Die Legende der irischen Wolfskönigin. Gerhard Kunit

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Название Die Legende der irischen Wolfskönigin
Автор произведения Gerhard Kunit
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738055627



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Decken und weiche Kissen beanspruchten einen Gutteil des Inneren. Auf einem niederen Tisch standen Schalen mit Früchten, die Medbh nicht kannte. Rechtecke mit intensiven Farben und verwirrenden Mustern lagen am Boden, erinnerten sie entfernt an die bedruckten Stoffe, die ihr Stamm neuerdings aus dem Osten einführte, und waren doch ungleich feiner und kunstvoller gefertigt. Verschiedenste Gerüche schmeichelten ihrer Nase und betäubten zugleich ihren Verstand, während ihr Begehren jeglicher Kontrolle entglitt.

      Er löste eine Kordel an seinem Gewand, und ließ es zu Boden gleiten. Verwundert bemerkte sie, dass er, bis auf das Dreieck über seinem Glied, kaum Haare am Körper hatte, so wie sie das nur von den Jünglingen der Coughnacht kannte. Seine Haut war glatt und ebenmäßig wie die einer Frau, wenn sie von den Narben absah, die er sich bei seinen Raubzügen eingehandelt hatte.

      Als ihr auffiel, dass sie noch ihr Hemd trug, streifte sie es rasch ab. Askarion sah in ihr Gesicht, über ihren Hals zu ihren Brüsten und tiefer hinab. Seine Lippen öffneten sich zu einem Lächeln, während ihre Haut unter den unsichtbaren Berührungen seiner Blicke erbebte. Sie gab ihre Beherrschung auf, überbrückte die letzten trennenden Schritte und küsste ihn wild.

      Er schob sie von sich, wollte sie streicheln, ihren Körper mit Küssen bedecken, doch sie war nicht in der Stimmung dazu. Bald gab er seinen Widerstand auf, ließ zu, dass sie ihn zwischen die Pölster warf und sich erbarmungslos holte, wonach sie gelüstete. Als er sich nach ihrem Höhepunkt entlud, erreichte sie einen zweiten Gipfel und ließ sich erschöpft auf ihn sinken.

      Sie gönnte sich einige Atemzüge, küsste ihn flüchtig, setzte sich auf und wollte sich von ihm erheben, aber er packte ihre Handgelenke und zog sie neben sich auf die Kissen. Im ersten Reflex begehrte sie auf, doch wieder einmal waren es seine Augen, die sie in den Bann zogen und ihren Willen beugten. Sie verstand kein Wort von dem, was er sagte, aber seine Stimme war beruhigend.

      Seine Finger zeichneten unsichtbare Muster auf ihren Körper und weckten eine andere, weichere Begierde in ihr, die sie sonst nur von Begegnungen mit Frauen kannte. Die Berührungen waren leicht, fast so zart wie jene der lieblichen Eibrin, und sie erbebte unter seinen Händen, die über ihre Haut fuhren, ihre Narben berührten und sich mit jeder Spirale ein wenig mehr den Zentren ihrer neu erwachenden Lust näherten. Mit einem wohligen Seufzen ergab sie sich, ließ sich auf sein Spiel ein und vertraute sich ihm an.

      So tat Askarion mit ihr, was sie sich erträumt hatte – und was sie nicht zu träumen gewagt hätte. Er führte sie auf den schmalen Grat zwischen Lust und Schmerz, an die Grenzen zwischen Abscheu und unstillbarem Verlangen und darüber hinaus, bis sie sich auf Dinge einließ, für die ihr selbst die Worte fehlten, sie zu beschreiben, so sie das gewollt hätte.

      * * *

      Völlig erschöpft und noch in Trance gefangen kämpfte sie sich schließlich in die Höhe und wollte das Zelt verlassen, doch er packte sie erneut und ließ auch nicht los, als sie ihn abschütteln wollte. Wütend fuhr sie herum – und sah sein entwaffnendes Lächeln, während er ihr das Hemd entgegen hielt. Sie riss es an sich, zog es über und trat ins Freie, ohne sich noch einmal umzusehen, während er in seiner seltsam weichen Sprache etwas zu ihr sagte.

      Sie sah sich um, verschaffte sich einen Überblick und erkannte, dass der Austausch der Gefangenen und die Übergabe der Toten beinahe abgeschlossen waren. Eillean sah herausfordernd herüber, und Medbh winkte zur Bestätigung, dass es ihr gut ging. Askarion trat hinter ihr aus dem Zelt, wiederholte seine Worte und winkte den Dolmetscher heran, als sie nicht reagierte.

