Zarin der Vampire. Blut der Sünde: Der Zar und selbst Russland können fallen, das Haus Romanow ist jedoch unsterblich. Tatana Fedorovna

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Название Zarin der Vampire. Blut der Sünde: Der Zar und selbst Russland können fallen, das Haus Romanow ist jedoch unsterblich
Автор произведения Tatana Fedorovna
Жанр Языкознание
Серия Zarin der Vampire
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738079661



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Kämpfe endlich!“, beschwor sie ihn erneut.

      Sie zuckte in Krämpfen und weinte erbittert, weil sie ahnte, dass Papa vor dieser letzten Konsequenz zurückschreckte. Es waren nun einmal Söhne aus dem Geschlecht der Romanows, die Rasputin gemeuchelt hatten. Sein Charakter war ausgleichend, mehr der eines Künstlers, als der eines Soldaten.

      „Du hast schon immer auf die Falschen gehört! Ich hätte dich niemals heiraten sollen. Alle wollten das verhindern, selbst deine Mutter. Sie wusste, warum. Jetzt führst du sogar Krieg gegen die Deutschen. Deine Frau und Kinder sind aber Deutsche!“

      „Warum sind wir Deutsche?“, fragte der Zarewitsch erneut.

      „Mama will damit sagen, dass wir auch solche Wurzeln haben, da sie in Deutschland geboren wurde“, erklärte ich.

      „Dann sollten wir vielleicht auf Mama hören und fliehen“, versuchte der kleine Zarewitsch im Streit zwischen seinen Eltern auf seine kindliche Weise zu vermitteln. In seinen Augen stand Hoffnung. Die Flucht erschien ihm als wunderbarer Ausweg.

      Unser Vater sah ihn traurig an.

      „Ihr seid hier geboren und somit Russen!“, widersprach er Mama. Da er sich aber mit Mama keinesfalls noch mehr anlegen wollte, beschwichtigte er jedoch. „Natürlich habt ihr auch das Blut euer Mutter.“ Das Wort deutsch vermied er dabei. Russland führte ja Krieg mit dem deutschen Kaiser, der auch noch sein Cousin war.

      „Und ich bin nicht so verdorben wie diejenigen, die Rasputin töteten. Alles muss nach Gesetz und Ordnung erfolgen.“

      „Glaubst du diesen Unsinn noch?“, schrie Mutter abermals die Beherrschung verlierend.

      „Die Gesetze machen Menschen. Du bist der Zar! Mach ein Gesetz, das uns beschützt! Rasputin war ihnen egal. Wer ist der Nächste? Sie wollten in Wirklichkeit deinen Sohn, den Thronfolger meucheln! Ihn wollten sie töten und dein Zarentum zerstören! Wer soll jetzt den Zarewitsch heilen, Doktor Botkin etwa? Bist du denn blind? Sie weihen unseren Sohn dem Tod. Töte sie, schnell oder ich fliehe mit den Kindern allein!“ Sie sah ihrem Gemahl direkt in die Augen. „Und wir sind keine Russen, sondern Deutsche! Alle sehen das so!“

      Entsetzt schauten wir uns an. Die Sorgen trennten Mama und Papa. Sie wirkten in diesem Moment wie Rivalen. In ihren Appellen erahnten wir das ganze Ausmaß der Gefahr.

      „Ich werde den Arzt rufen lassen“, schlug Vater vor.

      Mama verlor vor Wut jede Zurückhaltung und spuckte in Raserei auf das Parkett des Bodens.

      „Damit der mir Laudanum gibt oder mich wegen des Aussprechen der Wahrheit für irre erklärt? Das wollen sie doch nur! Ich glaube hier keinem mehr! Warum vertraust du deinen Beratern immer mehr als uns. O, Nicky! Warum ist es so weit gekommen? Wo ist deine Liebe geblieben? Dieser Krieg hat dich verändert. Du trägst ebenso Schuld daran, dass unser Beschützer ermordet wurde. Diese Schlangen haben erkannt, dass Rasputin sie enttarnt hatte. Der Name Romanow wird für immer mit dieser Bluttat besudelt sein! Wir werden alle sterben, wenn du sie nicht bestrafst!“

      „Ich werde es tun!“

      „Dann lass sie sofort hinrichten!“

      „Das kann ich nicht.“

      Mama winkte konsterniert ab.

      „Ich wusste es! So bist du eben. Sie werden dich bald heiligsprechen, aber nicht wegen des Glaubens, sondern wegen Scheinheiligkeit. Die ist aber nichts als deine Schwäche zu handeln. Sogar die Kommunisten wissen das inzwischen!“

      So würdelos hatte ich Mama noch nie mit ihm sprechen gehört. Sie verhöhnte ihn regelrecht.

      „Das Blut klebt nun auch an deinen Händen“, flüsterte sie und blickte uns schaurig verschwörerisch an. „Das Leid ist nicht mehr aufzuhalten.“

      Sie klang, als verabschiedete sie sich schon jetzt von ihren Kindern – für immer.

