Patricia Peacock und der verschwundene General. Tiffany Crockham

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Название Patricia Peacock und der verschwundene General
Автор произведения Tiffany Crockham
Жанр Языкознание
Серия Patricia Peacock-Reihe
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752926156



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finden und ihn rechtzeitig zur Goldenen Hochzeit zurückbringen. Und das Ganze muss äußerst diskret verlaufen. Niemand darf etwas mitbekommen.“

      John wusste nicht recht, was er sagen sollte. Einerseits reizte ihn dieser Auftrag – ein richtiger Auftrag. Keine entlaufenen Haustiere. Endlich! Mit einem Blick auf Sir Tiny, der es sich neben der Gräfin bequem gemacht hatte und leise schnarchte, holte ihn jedoch die bittere Realität wieder ein. Reiche Damen um ihr Vermögen zu erleichtern, war eine Sache, aber hier ging es um mehr. Der General und Walli hatten jemanden verdient, der wusste, was er tat.

      „Ich fühle mich geehrt, dass Sie mich mit diesem Auftrag betrauen wollen, aber die Wahrheit ist – ich suche verschwundene Haustiere. Corgis, Yorkshire Terrier und Pudel sind meine Klientel.“

      Unbeeindruckt zuckte Walli die Schultern. „Na und? Sie haben Huddi doch gesehen. Er ist vollkommen hilflos, wenn er nicht gerade eine Armee hat, die er befehligen und herumkommandieren kann. Stellen Sie ihn sich einfach als großen Corgi vor.“

      Ehe John weitere Einwände vorbringen konnte, zog die Gräfin ein Bündel aus ihrem Handbeutel und legte ein kleines Vermögen an Pfundnoten vor John auf den Schreibtisch.

      „Werden Sie mir helfen?“

      Nein!, schrie sein Verstand. Doch sein Mund antwortete, ohne darüber nachzudenken, angesichts der Pfundnoten: „Aber natürlich, Walli. Ich stehe zu Ihrer Verfügung.“

      „Sehr gut!“ Erneut zog Walli etwas aus ihrem Handbeutel. “Es gibt einen Erpresserbrief mit einer Geldforderung.“

      John nahm den Brief und las ihn. Er war mit Schreibmaschine geschrieben und forderte eine Summe von einigen hundert Pfund für die Herausgabe des Generals – und zwar in genau acht Tagen. Das Geld sollte vor dem Ägyptischen Museum in Kairo in einer Motordroschke, die an besagtem Tag um zwölf Uhr mittags dort warten würde, hinterlegt werden. Die Motordroschke würde daran zu erkennen sein, dass an dem Griff der Beifahrertür ein rotes Band befestigt wäre.

      „Das ist eine seltsame Forderung. Die Summe erscheint mir außerdem nicht besonders hoch.“

      „Ganz davon abgesehen, dass ich nicht bezahlen werde“, stellte Walli unbeeindruckt klar. „Aber wäre es nicht das Einfachste, die Forderung zu begleichen? Ich meine, es handelt sich um weniger, als Sie mir für meine Arbeit zahlen. Ich nehme deshalb an, es wäre kein großer Betrag für Sie.“

      In Wallis Augen funkelte Kampfeslust. „Darum geht es nicht. Ich lasse mich nicht erpressen. Wenn so etwas Schule macht, werden die Entführer es wieder versuchen. Dann ist niemand mit einem adeligen Namen oder einem gewissen Wohlstand in Kairo mehr sicher. Außerdem treffen die ersten Gäste schon in einer Woche ein. Was soll ich ihnen sagen, wo Huddi ist?“

      „Wie erklären Sie denn jetzt Huddis Abwesenheit?“

      „Ich habe gesagt, dass Huddi sich auf einer Nilkreuzfahrt befindet und ich meine Suite im Mena Hotel einem unbequemen Flussdampfer vorgezogen habe.“

      „Ich verstehe“, antwortete John. „Es wäre sinnvoll, diese Ausrede so lange aufrechtzuerhalten, wie es geht. Weiß noch jemand von der Entführung?“

      „Nur unser einheimischer Diener, Anen. Er war ebenfalls im Lotusgarten, als Huddi entführt wurde. Sie können ihn befragen.“

      „Vertrauen Sie ihm, dass er schweigt?“ John kannte die Vorliebe für Tratsch unter dem Personal.

      Walli legte die Hand auf das Herz. „Anen ist ein Goldstück. Wir hatten nie einen besseren Diener.“

      „Also gut, ich werde ihn trotzdem zur Sicherheit noch einmal befragen.“

      „Anen steht zu Ihrer Verfügung, John. Ich erwarte bis morgen früh den Plan, wie Sie vorgehen wollen.“

      Die Gräfin schien mehr Vertrauen in seine Fähigkeiten zu besitzen, als er selbst. Aber es war zu spät, einen Rückzieher zu machen. „Selbstredend“, versprach John der Gräfin gegen besseres Wissen.

