Geliebter Prinz. Billy Remie

Читать онлайн.
Название Geliebter Prinz
Автор произведения Billy Remie
Жанр Языкознание
Серия Legenden aus Nohva 1
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738073348



Скачать книгу

Er verschwand im Wald zum Zugang zu den Tiefen Wäldern. Desiderius, der in den Wäldern aufgewachsen war, verfolgte ihn, musste aber erkennen, dass der junge Prinz klar im Vorteil war.

      Elegant und anmutig bewegte sich der junge Prinz durch den Wald. Von Stein zu Stein, von Baumstamm zu Baumstamm und von Ast zu Ast. Wie ein Affe sprang er lachend durch den Wald und hatte sogar die Zeit, an einigen Stellen mit einem frechen Grinsen auf Desiderius zu warten.

      Eigentlich war es stets Desiderius, der sich lautlos und schnell durch das Unterholz bewegen konnte, aber mit dem Prinzen hatte er jemand gefunden, dessen Können ihn übertraf. Und das bedeutete, dass Prinz Wexmell ein beeindruckendes Talent besaß.

      Lachend jagten sie durch den Wald, immer weiter fort von der Burg, und zum ersten Mal in seinem Leben verspürte Desiderius die Leichtigkeit eines herumalbernden Bengels. Scherze hatte er sich draußen in der Welt nicht erlauben können, wo es nur ums nackte Überleben ging. Aber der junge Prinz zeigte ihm, wie viel Spaß sorgloses Herumalbern machen konnte.

      ***

      Es dämmerte schon leicht, als Wexmell urplötzlich stehen blieb und Desiderius keine Zeit mehr hatte, abzubremsen, und direkt gegen ihn lief.

      »Nein!«, rief Prinz Wexmell erschrocken, doch da war es schon zu spät.

      Desiderius großer Körper riss den jungen Prinzen um und gemeinsam stürzten sie einen steilen Hang hinunter, vor dem Wexmell stehen geblieben war und den Desiderius nicht gesehen hatte.

      Während sie den Hang hinabrollten, hielten sie sich unbewusst aneinander fest, weil jeder von ihnen den anderen keinesfalls verlieren wollte.

      Desiderius spürte dicke Äste unter seinem Gewicht brechen, spitze Steinkanten rissen seine Kleidung auf und fügten ihm tiefe Schnittwunden zu. Er stieß sich den Hinterkopf an einem Stein an, als sie unten aufkamen. Doch sein Rücken landete weich direkt auf Prinz Wexmells Körper.

      Stöhnend kamen sie zum Liegen, aber keinem ist etwas Schlimmeres geschehen. Sie fingen beide unbekümmert an zu lachen, nachdem sie wieder Luft in ihren Lungen hatten, die zuvor bei ihrem Aufprall hinaus gedrückt wurde.

      »Aua«, stieß Desiderius amüsiert aus und legte eine Hand auf die schmerzende Stelle an seinem Hinterkopf.

      Er drehte sich zu Wexmell um: »Geht es dir gut?«

      »Ja«, ächzte Wexmell und krümmte etwas seinen Rücken durch. »Ich glaube aber, mein Rücken hat die Baumwurzel unter mir zerbrochen.«

      Desiderius lachte halbherzig auf, aber er konnte sich nicht auf Wexmells Scherz einlassen, da ihm gerade nur allzu sehr bewusstwurde, dass sein Körper direkt zwischen den Beinen des Prinzen lag und er dessen Weichteile im Rücken spüren konnte.

      Desiderius setzte sich stöhnend auf, er hatte dank des Sturzes einige Prellungen davongetragen, und eine tiefe Schnittwunde am Bein, die ziemlich stark brannte.

      Er presste die Hand auf die blutende Wunde und sah dann hinauf. Sie befanden sich in einer Schlucht mitten in den Tiefen Wäldern. Die Hänge um sie herum waren steil und überwuchert mit Baumwurzeln und anderem Gebüsch. Die Bäume über ihnen waren so zahlreich und ihre Baumkronen so dicht, dass das fahle Licht der Dämmerung nur spärlich zu ihnen durchdrang. Es war fast dunkel und das war nicht gut. Desiderius und Wexmell waren beide leicht bekleidet und unbewaffnet. Sie mussten aus den Tiefen Wäldern raus, bevor die Nacht hereinbrach und die wilden Tiere erwachten.

      Wexmell richtete sich ebenfalls auf und rieb sich hinter Desiderius den Rücken. Noch immer waren seine Beine links und rechts neben Desiderius’ Körper, als er sich vorlehnte und das Kinn in sich hineinlachend auf Desiderius’ Schulter legte.

