin verschaffte sich mit einem Räuspern wieder Gehör.“ Mehrere Preisrichter werden als Jury jeden einzelnen Prüfling testen. Ich bitte die Eltern ihre Kinder von hier an allein zu lassen, alle Prüflinge folgen mir bitte.“
Die Frau bog nach links in den endlosen Gang, der zum Saal führte, in dem Leos Zeremonie stattgefunden hatte und bald war mir klar, dass genau dieser unser Ziel war.