Название | Zum Teufel mit Barbie! |
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Автор произведения | Sylvia M. Dölger |
Жанр | Книги для детей: прочее |
Серия | |
Издательство | Книги для детей: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847635888 |
»Na, ihr Turteltäubchen!« Der Klassensprecher grinste böse.
»Ist irgendwas, oder starrst du immer so?«, konterte Sue. Kilian sagte nichts.
»Hast du mal ‘ne Kippe, Sue?« Christina war natürlich auch da. Die olle Schnorrerin hing an Rick dran wie Efeu an einer Wand.
»Nicht für dich.«
Rick drängte Sue zur Seite. Sie beobachtete, wie die Zicke mit einem ebenso zuckersüßen wie falschen Lächeln auf Kilian zuging. Mehr konnte sie nicht sehen, da Rick sie ruppig am Ärmel zog. Er schrie beinahe. »Was sollte denn das heute in Englisch?«
»Keine Ahnung, was du meinst!« Sie sah an ihm vorbei.
»Ich dachte, wir waren uns einig.«
»Werken hat schon angefangen. Das findet der Klopp gar nicht cool.« Sie wollte an ihm vorbeigehen, aber er hielt sie am Arm fest.
»Du kennst doch die Abmachung! Kilian wird geschnitten. Mindestens zwei Wochen.«
»Eure Kinderspielchen gehen mich nichts an!« Sue wollte weiter, aber Rick stellte sich ihr in den Weg. Seine blauen Augen stierten sie an.
»Kinderspielchen? Du glaubst wohl, du bist was Besseres!« Er spuckte wieder rum. »Ich habe nicht umsonst die fünf in Mathe kassiert. Wenn Kilian mich abschreiben gelassen hätte, dann …. Hat er aber nicht. Das hat er jetzt davon.« Er ballte die Hand zur Faust. »Und wenn du nicht mitmachst, dann bist du auch dran!« Seine Stimme klang kälter als Frost.
»Was gehen mich deine Noten an? Verpiss dich und lass mich in Frieden!« Sue stieß ihn energisch von sich weg und rannte zum Unterricht.
»Du bist wohl genauso bescheuert wie der. Das mit der Party nächste Woche kannst du vergessen. Eine Thaischlampe will ich sowieso nicht dabei haben!«
Der letzte Satz schmerzte mehr als eine Ohrfeige.
Herr Klopp erklärte gerade in der Werkstatt, wie der große Holzklotz vor ihr bearbeitet werden sollte. Er zeigte ihnen eine spiegelglatte Kugel in der Größe eines Apfels. Durch die Klasse ging ein Stöhnen. Trotzdem legten sie los. In Sues Kopf schwirrten verschiedene Gedanken. Würde sie in Zukunft genauso gemieden werden wie Kilian? Was sollte sie nur tun? Der Klotz klemmte im Schraubstock. Mit der rechten Hand umfasste sie den Griff der Raspel, mit der linken das andere Ende. Sie legte los. Härter als beabsichtigt, bearbeitete sie den Klotz. Richtig heftig stieß sie auf ihn ein, sodass die Späne flogen. Ihre Hände wurden taub vor Schmerz.
»Na, na, ganz ruhig, junge Dame! Stellen Sie sich vor, der Klotz hätte Gefühle. Ganz sachte.« Herr Klopp legte seine große Hand auf ihre kleine und führte die Bewegungen. Langsam wurde sie ruhiger.
Als es nach der sechsten Stunde klingelte, entwischte Sue durch den hinteren Ausgang und zündete sich eine Zigarette an. Sie beeilte sich, auf einen weiteren Zusammenstoß mit Rick oder seinen Kumpels konnte sie verzichten.
Stattdessen freute sie sich auf das Shopping mit Vanessa. Zeit, die Idioten aus ihrem Kopf zu bekommen. Sie schlenderte durch den Kaufhof, betrachtete die Auswahl an Piercings und plante einen tollen Ring für ihren achtzehnten Geburtstag. Er sollte an ihrer rechten Augenbraue funkeln. Sie ging weiter, drehte die dritte Runde. Noch keine Spur von Vanessa. Das Handy piepste dreimal. Eine SMS. Klar, von ihr. Sie musste arbeiten. Sues Stimmung sank sofort gegen null. Missmutig lief sie durch die Klamottenabteilung, bis sie auf ein knallgrünes Longshirt stieß. Sie zog es über. Es betonte ihre Hüfte lässig, dazu passte eine kurze schwarze Lederjacke. Vor dem Spiegel drehte sie sich darin.
