Monstärker und der Kristall des Zweifels. Hubert Wiest

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Название Monstärker und der Kristall des Zweifels
Автор произведения Hubert Wiest
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783738074086



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Kristall Erfindungen unmöglich macht?“

      „Das sind alte Erfindungen. Sie besitzen eine große Selbstverständlichkeit. Diesen Dingen kann der Kristall des Zweifels nichts anhaben. Aber er macht das Erfinden neuer Dinge unmöglich und zerstört ganz junge Erfindungen, die erst ein oder zwei Tage alt sind – Dinge eben, die noch keine Selbstverständlichkeit besitzen.“

      „Du könntest durch den Gang fliehen, in den mich der Transportnebel gebracht hat“, warf ich ein.

      „Das ist eine Sackgasse. Der Gang hört einfach auf.“

      Schweigend lackierten wir weiter. Nach ein paar Stunden wurde es dunkler. Es leuchteten nicht mehr so viele Dinge. Ich hatte gerade ein letztes grügolafarbenes Tablett übermalt. Wir hatten Grügola ausgelöscht, zumindest in diesem Raum.

      Und dann war er ganz plötzlich da. Am Anfang noch ganz zart. Aber ich wusste, es war mein Transportnebel. Monstärker hatte ihn auch gleich bemerkt.

      „Loona, du musst gehen. Beeil dich!“

      Erleichtert ließ ich meinen Pinsel fallen. Meine Hand tat total weh. Diesmal war ich froh, Makah-Uhbien zu verlassen. Ich wollte zurück nach Hause.

      Monstärker versuchte ein Lächeln. „Geh nur, Loona! Ich schaffe das schon alleine. Danke.“

      „Tschüss, Monstärker.“

      Jetzt stand ich direkt vor dem Transportnebel. Er würde sich dicht wie Zuckerwatte anfühlen und im nächsten Augenblick hätte ich es geschafft. Ich drehte mich noch einmal um und sah, wie Monstärker sich mit dem Handrücken übers Gesicht wischte.

      Er nickte mir zu. Ich sollte endlich gehen. Der Transportnebel hatte jetzt seine volle Größe erreicht. Ein kleiner Schritt und ich war wieder zu Hause. Ich konnte wirklich nichts dafür, wenn die Sache in Makah-Uhbien schieflief. Ich hatte mein Bestes getan.

      „Geh endlich!“, schniefte Monstärker „Der Nebel wird schon schwächer.“

      Ich nickte. Ich war mir sicher, dass ich das Richtige tat. Und dann sprang ich – weg vom Nebel. Ich wollte nicht, dass er mich mitnahm. Monstärker brauchte mich! Ich würde einfach den zweiten Transportnebel zurück nach Hause nehmen. Bis dahin konnten wir gemeinsam Dinge schwärzen. Ich wollte nicht, dass Monstärker Ärger von Lady Vändah bekam.

      Schon wurde der weiße Nebel schwächer, begann sich an den Rändern aufzulösen und war kurz darauf ganz verschwunden.

      „Du, du hast deinen Transportnebel verpasst“, stotterte Monstärker. „Warum hast du das gemacht?“

      „Quatsch nicht rum. Lass uns lieber weiterarbeiten“, sagte ich, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. Ich hob meinen Pinsel auf. Er kam mir jetzt noch schwerer vor und die Farbe war zäher geworden. Sie ließ sich kaum noch verstreichen. Monstärker seufzte. Ich wusste nicht, ob aus Sorge oder vor Erleichterung.

      Obwohl wir keine Minute Pause machten, kamen wir viel zu langsam voran. Noch nicht einmal die Hälfte der erfundenen Dinge war schwarz. Als mein Blick zufällig auf Papas Akkuschrauber fiel, der immer noch auf dem Propellersessel lag, hatte ich eine Idee.

      „Du hast gesagt, dass Vändah zur Kontrolle ohne Sonnenbrille kommt?“

      „Ja, ihre Augen sind wahnsinnig empfindlich. Die sehen jedes noch so winzige Fleckchen Farbe. Sie vertragen keine Farbe. Das ist, als würde man sie blenden. Farbe tut ihr weh.“

      Lässig ließ ich meinen Pinsel fallen und verschränkte meine Arme vor der Brust.

      „Was ist? Gibst du doch auf?“

      „Kleine Planänderung“, sagte ich und ging zu dem Propellersessel. Ich nahm Papas Akkuschrauber mit der eingespannten Polierbürste und begann, die schwarze Farbe vom Klavierfernseher zu schrubben. Das ging ziemlich gut.

