Dämonentreue. Dagny Kraas

Читать онлайн.
Название Dämonentreue
Автор произведения Dagny Kraas
Жанр Языкознание
Серия Dämonentreue
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752921366



Скачать книгу

war freilich nicht viel mehr als das gewesen, was er ohnehin schon wusste:

      Die Halbinsel Korat war tatsächlich erst durch den Fund von Gold interessant geworden. Vorher hatte niemand diesen »Klotz aus Stein«, wie Llegar ihn nannte, beachtet. Die Nachricht hatte sich jedoch wenig überraschend wie ein Lauffeuer verbreitet, und in Windeseile waren die Goldsucher über die felsige Halbinsel hergefallen wie ein Schwarm hungriger Heuschrecken. Eindeutig stolz hatte Llegar berichtet, wie sie unermüdlich Stollen und Höhlen in den Fels getrieben hatten auf der Suche nach dem edlen Metall.

      Doch dann waren die Dämonen erschienen. Zunächst hatte man nur vereinzelt über ungewöhnliche Vorkommnisse berichtet, doch dann hatten sich die Zwischenfälle gehäuft, und die Taten waren immer dreister geworden. Brunnen wurden über Nacht zugeschüttet, Getreidespeicher unter Wasser gesetzt oder Stollen zum Einsturz gebracht. Im Schutz der Dunkelheit verschwanden nicht nur Werkzeuge, sondern auch Esel, Rinder, Hühner und Enten sowie Karren, Nahrung und Wasser, zum Erstaunen aller jedoch niemals das abgebaute Gold.

      Wenn jemand versuchte, sich den Übeltätern in den Weg zu stellen, wurde er getötet – zumeist so leise, dass niemand etwas davon merkte, bis man bei Tageslicht die Leichen fand.

      An diesem Punkt hatte Béo vorsichtig nachgefragt, wie die Leute getötet worden waren. Cridan war auf jede Antwort gefasst gewesen, hatten sie auf Gantuigh doch vor kaum mehr als einem Jahr selbst gesehen, zu welch entsetzlichen Grausamkeiten manche T‘han T‘hau fähig waren.

      Zu seiner Erleichterung hatte Llegar nur mit den Schultern gezuckt, und Korlikon hatte hinzugefügt, es habe sich überwiegend um durchtrennte Kehlen und hin und wieder auch einen eingeschlagenen Schädel gehandelt.

      Die weniger Mutigen der Goldsucher hatten Korat bald darauf verlassen, doch der Großteil war geblieben und hatte sich mit der Bitte um Hilfe an den König gewandt. Llegar war dieser Bitte zunächst nur halbherzig nachgekommen, hatte allerdings seine Bemühungen mehr und mehr verstärkt. Dennoch war es seinen Männern bislang nicht gelungen, auch nur einen der vermuteten Dämonen zu erwischen und festzusetzen.

      So hatte Llegar sich an Mar‘Tian gewandt, während er zugleich versuchte, eine Lösung auf Korat zu finden. Man hatte schon darüber nachgedacht, die Halbinsel abzuriegeln und mit der geballten Kraft des Heeres vorzugehen, als Mar‘Tians Antwort Initim erreicht hatte und Llegars Entscheidung hinauszögerte.

      An diesem Punkt in seinen Gedanken beschloss Cridan, den Zofen genug Zeit gegönnt zu haben. Außerdem würde Korlikon sicher bald zurück kommen.

      Er ging die wenigen Schritte bis zum Eingang in den Flur und warf einen Blick um die Ecke. Tatsächlich standen die vier T‘han T‘hau, die er zu schicken erbeten hatte, bereits neben den Soldaten in den Uniformen Initims. Lito‘ta, die ihn gehört hatte, drehte sich zu ihm um und lächelte, als sie ihn entdeckte.

      Cridan nickte ihr zu, bevor er sich wieder umdrehte und zu Béos Zimmer zurückging. Er drehte den Türknauf und betrat den Raum.

      Béo saß auf der Ofenbank, umgeben von den vier Frauen, die damit beschäftigt waren, ihr Haar zu kämmen und sie umzuziehen.

      Er war so leise, dass sie ihn erst bemerkten, als er schon im Zimmer stand und die Tür ins Schloss drückte. Dann lehnte er sich mit dem Rücken dagegen.

      »Wir müssen über den widerwärtigen Speichellecker reden«, brummte er.

      Béo hob die Brauen. »Wen meinst du?«

      »Wen wohl?«

      Er stieß sich ab und kam zu ihr, setzte sich jedoch vor der Bank auf den Boden, sah sie an und machte eine Kopfbewegung auf die Zofen.

      Béo begriff sofort.

