AMAZONEN und Männer. Franck Sezelli

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Название AMAZONEN und Männer
Автор произведения Franck Sezelli
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752901856



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anschließendem Räuchern geholfen.«

      »Und des Nachts? Hast du bei ihnen gelegen?«

      »Natürlich, wo denn sonst? Ich habe sie in den Nächten warm gehalten wie es Vorschrift ist.«

      Tohona ließ in ihrer Fragerei nicht nach. »Und? Hast du mit ihnen …? Na, du weißt schon!«

      »Liebste! Was willst du? Ich bin ein Mann – und dich kannte ich noch nicht! Du aber, meine Liebste, bist einfach unvergleichlich!«

      Die stolze Tohona erhob sich vom gemeinsamen, mit weichen Fellen bedeckten Lager. Sie drehte sich noch einmal zu ihrem geliebten Pedro um, beugte sich zu ihm hinunter und gab ihm erneut einen Kuss. »Ruhe dich noch ein wenig aus! Ich fache erst einmal das Feuer an.«

      Der Sohn eines spanischen Siedlers schaute der Amazone, die ihn nächtens sehr in Anspruch genommen hatte, verträumt hinterher. Ihre weiblichen Run­dungen, der warme bronzene Ton ihrer Haut, die langen blauschwarzen Haare, ihre glutvollen dunklen Augen – alles gefiel ihm an diesem Weib. Sie war wirklich anders als die beiden anderen Frauen aus dem Dorf, bei denen er zuerst zum Dienst verpflichtet worden war. Diese beiden waren recht herrisch gewesen, fordernd nicht nur bei der harten Tagesarbeit, sondern auch in der Nacht. Tohona war ganz anders: liebevoll und zärtlich, bei der Tagesarbeit mehr bittend als Befehle erteilend. Pedro fragte sich manchmal, ob sie wirklich eine echte Eodeva war. Aber natürlich war sie es. Er war ihrer Mutter vorgestellt worden, sie hatte von ihrer Großmutter erzählt und wusste sogar von deren Mutter Anekdoten zu berichten.

      Seit Generationen wohnten die Ahnen von Tohona in Matacori, das in der ganzen Umgebung schon immer als Amazonendorf bekannt und in früheren Zeiten wegen der furchtlosen Kriegerinnen auch berüchtigt war.

      Der Bauernsohn stammte aus der weiteren Umgebung und gehörte zu einer der vielen Familien, die als Nachfahren spanischer Einwanderer schon mehrere Jahrhunderte hier in der Neuen Welt lebten. Er war in Erfüllung eines alten Vertrages zwischen dem Gouverneur und den Amazonen für drei Monate zum Dienst in Matacori verpflichtet worden. Seinerzeit hatte dieses Abkommen endlich die Überfälle der kriegerischen Frauen auf die benachbarten Siedlungen, die stets mit dem Raub junger Männer einhergingen, beendet.

      Fernández, Pedros Vater, hatte das Schicksal schwer beklagt, als das Los auf seinen Sohn fiel. »Auf unserer Farm ist mehr als genug zu tun. Eigentlich solltest du dieses Jahr auf Brautschau gehen, damit endlich wieder eine Frau auf den Hof kommt. Seit Mutter gestorben ist, wächst uns die Arbeit über den Kopf. Was soll nur aus mir und dem Hof werden?« Aber alle Jammerei half nicht, Gesetz ist Gesetz!

      Vor der Hütte hörte man plötzlich mächtiges Gezeter. »Komm raus, du Schlampe! Und bringe dein Männchen gleich mit! Was bildest du dir ein? Fast schon zwei Mal zwei Handvoll Nächte versteckst du den Bock. Denkst du, der gehört dir allein? Der gehört unserem Dorf, soll allen dienen. Ich bin schon lange dran, sagt Toâ'pa.«

      Pedro zählte an den Fingern ab. War er wirklich schon so lange bei Tohona? Er hatte keine Lust, sie zu verlassen und schon wieder zu einer anderen zu gehen. Schon gar nicht, wenn er diese keifende Stimme hörte. »Toâ'pa ist doch eure Häuptlingin, die Dorfälteste? Was machen wir?« Der junge verliebte Mann sah die Geliebte an.

      »Gar nichts machen wir. Ich geb dich nicht wieder her!«

      Ob das gut geht?, fragte sich der zum Dienst Verpflichtete. Da würden beide gleich gegen mehrere geschriebene und – fast noch schlimmer – ungeschriebene Gesetze verstoßen. In den Amazonendörfern werden keine Männer auf Dauer geduldet, bei deren vor­übergehenden Aufenthalten dürfen einzelne Frauen sie nicht allein beanspruchen. Und natürlich haben sich die dienstverpflichteten Männer den Anweisungen des Ältestenrates des zugewiesenen Dorfes zu beugen. Sollten sie das nicht tun oder gar fliehen, so würden sie von der Polizei des Gouverneurs verfolgt und hart bestraft werden, sobald die Amazonen sich beschweren. So sieht das der schon lange bewährte Vertrag vor.

      »Ich gehe jetzt zur Häuptlingin, du wirst schon sehen«, schrie die Frau draußen weiter. Dann war Stille.

