Zarin der Vampire. Blut der Sünde: Der Zar und selbst Russland können fallen, das Haus Romanow ist jedoch unsterblich. Tatana Fedorovna

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Название Zarin der Vampire. Blut der Sünde: Der Zar und selbst Russland können fallen, das Haus Romanow ist jedoch unsterblich
Автор произведения Tatana Fedorovna
Жанр Языкознание
Серия Zarin der Vampire
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738079661



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Petrograd und Zarskoje Selo gebaut. Oh, ich liebte Zarskoje Selo. Schon immer! Es war hier ganz anders als in Petrograd. Nirgendwo gab es einen besseren Platz für Freigeister. Sogar Puschkin hatte hier gewirkt und seine Spuren hinterlassen. Es gab sogar ein Museum über den großen russischen Dichter. Das kleine Feodorowski-Städtchen war einfach entzückend zum Bummeln und Einkaufen. Die Symbiose von Parks und Schlössern war unvergleichlich in ganz Europa. Wo gab es noch so ein erhabenes und zugleich behagliches Ensemble? Von den unzähligen Kunstwerken im Schloss muss man gar nicht sprechen.

      Wie wunderbar war es, durch die schönen barocken oder englischen Parks zu laufen und am Ufer der dortigen Seen die Schwäne zu füttern. Der Schönste von ihnen war für mich der Alexandrowski-Park. Jetzt im März steckten dort bereits die ersten Blumenblüten ihr Haupt der erstarkenden Sonne entgegen. Man sah auch schon erste Bienchen summend fliegen und den frühen Honig sammeln. Bei schönem Wetter beobachtete ich von der prächtigen Paladin Brücke das Treiben der Vögel auf dem See oder den Kampf der Enten um zugeworfene Brotkrumen. Danach trank ich gern einen Tee im Pavillon „Grotte“.

      Wir wohnten wie immer im Katharinenpalast und waren in diesem Jahr früher als sonst hierher gekommen. Papa hatte seine Verwandten, die unseren Vater Grigorij ermordet hatten, verschont. Diese waren nur aus Petrograd verbannt worden. Was war das für eine milde Strafe für dieses große Verbrechen! Mama verzieh ihm diese Milde nicht und sorgte sich um unser Leben. Der Vorwurf, wir wären Deutsche, wurde immer lauter geäußert. Zuweilen sprach Mama sogar davon, nach Schweden zu fliehen. Doch sie liebte natürlich unseren Vater viel zu sehr, um diese Drohung wahr zu machen.

      Die Lage in Petrograd spitzte sich insgesamt zu. Seit einigen Tagen war die Bahnverbindung dorthin unterbrochen. Es gab immer wieder gefährliche Unruhen in der Metropole. Einige machtverliebte Aristokraten nutzten die Abwesenheit des Zaren für sich aus und verfolgten ihre eigenen Pläne. Sie schürten das Chaos und verdienten an der Lebensmittelknappheit. Unser Vater war gerade im Hauptquartier der Armee in Mogilew in der Nähe von Minsk. Wir sahen ihn kaum noch. Er verbrachte die meiste Zeit als Oberbefehlshaber im Generalstab an der Front. Früher hatte er manchmal unseren kleinen Bruder gegen den Protest von Mama mitgenommen. Doch seit Rasputin tot war, erschien ihm das Risiko dafür zu hoch. Eine kleine Verletzung konnte unseren Bruder, der an Hämophilie litt, töten. Zudem stießen die Deutschen Kilometer um Kilometer vor. Selbst der russische Winter hatte sie nicht aufhalten können. Es sah fast so aus, als würden sie den Krieg gewinnen. Das wäre schrecklich. Im ganzen Land herrschte Hunger, da die Felder durch den Krieg nicht ausreichend bebaut worden waren. Die Männer waren ja Soldaten. In den Städten und Fabriken gab es immer wieder Streiks. Dazu gab es noch Gerüchte von einem geplanten Umsturz. Aus allen diesen Gründen waren wir froh, hier zu sein.

      Rasputin schien recht zu behalten. Mütterchen Russland versank im Chaos. Das wollte ich aber an dem heutigen Tag vergessen. Nur für einen Augenblick sollten die Sorgen verblassen. die Jugend ist doch dazu da, um sie zu genießen. Es war der 14.03.2017 nach gregorianischem Kalender, wie wir ihn in Russland verwendeten. Der Rest Europas benutzt die julianische Zeitrechnung. Hiernach war der 01.03.2017. Mama war mit Anastasija zu einem bedeutsamen Generalsbegräbnis gefahren. Davon gab es jetzt viele. Alexej bastelte gerade mit seinem Englischlehrer, Charles Sydney Gibbes, Modellhäuser. Am Vormittag hatte ich mit ihm vorsichtig Ball gespielt.

      Wir drei Mädchen waren also unbeobachtet und konnten endlich einmal das machen, was wir wollten. Und was war das?

