Sie träumte von Liebe. Christina Bartel

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Название Sie träumte von Liebe
Автор произведения Christina Bartel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742750358



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vorbei sein kann.“

      Brian und Rachel blieben die ganze Nacht über im Krankenhaus. Während Rachel einige Stunden schlief, saß Brian unentwegt am Bett seiner Schwester, hielt ihre Hand und sprach leise zu ihr. Joans Zustand war nach wie vor bedenklich. In der Nacht hatte sie Fieber bekommen und man bezweifelte, dass sie überleben würde.

      Nach einer zermürbenden Nacht auf der Intensivstation fand Brian am nächsten Tag endlich eine Krankenschwester, die in der Unfallnacht Dienst gehabt hatte. Er erhoffte sich, von ihr mehr Informationen zu erhalten, als das wenig Aufschlussreiche von Dr. Cooper.

      „Wir haben nur sehr wenige Informationen erhalten, Sir“, sagte die junge Schwester mit Bedauern zu Brian und Rachel. „An dem Unfall waren zwei Autos beteiligt und anscheinend hat Miss Farley als einzige überlebt.“

      „Wissen Sie, wer die anderen Personen waren?“, harkte Brian nach.

      „Soweit ich hörte, zwei Männer. Ein etwa vierzigjähriger Mann und der junge Fahrer Ihrer Schwester, aber die Namen der Verstorbenen sind uns nicht bekannt.“

      „Steve...“, sagte Brian leise.

      „Er muss nicht mit ihr gefahren sein“, wandte Rachel ein und dankte der Schwester, die mitfühlend nickte und sich diskret zurückzog.

      „Rachel, ich kann ihn nicht erreichen. Ich habe mit Freunden von Joan und Steve telefoniert, die alle bestätigten, dass sie in der Unfallnacht gemeinsam eine Party verlassen haben.“

      „Vielleicht ist er in ein anderes Krankenhaus geliefert worden“, sagte Rachel, die sich weigerte, an den Tod des Freundes zu glauben. „Wir sollten uns an die Polizei wenden.“

      Ehe sie das Krankenhaus verließen, gingen sie im Schwesternzimmer vorbei und informierten die Intensivschwester darüber, dass sie vermutlich erst in einigen Stunden wiederkommen würden. „Sollte sich ihr Zustand verändern, dann rufen Sie mich bitte unter dieser Nummer an“, bat Brian und reichte der Krankenschwester seine Visitenkarte.

      „Selbstverständlich, Mr. Farley.“

      „Entschuldigung“, sagte der Pfleger, der soeben ins Zimmer gekommen war. „Sind Sie die Angehörigen von Mrs. Joan Farley?“

      „Ja“, antwortete Rachel.

      „Ist etwas mit meiner Schwester?“, fragte Brian erschrocken.

      Der Pfleger zuckte mit den Schultern. „Sie möchten bitte in Dr. Coopers Büro kommen.“

      Keine zwei Minuten später klopfte Brian an die Bürotür von Dr. Cooper und trat von Rachel gefolgt ins Zimmer.

      „Gibt es neue Erkenntnisse was den Zustand meiner Schwester betrifft?“, fragte Brian den Arzt, ehe er sich auf dem ihn angebotenen Stuhl setzte. Rachel nahm neben Brian Platz und musterte den Arzt aufmerksam, der ihnen gegenüber hinter seinem Schreibtisch saß.

      „Leider befindet sich Mrs. Farley noch immer in einem kritischen Stadium. Das Fieber konnten wir senken, doch um ehrlich zu sein...“ Er räusperte sich. „Es tut mir leid, aber ich kann Ihnen nicht viel Hoffnung machen. Die inneren Verletzungen sind schwerwiegend und der hohe Blutverlust lag weit über dem, was ein menschlicher Körper verkraften kann. Es grenzt an ein Wunder, dass Sie noch immer lebt.“

      „Was soll das heißen, Doktor?“, fragte Brian mit zittriger Stimme. „Lassen Sie meine Schwester einfach so sterben?“

      Dr. Cooper beugte sich auf seinem Schreibtisch vor. Die Hände verschränkt, sah er Brian eindringlich an. „Wir tun hier alles, um Ihre Schwester zurück ins Leben zu holen, aber nun sind wir an unsere Grenzen gestoßen. Ich kann nichts mehr für Sie tun. Jetzt liegt es an ihr zu kämpfen.“

      „Sie sprachen davon, dass sie noch Tage im Koma liegen könnte...“

      „Wir müssen sogar von Monaten oder gar Jahren ausgehen.“

      „Jahre...“, sagte Rachel leise.