      Nicht lange danach war Getrappel von vielen Schritten zu hören, auch aufgeregtes Gemurmel. Ohne anzuklopfen, wurde die Tür aufgerissen und im Raum standen drei bewaffnete hochgewachsene junge Frauen. In ihren Gürteln steckten große Dolche, in den Händen hielten zwei eine Doppelaxt, eine trug ein Schwert. Vor der offenen Tür scharten sich viele Frauen und gafften hinein, um soviel wie möglich vom Geschehen im Inneren der Hütte mitzubekommen.

      Tohona tat ganz unerschrocken: »Seid gegrüßt, liebe Schwestern Bâtzinú, Teúcatô und Uépaca! Was führt euch in meine Hütte?«

      Die als Bâtzinú Angesprochene sprach mit unduldsamer Stimme: »Toâ'pa schickt uns, um das Mannsstück abzuholen. Er soll jetzt endlich Ak'Chin beiwohnen.« Und an Pedro gewandt, fuhr sie fort: »Du! Kommst du freiwillig mit oder sollen wir dir Fesseln anlegen?«

      Zu seiner Liebsten gewandt, zuckte der junge Mann entschuldigend mit den Schultern und sagte dann zu den Ordnungshüterinnen: »Ganz ruhig! Ich komme schon mit. – Du siehst doch, was hier los ist, Tohona, da kann ich nichts machen.« Das letzte war für die Hausherrin bestimmt, wenn man bei einer solchen Hütte diesen Begriff gebrauchen kann.

      Auch die Situation war nicht so, dass sich Tohona als Herrin der Lage fühlen konnte. Als Pedro zwischen den Bewaffneten Bâtzinú und Teúcatô zur Tür hinausgeführt wurde, warf sie sich von hinten an ihn und umklammerte ihn. »Ich lass dich nicht gehen, bleib bei mir! Ich liebe dich doch! Lass mich nicht allein!«

      Der dritten Ordnungshüterin, Uépaca, gelang es, sie mit Gewalt von dem Mann loszureißen. Schließlich war Uépaca wesentlich kräftiger als Tohona. Sie war nicht umsonst vom Ältestenrat als Ordnungshüterin bestimmt worden. »Du kommst mit mir! Die Älteste will dich sprechen.«

      Ak'Chin überhäufte Pedro zunächst mit einer Flut von Vorwürfen, von denen er zum Glück nicht viel verstand, weil sie die Sprache ihres Volkes benutzte, die der junge Siedler nur unzureichend beherrschte. Dann befahl sie ihm, ein Stück mit wilden Büschen bewachsenes Land hinter ihrem Haus zu roden und umzugraben. »Ich will hier ein Gemüsebeet anlegen, also arbeite ordentlich und gründlich!«

      Pedro war froh, allein gelassen zu werden und machte sich an die Arbeit. Ab und zu kam seine neue Herrin, um nach dem Rechten zu sehen.

      Am späten Nachmittag schlich Tohona heran, sie wollte keinesfalls von ihrer Konkurrentin entdeckt werden, und winkte Pedro hinter einen großen Busch in der Nähe. »Liebster, ich halte es ohne dich nicht aus. Bitte, sieh zu, dass du in der Nacht wegkannst und komm zu mir! Ich warte auf dich!«

      Der Dienstverpflichtete fühlte sich hin- und hergerissen. Er war glücklich über die offensichtliche große Liebe dieser Eingeborenen, aber hatte auch Angst vor der Rache der Dorffrauen, wenn er ihnen nicht zu Willen war.

      »Mal sehen, was sich ergibt«, wimmelte er die Lieb­ste ein wenig ab. »Was wollte denn die Älteste von dir?«

      »Ach, nichts weiter, nur Vorhaltungen wegen unserer Sitten und Traditionen, die ich beachten soll.« Sie schaute ringsum, ob sie beobachtet wurde, und lief dann schnell weg. »Denk dran, ich warte auf dich!«, rief sie noch im Wegdrehen.

      Erstaunlicherweise war Ak'Chin zufrieden mit seiner Arbeit, lobte ihn sogar. Ich glaube, sie will noch was von mir, dachte sich der schlaue Bauernsohn im Stillen. Als dann Zeit zur Nachtruhe war, legte sich Pedro auf die weichen Felle, drehte sich zur Seite und murmelte: »Es war ein anstrengender Tag, ich möchte nur noch schlafen.« Fast im gleichen Moment war er eingeschlafen – oder tat zumindest so. Die neben ihm liegende Ak'Chin hatte sich das ganz anders vorgestellt. Aber was sollte sie machen?

      Als die Frau in der Nacht wach wurde, war der Platz neben ihr leer. Mit einem schlimmen Verdacht stand sie auf und rannte zum Haus der verhassten Tohona. Leise schlich sie an die Tür und lauschte. Von drinnen klangen verräterische Geräusche …

      Im ersten Moment wollte sie wütend hineinstürmen, dann aber besann sich die Betrogene. Was sollte es bringen? Am nächsten Morgen beachtete sie den Mann gar nicht, der wieder auf ihr Lager gefunden hatte, sondern lief zu Toâ'pa.

      Die