      „Wunderbar. Sie sind meine und Huddis Rettung.“ Lächelnd fügte sie hinzu: „Ach, und grüßen Sie die reizende Patricia von mir.“

      Walli stand auf und wogte gleich einer Naturgewalt Richtung Tür. Bevor sie sein Büro verließ, zog sie ihren Schleier wieder vor das Gesicht. John hatte keinen Zweifel daran, dass die Gräfin den Entführern des Generals eigenhändig den Hals umdrehen würde, wenn ihr die Unglücklichen in die Finger fielen. Andererseits … vielleicht war Huddi ernsthaft in Gefahr. Egal, wie er es drehte und wendete – er musste den General finden. Alles andere hätte er sich niemals verziehen.

      „Auf keinen Fall! Das werde ich nicht tun!“ Patricia konnte nicht fassen, dass John es auch nur in Erwägung zog, das von ihr zu verlangen.

      „Aber Darling ...“

      „Hören Sie auf, mich Darling zu nennen! Das wird Ihnen auch nicht helfen. Dieser Plan ist absurd und wird niemals funktionieren.“

      „Memsahib, meinen Sie ...“ Abdul betrat den Salon, spürte die knisternde Stimmung, die wie ein Gewitter in der Luft lag, wandte sich wortlos um, und ging wieder.

      Patricia überlegte, ihm zu folgen und John mit seinem zwischen einem Zigarillo und zu viel Whiskey erdachten Plan sitzen zu lassen.

      „Darling, Sie mögen Walli und Huddi doch auch.“

      Mit spitzem auf ihn gerichteten Finger wies sie ihn zurecht. „Versuchen Sie ja nicht, mich moralisch in die Defensive zu drängen, John!“ Warum verging nicht ein einziger Tag, an dem er sie nicht in eine furchtbare Situation brachte? Patricia erinnerte sich an das Versprechen, das sie sich gegeben hatte – John aufzufordern, sich ein eigenes Domizil in Kairo zu suchen. Wann, wenn nicht heute, war der richtige Tag dafür?

      „Wie kommen Sie mit Ihrer Wohnungssuche voran, John?“

      „Die Ergebnisse sind vielversprechend.“

      Sie kniff die Augen zusammen. „Weichen Sie mir nicht aus!“

      „Dann weichen Sie mir nicht aus, Darling. Denken Sie doch nur … der arme Huddi allein in den Händen der Entführer. Ich brauche Ihre Hilfe bei diesem Fall.“

      „Aber sie sind der Detektiv!“ Vergeblich versuchte Patricia die aufkommenden Bilder vor ihrem inneren Auge zu verdrängen – der General, wie er gefesselt und geknebelt irgendwo in einem dunklen verliesartigen Raum saß … Nein! Sie würde sich nicht einwickeln lassen! Dieses Mal nicht!

      „Aber Sie sind nun einmal die Einzige, die sich unauffällig in diesen Kreisen bewegen kann. Sie haben bereits als Gesellschafterin für Lady Blanford gearbeitet.“

      „Und ich habe mir geschworen, dass ich das nie mehr tun werde!“ Noch immer spürte Patricia die Empörung über seinen Vorschlag in ihren Schläfen pochen. Wie stellte er sich das überhaupt vor? Dass sie zum Schein eine Stelle als Wallis Gesellschafterin annahm und heimlich im Mena Hotel und im Bekanntenkreis von Walli und Huddi herumschnüffelte, um irgendetwas zu finden, was vielleicht auf die Entführer hinwies? Und dann die Umstände – schlimm genug, dass der General aus dem Lotusgarten entführt worden war. Patricia musste sich auf das unbequeme Sofa setzen, um diese Neuigkeiten zu verdauen.

      John ließ sich unaufgefordert neben sie fallen und schnarrte mit Verführerstimme: „Ich weiß, dass Sie die beiden mögen. Walli bat mich übrigens, Ihnen Grüße auszurichten. An die reizende Patricia … das waren ihre Worte. Wollen Sie Walli denn wirklich enttäuschen?“

      „Hören Sie auf!“ Patricia stand wieder vom Sofa auf. Sie würde nicht nachgeben. Ihr reichte das letzte Abenteuer, in das John sie verwickelt hatte! Fast wäre sie in einem Pharaonengrab gestorben, von einem dicken Anwalt mit seltsamen Vorlieben erschossen worden und wieder in Lady Blanfords Klauen gelandet. Auf diese Art von Aufregung konnte sie gut verzichten.

      Sie musste Johns Blicken und seiner Stimme entkommen, wenn sie stark bleiben wollte, und dabei half offenbar nur, die Flucht zu ergreifen.

      „Wohin gehen Sie, Darling?“,