      „Angenommen sie wacht wieder auf. Wird sie dann wieder völlig gesund werden?“

      „Das kann man im Einzelfall nicht genau sagen. Je länger ein Patient im Koma liegt, desto wahrscheinlicher sind Hirnschädigungen. Bei Ihrer Schwester kommt die schwere Gehirnprellung hinzu. Diese kann ohne schwerwiegende Folgen bleiben, oder aber häufige Kopfschmerzen, Gedächtnis- oder Verhaltensstörungen und schwere Lähmungen mit sich ziehen.“ Dr. Cooper sah Brian und Rachel mitfühlend an. „Sie müssen auf alles gefasst sein.“

      Lähmungen, Gedächtnisausfall, Pflegefall.. Immer wieder hallten diese Worte in Brians Kopf umher, bis er aufspringen und laut schreien wollte.

      „Mr. Farley...“, begann Dr. Cooper nach einem Moment des Schweigens. „Sie haben mich gestern nach Steve Baxter gefragt. Ich habe heute mit der Polizei gesprochen und erfahren, dass Mr. Baxter das Auto gefahren ist, in dem Ihre Schwester verunglückte.“

      Entgeistert sah Brian den Arzt an. „Ist er schwer verletzt?“

      „Diese Auskunft unterliegt meiner ärztlichen Schweigepflicht. Ich kann...“

      „Er ist der Freund meiner Schwester“, fuhr Brian Dr. Cooper ins Wort. „Sie waren so gut wie verlobt.“

      „Unter diesen Umständen sieht die Sache anders aus“, sagte Dr. Cooper im ruhigen Ton und rückte seine Brille auf der Nase zurecht. „Tatsächlich wurde Mr. Baxter in unser Krankenhaus gebracht, doch leider muss ich Ihnen mitteilen, dass er den Unfall nicht überlebt hat. Es tut mir sehr leid.“

      „Oh Gott!“, sagte Rachel und schlug die Hand vor ihren Mund, als die Tränen ihr ins Gesicht schossen. Brian blickte geschockt und unfähig ein Wort zu sagen den Arzt an. Er konnte nicht glauben, was er soeben erfahren hatte. Er wollte nicht glauben, dass der junge Mann, mit dem er sich Morgen zum Joggen verabredet hatte, schon vor zwei Tagen gestorben war. Steve, fünfundzwanzig Jahre jung.

      Wenige Minuten nach sechzehn Uhr rollte das Privatflugzeug von Matthew Farley über die Rollbahn. Die Limousine des Beverly Wilshire Hotels erwartete sie bereits. Es vergingen keine fünf Minuten, bis der Träger mit Hilfe des Chauffeurs die Koffer von Isabelle und Matthew im Kofferraum der Limousine verstaut hatten und sie sich zurzeit der Rushhour auf L.A.s volle Strassen begaben. Auf dem San Diego Freeway kamen sie nur stockend voran, sodass Isabelle ungeduldig auf ihre Armbanduhr blickte.

      „Wie kannst du jetzt nur ans Geschäft denken?“, fragte Isabelle verständnislos ihren Mann, der in seinen Unterlagen las. Sie konnte nicht wissen, dass Matthew das Geschriebene drei- gar viermal lesen musste, da er sich nicht konzentrieren konnte.

      „Die Arbeit lenkt mich von der Sorge um Joan ab.“ Liebevoll griff Matthew nach Isabelles unruhiger Hand, die soviel kleiner als die seine war, hob sie an seinen Mund heran und küsste ihre Fingerspitzen zärtlich. „Sie wird aus dem Koma erwachen“, sagte er davon fest überzeugt, als würde er ihre Gedanken kennen.

      „Ich hoffe, du hast Recht...“

      Matthew nickte und umschloss ihre Hand mit der seinen. Er wusste, wie sehr sie die Ankunft im Krankenhaus herbeisehnte. Seit Brians Anruf herrschte eine angespannte Stimmung zwischen ihnen, da Isabelle noch am selben Tag nach L. A. hatte fliegen wollen, Matthew jedoch aufgrund wichtiger Firmenverhandlungen verhindert gewesen war. So hatte Matthew ihren Flug um einen Tag verschoben. Obwohl er diesbezüglich keine andere Wahl gehabt hatte, waren seine Gedanken beinahe ununterbrochen bei Joan gewesen. Ebenso wie Isabelle sorgte Matthew sich um das Leben seiner einzigen Tochter. Gleich nach Brians Anruf hatte er im Schwesternzimmer des Krankenhauses angerufen und die Krankenschwestern angewiesen, ihn stündlich einmal telefonisch über Joans Zustand zu unterrichten.

      Schwester Claire verließ mit dem neuen Verbandsmaterial gerade das Schwesternzimmer, als ihr zwei unbekannte Gesichter am Ende des Ganges entgegengelaufen kamen. Sie schätzte den hochgewachsenen, breitschultrigen Mann auf Ende Vierzig. Selbst in diesem Moment, in seiner wachsenden Sorge um einen nahen Angehörigen, sah er für sein Alter noch ungeheuer attraktiv aus; wobei sein volles, schwarzes Haar nur das I-Tüpfelchen war. Beim näher kommen sah sie, dass er