Geliebter Prinz. Billy Remie

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Название Geliebter Prinz
Автор произведения Billy Remie
Жанр Языкознание
Серия Legenden aus Nohva 1
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738073348



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war eine seltene Schönheit, die sogar Desiderius den Atem verschlug. Sie hatte dunkelviolette Augen und lange Haarwellen, die wie Bronze schimmerten. Über ihrem enganliegenden, einfachen Leinenkleid trug sie einen schwarzen Umhang, aber die Kapuze hatte sie nicht aufgesetzt. Sie war sehr klein, hatte eine schmale Taille aber einen überaus üppigen Vorbau, der geradezu dazu lockte, das Gesicht daran zu schmiegen. Ihre halb entblößte Brust war vermutlich auch der Grund, weshalb so viele Männer an ihrem Stand einkaufen wollten.

      Bellzazar grinste sie frech an. »Beruhige dich, Ruhna, heute habe ich vor, zu zahlen.«

      »Das möchte ich dir auch unbedingt geraten haben«, erwiderte die junge Hexe und kam um ihren Stand herum. Der Verkauf ihrer angebotenen Tinkturen überließ sie einem jungen Burschen, den Desiderius auch nicht unbedingt abgelehnt hätte. Er war zwar abgemagert und klein, aber hatte ein hübsches Gesicht und lächelte zudem sofort zurück, als Desiderius ihn schmunzelnd musterte.

      »Warum schleppst du mir den jungen M’Shier Bastard an, Zazar?«

      Desiderius starrte der jungen Hexe in die violetten Augen. Woher wusste sie, wer er war?

      »Er hat dich nicht zu interessieren, ich will nur von deinem Angebot profitieren«, erklärte Bellzazar und schob sich vor Desiderius, um ihn abzuschirmen.

      »Na fein, dann stell dich hinten an, wie jeder andere Kunde!« Die Hexe wollte sich abwenden.

      Bellzazar umfasste ihren Arm und drehte sie wieder zu sich um. Er beugte sich vor und senkte seine Stimme: »Ich bin nicht an der Ware interessiert, die du hier anbietest, Ruhna.«

      Die Hexe wurde sofort hellhörig. »Was braucht ihr beiden?«

      Bellzazar grinste, als er verschwörerisch antwortete: »Eine Krankheit aus der Phiole.«

      ***

      Kurzerhand hatte die Hexe Ruhna ihren Stand geschlossen und Bellzazar und Desiderius mit in ihr Haus genommen, das nur wenige Straßen entfernt lag. Das schwarze Dach war halbeingestürzt und die Wände wiesen Risse auf, aber im Inneren hatte die Hexe ein warmes, gemütliches Nest gezaubert, indem sie Decke und Wände mit Teppichen abgedichtet hatte.

      Ein Feuer brannte und wärmte ihre kalten Gliedmaßen, Kerzen standen überall herum und erhellten den fensterlosen Raum.

      Desiderius sah sich etwas um, aber es gab nicht genug Worte, um diesen Ort zu beschreiben. Es wirkte wie ein Ramschladen für Hexerei. Es war unordentlich, aber nicht dreckig. Überall lagen Bücher und Schriftrollen herum. Von der Decke hingen Gläser, Käfige mit allerlei Tieren, und Gerätschaften, die er nicht benennen konnte. Wo man auch hinsah, überall lag oder stand etwas im Weg. Es schien, als sammelten Hexen alles, was sie finden konnten, und horteten es dann in den eigenen vier Wänden.

      Es roch auch seltsam an diesem Ort. Desiderius glaubte, Gewürze zu riechen, darunter mischte sich der Geruch der Vögel und Kleinaffen in den Käfigen. Aber es gab noch eine Komponente, die er nicht erkannte, die dem Geruch etwas Unheimliches einhauchte.

      Bellzazar drehte sich zu ihm um und winkte ihn zu sich, als die junge Hexe kurz in einen anderen Raum verschwand. Als Desiderius in Reichweite war, zog Bellzazar ihn nahe an sich heran und flüsterte: »Bleibt an meiner Seite.«

      Desiderius betrachtete ihn verwundert. »Ihr habt Angst vor ihr!«

      »Das sollte er auch«, ertönte die Stimme der Hexe, als sie zurückkam. »Ich sollte diesen listigen Dämon in die Unterwelt verbannen.«

      »Ich bin kein Dämon«, warf Bellzazar gelassen ein. »Und du bist nicht mächtig genug, um mich zu verbannen.«

      Desiderius hatte das ungute Gefühl, dass die beiden keine Freunde waren.

      »Wieso helft Ihr ihm, wenn er Euch so zuwider ist?«, fragte er die Hexe.