      »Es ist genug«, bestimmte sie. »Lasst uns für einen Moment allein.«

      Cridan spürte den durchdringenden Blick der älteren Kammerzofe so deutlich, als hätte man ihm eine Messerklinge an den Hals gesetzt, und es ließ ihn grinsen. Irgendwann, das schwor er sich, würde er dafür sorgen, dass sie ihn anders ansah… Aber das hatte Zeit.

      Béo wartete, bis alle vier Frauen im Nebenzimmer verschwunden waren und die Tür geschlossen hatten, dann runzelte sie die Stirn.

      »Also? Von wem redest du?«

      »Von Korlikon natürlich«, entgegnete Cridan. »Der Mann ist eine einzige Lüge, durch und durch so falsch, dass es mir schwerfällt, die wahren Worte in all den gelogenen zu erkennen. Götter«, er seufzte, »in diesem Schloss herrscht Lug und Trug an allen Enden, dass man es fast greifen kann. Man braucht nur die königliche Familie anzusehen!«

      Sie erwiderte seinen Blick neugierig. »Was meinst du? Was ist mit Llegars Familie?«

      »Hast du das nicht gemerkt?« Er schnaubte verächtlich.

      »Irida macht sich aus lauter Angst vor ihrem königlichen Gemahl bald in ihre edle Unterwäsche! Sie ist unfruchtbar. Das weiß sie, das weiß er, und deshalb verachtet er sie auch. Sie kann dafür seine Tochter Svana nicht einmal richtig ansehen, erinnert Svana sie doch stets daran, was sie ihm niemals geben kann. Dabei ist das Balg eine verzogene Göre. Sie benimmt sich unmöglich, und niemand scheint es für notwendig zu halten, einzuschreiten. Sie hat offensichtlich nicht einmal eine Kinderfrau. Llegar scheint es Irida zu überlassen, Svana zu erziehen. Und Svana schert es nicht, was Irida sagt.«

      »Du bist unglaublich«, staunte Béo. »Wie hast du all das in der kurzen Zeit herausbekommen?«

      Cridan hob die Schultern.

      »Ich habe zugehört, beobachtet, und in vielen Dingen habe ich auch einfach den richtigen Riecher.« Er klopfte sich an die Nase. »Sie mag nicht mehr ganz so schön sein wie früher, aber sie arbeitet noch immer tadellos. Irida riecht so blass wie sie aussieht. Dass in ihr keine Frucht reifen will, wundert mich nicht. Dazu ist sie völlig verklemmt und schüchtern wie ein kleines Mädchen. Weshalb also sollte Llegar, der trotz seines Alters vor Manneskraft nur so strotzt, seinen Spaten in verdorrte Erde stecken, wenn es dort nicht einmal Spaß zu holen gibt?«

      Er bemerkte ihren Gesichtsausdruck und schnitt eine entschuldigende Grimasse: »Verzeih‘ mir die groben Worte.«

      Béo schwieg einen Moment.

      »Du musst eine wirklich gute Nase haben«, sagte sie dann, »wenn du das auf die Entfernung gerochen hast.«

      Er zuckte die Achseln.

      »Ich kann mich nicht beschweren«, erwiderte er. »Aber auch mein Kopf ist zu mehr zu gebrauchen als nur, um einen Helm darauf zu stülpen. Wenn ausgerechnet ein Mann wie Llegar seine eigene – übrigens sehr hübsche – Frau nicht einmal mit dem Arsch anschaut… Hoppla, schon wieder so ein Wort«, er grinste, »dann gibt es dafür nicht viele Gründe, die in Frage kommen.«

      »Ausgerechnet ein Mann wie Llegar?« Sie zog die Stirn kraus. »Was soll das heißen?«

      »Was das heißen soll?« Cridan lachte halblaut. »Der Kerl lässt mit Sicherheit nichts anbrennen! Er begafft und befummelt die Dienerinnen, wo immer er nur kann, und verschlingt selbst dich als fremde Königin, die bei ihm zu Gast ist und die er lieber ausgesucht höflich behandeln sollte, mit allzu gierigen Blicken, die sehr deutlich verraten, was er am liebsten mit dir machen würde!«

      »Was du alles siehst«, murmelte Béo kopfschüttelnd. »Ich komme mir gedemütigt vor. Wieso ist mir das entgangen?«

      Cridan legte eine Hand auf ihre.

      »Weil du mit Politik beschäftigt warst, meine Liebe. Und das ist etwas, was ich bei weitem nicht so gut kann wie du. Du siehst also, wie weise es von Mar‘Tian war, uns zusammen gehen zu lassen. Du wirst Llegar einfach mit deiner einnehmenden Art um den Finger wickeln – sofern Korlikon es zulässt. Er ist derjenige, den wir wirklich im Auge behalten müssen. Der Mann ist gefährlich und aalglatt, und ich…«

      Er brach ab und lauschte kurz.

      »Geh«, zischte er dann und sprang auf, »geh ins Schlafzimmer und zieh‘ dir einen Morgenmantel über,