      »Ich habe mir den Kopf angestoßen, meinen Rücken geprellt und unzählige Schnittwunden an Beinen und Armen«, lachte Wexmell und hielt dann Desiderius seine Hand vor das Gesicht, von deren Fingern die Halskette baumelte, »aber deine Kette habe ich nicht losgelassen.«

      Auflachend nahm Desiderius seine Halskette an sich und streifte sie sich mit einer schnellen Bewegung über den Kopf. »Sehr freundlich von dir.«

      »Was immer du mir anvertraust, sei versichert, dass ich es nicht verlieren werde«, sagte der junge Prinz mit einer tieferen Bedeutung.

      Desiderius’ Gesicht fuhr zu ihm herum, er forschte lange in den eisblauen Augen.

      Der junge Prinz erwiderte den Blick mit einer beneidenswerten Ruhe. Er schien auf etwas zu warten, eine Reaktion von Desiderius, die ihm nicht das Herz brechen würde.

      Doch Desiderius wandte sich schnell ab und sprang auf die Beine.

      Der Boden unter ihnen war steinig und glitschig, weil sich in dem tiefen Graben Regenwasser angesammelt hatte und das Moos auf den Baumwurzeln und den überwucherten Steinen ganz feucht war.

      Desiderius drehte sich zu Prinz Wexmell um, der mit enttäuschter Miene auf dem Boden saß und grimmig vor sich hinstarrte. Kommentarlos reichte Desiderius ihm seine Hand.

      Wexmell sah auf und schlug in die ihm dargebotene Hand ein. Mit einem Ruck zog Desiderius ihn auf die Beine, dann ließ er schnell die zarte Hand los und wandte dem Prinzen den Rücken zu.

      »Wir müssen zusehen, dass wir eine geeignete Stelle finden, um den Hang wieder hinauf zu klettern«, sagte er und suchte dabei bereits die Hänge, von denen sie eingeschlossen wurden, mit den Augen ab. »Am besten bevor es dunkelt.«

      Er ging voraus, immer mit Blick auf die steilen Hänge. Stolperte mehr, als dass er lief, weil er immer wieder abrutschte. Aber wenn er einen Blick über die Schulter warf, stellte er fest, dass auch Wexmell nur fallend vorankam.

      »Wieso bleiben wir nicht hier?«, scherzte der junge Prinz nach einer Weile. »Wir entfachen ein Feuer und schlafen unter freiem Himmel. Das machst du doch auch oft auf Reisen, oder?«

      Desiderius stieß belustigt über den naiven Prinzen den Atem aus. Er drehte sich mit einem herablassenden Blick zu dem Prinzen um. »Du kommst wirklich nicht oft raus, was?«

      Prinz Wexmell runzelte seine makellose Stirn. »Was meinst du damit?«

      »Mal angenommen, ich würde darüber hinwegsehen, dass wir beide unbewaffnet sind und ich nicht einmal Schuhwerk an den Füßen trage, ganz zu schweigen davon, dass unsere blutenden Schnittwunden wilde Raubtiere anziehen würden, und ich mich entschließe, die Nacht hier zu verbringen, wie gedenkst du denn ein Feuer zu entfachen? Hier ist alles nass!«

      Letzteres zischte er eindringlich.

      Prinz Wexmell sah sich um und betrachtete den feuchten Waldboden, über den sie schon seit einer Weile stolperten, ohne ihm entkommen zu können. »Oh.«

      »Ja, Oh.« Kopfschüttelnd wandte sich Desiderius wieder ab und ging weiter, ohne groß auf den Prinzen zu achten. Das musste er nicht, denn egal wo er hinging, der Prinz würde ihm folgen. Ob Desiderius das nun wollte oder nicht, es war, als hätte irgendeine höhere Macht den jungen Prinzen auf ihn geprägt. Wie ein junger Wolf der Mutter, lief Wexmell Desiderius hinterher. Genau deshalb saßen sie nun auch in diesem Graben fest. Desiderius fluchte.

      Wütend, weil er sich eigentlich selbst die Schuld dafür geben konnte, fuhr er plötzlich wieder zu dem jungen Prinzen herum, der ihn überrascht ansah. »Weißt du, das ist eigentlich alles deine Schuld!«

      Irritiert sah sich der Prinz um, als hoffte er, Desiderius würde mit einem anderen sprechen.

      Ein drohender Finger zeigte auf Wexmells Brust, als Desiderius ihm vorwarf: »Hättest du dich nicht wie ein Bengel verhalten, wären wir jetzt nicht hier.«

      »Verzeih, aber du bist mir doch hinterhergelaufen«, erinnerte der Prinz ihn diplomatisch gelassen.

      Desiderius wusste darum, weshalb er noch wütender wurde. Er wandte sich schnaufend ab und stampfte davon.

      »Vergebung«, rief der kleine Blonde ihm nach und versuchte, Schritt zu halten, aber der Sprint durch den Wald hatte wohl an seinen Kräften gezerrt, denn er stolperte nur noch vorwärts, weil seine schwachen Beine ihn nicht mehr aufrecht hielten.