      Bellzazar schnaubte und antwortete an ihrer statt: »Weil sie weiß, dass ich das Richtige tue.«

      Ruhna lächelte und blickte Desiderius freundlich an, als sie erklärte: »Ich helfe dieser listigen Kreatur immer dann, wenn er auf dem richtigen Weg ist.«

      »Dann tun wir damit das Richtige?«, fragte Desiderius skeptisch und nickte auf das schwarze Pulver, das die Hexe von einer Schüssel in eine Phiole gab. Er bezweifelte doch stark, dass die Tinktur, die sie gleich anrühren würde, das Richtige sein würde.

      Sie schüttelte den Kopf, als sie vieldeutig erwiderte: »Ich sagte nicht, dass es das Richtige ist, sondern nur, dass sich Euer Begleiter auf dem richtigen Weg befindet.«

      »Ist das nicht das Gleiche?«

      »Oh nein, denn ich sprach nur von dem für ihn vorbestimmten Weg«, erklärte die Hexe und mischte zu dem Pulver eine dickflüssige, durchsichtige Flüssigkeit. Dazu gab sie noch etwas Wasser, dann verschloss sie die Phiole und schüttelte den Inhalt.

      Desiderius runzelte die Stirn, er war verwirrter denn je.

      »Welche Bezahlung verlangst du dieses Mal?«, fragte Bellzazar. Er begutachtete dabei einen Glasbehälter, der von der Decke hing, und in dem Augäpfel schwammen, die so groß waren, dass man kaum beide Hände darum schließen konnte. Die Pupillen der Augen waren schmale Schlitze. Desiderius kannte kein Tier mit solch schmalen Pupillen. Jedenfalls keines, das auch solch große Augen besaß. Eigentlich kannte er überhaupt keine Kreatur, mit solchen Augen.

      »Ich möchte das, was du mir letztes Mal angeboten, aber nicht gegeben hast«, beschloss die Hexe und ließ die Phiole demonstrativ in die Schürze gleiten, die sie um die Hüften gebunden hatte.

      Bellzazar schloss gequält die Augen. Seine Lippen bewegten sich, während er lautlos vor sich hin fluchte, in einer uralten Sprache, die Desiderius nicht verstand.

      Desiderius betrachtete ihn amüsiert.

      »Na schön!« Bellzazar drehte sich seufzend der Hexe zu. »Du hast mein Wort.«

      Die Hexe stieß einen verachtenden Laut aus. »Wer sagt, dass ich das von dir will?«

      Bellzazar sah sie verwirrt an.

      Die Hexe wandte ihre violetten Augen auf Desiderius: »Ich will es von ihm!«

      Ah.. er hatte plötzlich ein äußerst ungutes Gefühl…

      »Vergiss es!« Bellzazar lachte hämisch. »Der junge Bursche ist nur meine Begleitung und steht für dich nicht zur Wahl.«

      »Wovon sprechen wir hier?«, fragte Desiderius befürchtend. Seine Augen schnellten von Bellzazar zu der Hexe und wieder zurück. Wenn es hier um seine Fänge ging, würde er sogleich die Flucht ergreifen. Er würde sie nämlich gerne behalten.

      Die Hexe kam auf ihn zu und er wich vor ihrer ausgestreckten Hand immer weiter zurück, bis er gegen ein Bücherregal stieß und nicht mehr flüchten konnte. Sie legte ihre schlanken Finger um sein spitzes Kinn und betrachtete eingehend sein Gesicht, als wäre er ein Rind, und sie der skeptische Käufer.

      »Ruhna«, ertönte warnend Bellzazars Stimme, »lass ihn los!«

      »Warum willst du nicht, dass ich den jungen M’Shier genauer betrachte?« Die Hexe grinste sich wissend über die Schulter. »Ist er noch wichtig für deine Pläne?«

      Desiderius verengte nachdenklich seine Augen und sah zu Bellzazar hinüber. Langsam bereute er diese Reise, er hätte einfach gehen und den Auftrag des Königs Bellzazar allein überlassen sollen. Allerdings war es seine Idee gewesen, deshalb wollte er auch dabei sein, wenn sie in die Tat umgesetzt würde.

      »Ich sagte, nein«, beschloss Bellzazar bedrohlich.

      Ruhna lächelte: »Dann besorg dir dein Gift wo anders.«

      Als sie sich abwandte, lenkte Bellzazar eilig ein: »Moment! Moment! Warte ...«

      Erwartungsvoll drehte Ruhna sich wieder zu ihm um.

      »In Ordnung«, seufzte Bellzazar. »Du ... kannst es von ihm haben.«

      »In Ordnung?«, wiederholte Desiderius ungläubig. »Würde mir mal jemand