Doch später ließ sie die Kleidungsstücke in der Kabine liegen. Die Party würde ohne sie steigen. Lustlos stöberte sie weiter durchs Kaufhaus, dachte an Fritz, den Obdachlosen. Ihre Eltern erlaubten ihr zwar alles, verstanden aber nichts. Nur Fritz wusste, was in ihr vorging. Zum Glück hatte sie ihn kennengelernt, natürlich während einer Zigarettenpause am Mainufer. Er hatte um einen Euro gebettelt. Sie erinnerte sich noch gut, wie sie nach der kleinen Spende ins Gespräch gekommen waren.
Bei den Lebensmitteln in der untersten Etage blieb sie zwischen den Regalen stehen. Eine alte Frau bückte sich mühsam, um an die billigen Nudeln zu kommen.
»Möchten Sie diese hier?« Sue griff ins Regal, hielt der Omi die Packung vor die Nase.
»Danke, sehr freundlich von dir!«
Die Alte humpelte weiter. Sue stand unschlüssig da. Sie wollte Fritz etwas zu essen mitbringen. Der Euro reichte aber nicht, um die Tütensuppen und Futter für Fritz‘ Mischling Goethe zu bezahlen. Sie trat von einem Bein aufs andere, sah sich verstohlen um. Was war los mir ihr? Sie hatte nichts mehr mitgehen lassen, seit sie mit dreizehn beim Diebstahl erwischt worden war.
Schnell rutschten drei Beutel Tütensuppe in ihre Jackentasche, während sie die Kochanleitung auf der Rückseite einer Nudelpackung las. Sie schlenderte weiter, als wäre nichts geschehen. »This used to be a funhouse«, summte sie mit Pink im Ohr, als sie in die Abteilung mit Tiernahrung gelangte.
Unentschlossen blieb sie vor dem Regal mit dem Hundefutter stehen. Sollte sie? Klar! Goethe kriegt auch was!, dachte sie und steckte zwei Alu-Schalen mit Hundefutter in die andere Jackentasche. Mehr ging nicht. Sie durften nicht zu sehr ausbeulen!
An der Kasse legte sie einen Schokoriegel auf das Band. Ihr Herz schlug schneller. Sie fühlte sich lebendiger. Würde die Kassiererin etwas merken?
Bald war sie an der Reihe. Nur noch wenige Sekunden. Ihr Puls raste.
Jetzt! Sue war dran. Sie knallte ihre Münzen auf die Ablagefläche und ging an der Kasse vorbei.
»Moment, junge Dame«, hörte sie die Angestellte rufen und wollte schon losrennen. Irgendetwas im Ton der blonden Frau machte sie stutzig, doch sie riss sich zusammen und drehte sich um.
4 »Willst noch ‘nen Schluck?«
»Du hast dein Wechselgeld vergessen!«
Nur das Wechselgeld! Sie nahm die Münze entgegen. Hoffentlich hörte niemand ihr pochendes Herz.
»Danke. Tschüss!«
Bevor sie den Roller startete, tastete sie mit der rechten Hand unter ihre Jacke und schon erklang Pink wieder. Eilig hatte sie es nicht, nach Hause zu kommen. Ihre Eltern waren unterwegs, um neue Möbel zu kaufen. Sie konnte ruhig noch etwas abhängen.
Am Mainufer angekommen, stellte sie den Roller ab und ging die paar Meter zum Ufer zu Fuß. Den Rucksack warf sie auf eine Parkbank, legte ihren Kopf darauf und winkelte die Beine an. Sie ließ das Feuerzeug zuschnappen, zog an der Kippe, drehte den Kopf zur Seite. Die Weinberge spiegelten sich auf der Wasseroberfläche. Sue blies den Rauch in die Luft. Obwohl die Sonne hervorgekrochen kam, war es kühl. Ob Ariya auch rauchte? Warum wollte ihre Mom sie unbedingt nach Thailand zu ihrer leiblichen Mutter schicken? Wollte sie sie etwa loswerden? Hatte sie es übertrieben? Zu viel Mist gebaut? Asche landete auf dem Boden.
Nein. Das war unmöglich. Ihre Eltern hatten sie unbedingt haben wollen, ja sogar Geld bezahlt und auf viele Dinge verzichten müssen, um das Baby der blutjungen Frau adoptieren zu können. Ihre Eltern hatten sie haben wollen. Das war das beste Gefühl der Welt. Ihr Gefühl, das ihr niemand wegnehmen konnte, das sie in ihrem Herzen wie einen Schatz hütete. Ihr Handy piepste. Eine Skype-Nachricht ploppte auf.
jimmy: hi süße, wie geht´s?
manga_girl: alles cool und bei dir? was machst du gerade?
jimmy: lese kafka für die schule
manga_girl: ?
jimmy: du kennst kafka nicht?
Der ist ja ganz schön belesen, aber