      Natürlich ein Tanztee! Solche Vergnügungen waren in Kriegszeiten aus Respekt vor den Soldaten und den Toten verboten. Doch welches junge Mädchen will nicht tanzen?

      „Was ist, wenn Mama herausbekommt, was wir machen?“, fragte ich Tatjana besorgt, die die eigentliche Organisatorin war.

      Diese lachte und warf ihr offenes Haar kess von links nach rechts.

      „Dann ist es ohnehin zu spät. Olga, willst du denn niemals einen Jungen küssen?“, stellte sie in den Raum.

      „Was weißt du schon“, erwiderte ich lachend. „Ich habe schon viele geküsst.“

      „Papa und deinen Bruder Alexej! Das war es dann auch schon“, spottete Maria. Sie war die Jüngste von uns Dreien.

      Es klopfte. Wir kicherten. Da waren sie, unsere stolzen Kadetten, die wir zu uns gerufen hatten. Sie wussten natürlich nicht, was sie hier erwartete. Alle unsere Kammerdienerinnen und Bediensteten hatten den strengen Befehl erhalten, keineswegs zu stören. Sicher waren sie froh, auch ein wenig Freizeit zu erhalten.

      „Herein doch!“, befahl ich mit tiefer, verstellter Stimme. Maria und Tatjana lachten leise.

      Etwas verdutzt traten die drei jungen Offiziersanwärter ein. Sie erröteten und wussten nicht so recht, wie sie sich verhalten sollten und traten unsicher steif ein. Die Burschen waren erst vor zwei Tagen aus Petrograd hierher versetzt worden und gehörten zum Wolhynischen Garderegiment. Die schwierige Situation dort gefährdete ihre Ausbildung, die sie gerade begonnen hatten.

      Der Mutigste von ihnen nahm militärische Haltung an und salutierte, als wären wir seine Befehlshaber. Die beiden anderen kopierten seinen Gruß etwas verzögert.

      Wir kicherten erneut. Das führte bei den jungen Männern zu noch mehr Röte in ihren Gesichtern.

      „Man hat uns befohlen, hier zu erscheinen“, stotterte der selbst ernannte Anführer erklärend.

      Da ich die Älteste war und auch militärisch ja gewisse Erfahrungen besaß, übernahm ich die Rede.

      „Jawohl, meine Herren Offiziersanwärter! Ein wichtiger Auftrag, streng geheim!“, tat ich wichtig.

      Maria prustete heraus und konnte ihr kindisches Lachen nicht zurückhalten. „Mein Gott!“, keuchte sie.

      „Ein bisschen Haltung!“, ermahnte ich sie scheinbar streng. „Was sollen die Herren Offiziersanwärter denken?“

      Die drei glotzten mich an und verstanden rein gar nichts. Sie sahen durchaus gut aus. Der Jüngste war etwa siebzehn, der Älteste um die zwanzig Jahre alt.

      „Nun ja, darf ich vorstellen? Das sind meine Schwestern die Prinzessinnen Tatjana und Maria.“

      Beide machten dazu jeweils einen höfischen Knicks. Es war ein Theaterstück und machte wirklich Vergnügen. Die jungen Männer knallten gehorsam die Hacken zusammen.

      „Und ich bin Olga, im Moment die Herrin des Hauses Romanow, da die Zarin auswärtig beschäftigt ist.“

      „Sehr wohl!“, fand der Mutigste unter ihnen seine Stimme wieder. Das war zwar unpassend, aber lustig.

      Tatjana ging nun zu einer der in den Kühlern bereit gestellten Flaschen Sekt und goss daraus sechs Gläser voll.

      Nervös sah sich der Anführer um.

      „Soll ich Ihnen helfen, verehrte …“ Der flotte Bursche stotterte etwas, da er nicht wusste, auf welche Weise ein Offiziersanwärter meine Schwester anreden sollte.

      „Nennen Sie mich einfach Tatjana, wir sind ganz unter uns!“

      Sie trat an den Burschen heran und reichte ihm ein Glas. Ungläubig sah dieser auf das prickelnde Getränk. „Nur zu!“, ermunterte sie die anderen und wies auf die Gläser. „Oder soll ich euch wirklich bedienen.“

      Die beiden jüngeren Offiziere trauten sich trotzdem nicht ihren sicheren Stehplatz zu verlassen.

      Maria brachte ihnen darum ihre Gläser.

      „Wir wollten heute alle Neuankömmlinge begrüßen!“, stellte ich fest. „Zudem kommt ihr aus Petrograd. Da viel gemunkelt wird, wollten wir aus erster Hand erfahren, wie es da im Moment so ist.“

      Die drei machten große Augen und waren vor Schock stumm. Man musste ihnen die Angst nehmen. Verdammt, waren die verkrampft.

      „Auf Russland!“, rief ich patriotisch, trank das Glas aus und warf es in bäuerlicher Sitte in weitem Bogen über meinen Rücken. Es zerbrach klirrend. Das sollte Glück bringen.

      „Na los!“, befahl ich.

      Etwas