      Wir waren noch mehr verängstigt. Panik erfüllte endgültig unsere Herzen. Dieser Tag gehörte zu den Schlimmsten.

      „Ich will nicht sterben!“, bat der Zarewitsch ängstlich.

      Ich strich ihm über sein tropfnasses Haar und konnte die eigenen Tränen nicht länger zurückhalten.

      „Olga?“ Ljoschka sah mich fragend und um Hilfe bittend an. Die Situation überforderte ihn, obwohl er durch seine Hämophilie schon oft an der Schwelle des Todes gestanden hatte.

      „Ich passe auf dich auf“, flüsterte ich und benetzte ihn nun auch noch mit meiner Trauer.

      „Niemand soll dir jemals Leid zufügen. Dann bekommt er es mit mir zu tun!“

      Ljoschka lächelte dankbar und drückte meine Hand.

      Auch aus Vaters unermesslich traurigen Augen ergossen sich in einem dünnen Rinnsal Tränen in seinen Bart. Er war sich seiner eigenen Unfähigkeit bewusst, fand jedoch keinen Ausweg.

      In der Tür erschien ein Staatssekretär.

      „Majestät, Sie werden erwartet!“

      Meine Mutter winkte meinen Vater ab.

      „Geh nur zu den Verrätern, berate dich mit ihnen! Du hast mich enttäuscht! Lecke dem Gesindel den Arsch!“

      Wir schauten sie pikiert über die ungewöhnlich deftige Wortwahl an. Die Welt war wirklich aus den Fugen geraten.

      Papa wischte sich mit dem Uniformärmel die Tränen ab und erhob sich schwerfällig. Einige seiner Orden schepperten dabei traurig. Das Geschehen wirkte unwahr, verloren, wie hinter einem Schleier.

      Unser Vater schien um Jahre gealtert. Sein Gang war nicht mehr der eines russischen Zaren. Ein erschöpfter alter Mann zog ein letztes Mal in eine nicht zu gewinnende Schlacht. Sein Schwert war aus Holz, das seiner Gegner aus Stahl. Er hatte jedoch keine Wahl. Sein aufgesetztes Lächeln, das uns Kinder ermutigen sollte, war eine offensichtliche Lüge. Angst schnürte mir die Kehle zu. Papa würde uns nicht mehr beschützen können. Das wurde mit klar.

      Mama sah mir in die Augen und musterte dann meine Erscheinung. Sie hatte offensichtlich einen Entschluss gefasst. Ein eigenwilliger Funke leuchtete in der Trübnis ihres Blickes auf.

      „Geht jetzt bitte!“, forderte sie uns Mädchen auf. Nur den Zarewitsch drückte sie noch fester an sich.

      Was sollten wir tun? Wir erhoben uns.

      Mama wandte sich unerwartet an mich direkt: „Olga, halte dich bereit. Komm allein in zwei Stunden zu mir. Ich muss noch etwas mit dir zusammen erledigen. Sei pünktlich!“ ...

      Als ich nach exakt zwei Stunden zurückkehrte, war sie ganz allein. Auch der Zarewitsch war fort. Im Vorraum standen zehn schwer bewaffnete Kosaken unserer Leibwache mit entschlossenen Gesichtern. Niemand wagte ein Geräusch zu machen. Die Stille war gespenstisch.

      Was bedeutete das? Normalerweise hielten sie sich nicht in diesem Teil des Palastes auf.

      Ohne ein Wort zu sagen und alle Willenskraft zusammennehmend, erhob Mama sich entschlossen von dem samtenen Sofa, auf dem sie geruht hatte. Ich folgte ihr wortlos. Was sollte ich auch sagen? Die Kosaken eskortierten uns schweigend. Tür für Tür öffnete sich. Wir stiegen tiefer und tiefer. Wohin gingen wir? Noch nie war ich in diesem Teil des Palastes gewesen. Unser Palais war eine der größten Residenzen der Welt.

      Zuweilen versuchte eine der dortigen Wachen uns sogar den Weg zu verweigern.

      Mama drohte dann: „Ich bin die Zarin! Tritt zur Seite oder du stirbst sofort!“ Unsere Leibwache fasste dann jedes Mal die Gewehre fester. Die Kosaken würden schießen. Man konnte sich auf sie verlassen. Ich stand selbst einem Reiterregiment seit meinem sechzehnten Lebensjahr als Hauptmann vor. Das bereitet mir große Freude und war ein Privileg, welches ich Vater abgetrotzt hatte, nachdem die Besetzung durch die Erkrankung des Zarewitsch vakant war. Zarensöhne erhielten stets ein eigenes Kosakenregiment, um sich als Befehlshaber zu üben. Meine Ernennung war ein Bruch mit der Konvention und zeigte, wie aufgeschlossen mein Vater war. Ich ritt