      „Hey, spinnst du?“, zeterte Monstärker.

      Zuerst schimmerte nur ein wenig Romazium durch den schwarzen Lack, doch bald hatte ich ihn ganz abgeschliffen. Der Klavierfernseher funkelte wieder in seinem eleganten Romazium.

      „Lass das!“, schrie Monstärker.

      „Wir brauchen jedes Leuchten, alle erfundenen Farben hier drinnen“, sagte ich triumphierend.

      „Hör sofort auf!“ Monstärker griff nach meinem Arm. Ich zog ihn weg.

      „Wenn Vändah ohne Sonnenbrille kommt, ist sie so geblendet, dass wir sie überwältigen können! Du hast selbst gesagt, dass sie keine erfundenen Farben verträgt.“

      Monstärker verstand, was ich meinte. „Wir braten ihr eins über und verschwinden.“

      Nach einer guten Stunde hatten wir alle erfundenen Dinge vom schwarzen Lack befreit. Es war so bunt und hell in Monstärkers Verlies, dass ich fast Kopfweh davon bekam. Monstärker reckte seine Fäuste in die Luft und rief: „Vändah, wir machen dich fertig! Komm her, wenn du dich traust!“

      „Psst, wir müssen aufpassen. Vändah darf nichts merken.“

      Ich stellte mich direkt hinter die Tür. Sobald Vändah das Schloss aufsperrte, würde ich die Tür aufreißen. Monstärker würde auf der anderen Seite der Tür stehen und Vändah mit dem Regenschirmgriff in die Zelle ziehen. Dann würden wir sie fertigmachen. Wir hatten das Überraschungsmoment, vielleicht zwei oder drei Sekunden. Das würde ausreichen.

      Wir warteten eine halbe Ewigkeit. Ich konnte kaum noch stehen und trat von einem Bein aufs andere. Vändah kam nicht. Aber Monstärker war sich sicher, dass sie auch heute Abend kontrollieren würde.

      „Wenn wir draußen sind, kannst du mir dann Dinge-Erfinden beibringen?“, fragte ich.

      Monstärker murmelte etwas Unverständliches. Es hörte sich nicht gerade begeistert an.

      „Ja?“, drängte ich.

      „Von mir aus“, gab Monstärker schließlich nach, „wenn wir draußen sind.“

      Die Zeit zog sich zäh wie Kaugummi. Ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, da hörte ich draußen im Gang ein Klickern, als würde jemand mit einem kleinen Hammer auf den Steinboden schlagen, ganz gleichmäßig. Das Geräusch kam näher.

      „Vändah?“, fragte ich Monstärker. Er nickte und hielt den Regenschirm ganz fest.

      Die Schritte waren jetzt verstummt. Vändah musste direkt vor der Tür stehen. Ich hörte ein schauriges Krächzen und dann ein Knirschen. Ein Schlüssel wurde ins Schloss geschoben und ganz langsam gedreht. Das Schloss quietschte, als verweigerte es sich. Doch dann wurde die Klinke gedrückt. Monstärker nickte mir zu.

      Mit aller Kraft riss ich die Tür auf. Sie schwang auf mich zu. Ich schaffte es nicht mehr auszuweichen. Die Tür traf mich voll am Kopf. Und für einen kurzen Augenblick sah ich romaziumfarbene Sterne.

      KAPITEL FÜNF

      Monstärker hatte Lady Vändah mit dem gebogenen Schirmgriff am Fußgelenk geangelt und in die Zelle gezerrt. Schreiend schlug sie ihre Hände vors Gesicht.

      Als die romaziumfarbenen Sterne vor meinen Augen verschwunden waren, sah ich Vändah am Boden liegen. Sie krümmte sich vor Schmerzen und fluchte. Und dann erst sah ich die Bestie, die sich von ihrer Schulter löste. Das Vieh breitete seine Schwingen aus und schoss auf Monstärker zu: Crocrapp. Auf einem affengroßen Vogelkörper saß ein gigantischer Kopf. An Stelle eines Schnabels hatte das Tier eine Krokodilsschnauze. Crocrapp riss sein säbelzahnbewehrtes Maul auf und schnappte nach Monstärker. Das Tier fauchte. Schleim rann aus seinem Maul. Monstärker wich zurück, bis er mit dem Rücken zur Wand stand.

      Ich war unfähig mich zu bewegen, stand einfach nur da und hielt mich an der Tür fest. Abwechselnd glotzte ich Vändah und Crocrapp an. Ich war starr vor Entsetzen.

      Fauchend schnappte Crocrapp nach Monstärker. Der hatte seine Augen jetzt untertassengroß