      „Geh mit mir“, übersetzte der Mann zögernd und wich einen Schritt zurück, als sie ihn anfunkelte. „Wie Königin ich behandle dich“, fuhr er mit einem Seitenblick zu Askarion fort, während er sich vor ihr duckte. „Geh mit mir.“

      Die Hitze ihrer Erregung wich einer gnadenlosen Kälte, als sie an die Toten dachte und an das Leid, das die Fremden über ihr Volk, über die Ceannacht und zahllose andere Stämme gebracht hatten und noch bringen würden. „Geh und komm nie wieder“, zischte sie. „Falls ich dich noch einmal an unseren Küsten sehe, bringe ich dich um.“

      Askarion zuckte vor ihr zurück, noch ehe ihm ihre Worte übersetzt wurden, und mit seinem Lächeln verschwand auch jegliche Nachgiebigkeit aus seinen Zügen. Ein letzter Blick durchforschte ihre Miene nach einem Gefühl, nach einem Echo der eben durchlebten Leidenschaft, doch er suchte vergeblich. Er spie aus, wandte sich ab und ging zu den Schiffen, ohne sich noch einmal umzusehen, während seine Männer das Zelt zusammenpackten und die letzten Toten verluden.

      Medbh ging zu Torwingh, der bei befreiten Kriegern seines Stammes stand, winkte ihn zu sich und reichte ihm die Hand. „Du bist der tapferste Lügner, der mir jemals untergekommen ist. Bring deine Leuten nach Hause, und sag eurem Volk, wir wünschen einen dauerhaften Frieden, mehr noch, ein Bündnis gegen diese Bedrohung und jede weitere, die noch kommen mag.“

      Der Ceannacht fiel auf die Knie und küsste ihre Hände. „Ich danke dir, Prinzessin Medbh. Wir stehen tief in deiner Schuld.“

      „Willst du das nicht mit Vater besprechen?“, zischte Dommagh, als sie sonst niemand hören konnte.

      Sie sah ihn an und hielt seinem fordernden Blick stand. „Nein, will ich nicht.“

      „Kommen sie wieder?“, fragte Eillean, als sie von der Anhöhe auf die Schiffe hinabsahen, die dem offenen Meer entgegen strebten.

      „Wir werden vorbereitet sein“, sagte Medbh.

      * * *

      „Setz dich“, sagte Ari. „Wir müssen reden.“

      Irgendetwas stimmte nicht. Das Mädchen schluckte ihre Frage hinunter und hockte sich mit angewinkelten Beinen ins Gras vor der Holzbank.

      „Magst du Tom?“, eröffnete die Mutter.

      Maeve nickte abwartend. Seit sie sich öfter mit dem Jungen und Eileen traf, duldeten sie auch die übrigen Kinder, und das alleine war Grund genug ihn zu mögen, doch das war weder ein Geheimnis, noch ein Anlass für eine Aussprache.

      „Was hältst du von Dough?“, setzte Ari nach.

      Als Tom zum ersten Mal davon begonnen hatte, war ihr der Gedanke absurd vorgekommen, aber in den letzten Wochen hatte sie öfter darüber nachgedacht und sich eine Meinung gebildet. „Viel wichtiger ist, was du von ihm hältst“, antwortete sie. „Wenn du Dough magst, geht das in Ordnung, und falls Tom mein Bruder wird, soll es mir recht sein.“

      Aris Miene entspannte sich. Sie beugte sich vor und gab Maeve einen Kuss auf die Stirn. „Danke, Kleines“, sagte sie. „Ich war mir nicht sicher, wie du es aufnimmst. Könntest du dir vorstellen im Dorf zu leben? Dough würde mir ein Stück vom Garten überlassen für unsere Kräuter, und du hättest endlich ein normales Leben wie jedes andere Kind.“

      „Ich glaub schon“, antwortete Maeve mechanisch. Normal, dachte sie. Ich bin nicht normal. Niemand sonst hat schwarze Haare oder wasserhelle Augen. Keiner hier interessiert sich für die Heilkraft der Pflanzen, für die Kraft der heiligen Steine oder für die alte Göttin. Sie tun das als Legenden ab und als Aberglaube, aber wie kann ich das? Ich bin doch ein Teil davon.

      „Das wird schon werden“, beantwortete Ari ihre nicht gestellte Frage. „Den Sommer über bleiben wir noch hier. Zum Erntedank werden Dough und ich heiraten, wir ziehen zu ihm, und ab Herbst gehst du in die Schule.“

      Maeve stand auf und umarmte ihre Mutter. „Ich freu mich für dich, für euch, wirklich“, betonte sie.

      Ari erwiderte ihre Umarmung und spürte dabei ihre Anspannung. „Ist alles in Ordnung?“, erkundigte sie sich.

      Maeve schmiegte sich an sie. „Ja Mama. Es kommt nur ein bisschen plötzlich. Ich liebe dich, und der Rest wird sich finden.“

      * * *

      Noch am selben Tag suchten sie Dough auf. Er sah sie schon von weitem und kam ihnen entgegen. Sein Sohn stand in der Tür und sah neugierig herüber.

      „Ja, ich will deine Frau werden“, sagte Ari und Doughs Lächeln verbreiterte