Djihad. Christoph Hoenings

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Название Djihad
Автор произведения Christoph Hoenings
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847623380



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Roth hatte sich die Namensschilder an den Haustüren angesehen. Es handelte sich überwiegend um türkische Familien, um Jugoslawen und Russen oder Polen. Er hatte keinen einzigen Namen entdecken können, der auf einen jüdischen Hintergrund hingewiesen hätte.

      Zwei Familien trugen arabische Namen. Roth vermutete, dass es sich um Marokkaner oder doch zumindest Nordafrikaner handelte.

      Roth sprach zwar ganz leidlich Arabisch, aber nicht gut genug, um als Araber durchgehen zu können. Deshalb hatte er einen Israeli arabischer Herkunft einfliegen lassen Der Mann war im Jemen aufgewachsen, bevor er sich in Israel niederließ. Der hatte vorsichtig Kontakt zu den beiden Familienvätern geknüpft.

      Der Hinweis, die DRRS plane eine geheime Rüstungszusammenarbeit mit Israel, hatte zunächst bei beiden Männern für tiefe Empörung und zur sofortigen Kooperationsbereitschaft geführt. Ohne dass sie voneinander wussten, hatten beide Männer zugestimmt, die aus dem Büro der DRRS übermittelten Daten mit den ihnen zur Verfügung gestellten Geräten aufzufangen und an vorgeblich arabische Kulturzentren in Karlsruhe und in Leipzig zu übermitteln. Diese beiden Kulturzentren waren tatsächlich Anschriften jüdischer Mitbürger, die auch in der Vergangenheit schon mit Major Ariel Roths Dienststelle zusammengearbeitet hatten.

      Hymie Saltzmann hatte nach zwei Tagen bei der Computerwartungsfirma gekündigt mit der Begründung, intellektuell völlig unterfordert zu sein und selbst eine höhere gehaltliche Einstufung abgelehnt.

      Allabendlich wurde Major Roth eine aus zahlreichen Pieptönen bestehende telefonische Nachricht aus Berlin übermittelt, die er mit Hilfe seines PC entschlüsselte und die die aus Grafs Büros und Wohnungen empfangenen Nachrichten wiedergab. Diese Nachrichten gab er an Oberst Ezrah Goldstein nach Tel Aviv weiter.

      Mehr konnten sie im Augenblick nicht tun.

      Rupert Graf ging an den Abenden der Wochenenden, die er in Düsseldorf verbringen konnte, gerne in die Diskothek Sam´s an der Königsallee. Als regelmäßiger Gast war er dort bekannt und bekam immer dieselbe Sitzecke zugewiesen, auch wenn er nicht zuvor reserviert hatte.

      Das Lokal lebte davon, dass der Türsteher dafür sorgte, dass die weiblichen Gäste immer in der Überzahl waren. Normalerweise betrug das Verhältnis zwei zu eins. Hinzu kam, dass die weiblichen Gäste erheblich jünger waren als die männlichen. Dies wiederum war der Spendierlaune der männlichen Gäste zuträglich, die, umgeben von charmanten und gutaussehenden jungen Frauen, gerne Champagner bestellten und die weiblichen Gäste zum mittrinken einluden.

      Als Rupert Graf gegen ein Uhr morgens gemeinsam mit Holger Brockert, einem Freund, der erfolgreich einen hohen Posten in der Werbebranche bekleidete, die Diskothek betrat, war es zum Bersten voll. Sobald der Geschäftsführer in der von Stroboskopblitzen erhellten Dunkelheit Graf erkannt hatte, gab er Graf ein Zeichen. Es dauerte einen kleinen Moment, bis andere Gäste umgesetzt worden waren und Grafs Sitzecke frei war. Noch während Graf und Brockert dabei waren Platz zu nehmen, wurde die von Graf bevorzugte Champagnermarke gebracht und die Flasche entkorkt.

      Graf sah sich um.

      Auf der Tanzfläche drängten sich junge Frauen, die miteinander tanzten, dazwischen einige Männer unterschiedlichen Alters. Auf der Galerie, auf der Graf und Brockert sich durch das Gedränge geschlängelt hatten, standen überwiegend Frauen und beobachteten das Geschehen auf der Tanzfläche und an der Bar. Und die Frauen musterten Graf und Brockert.

      Rupert Graf war sich bewusst, dass er und sein Freund ein Paar waren, das Rätsel aufgab. Graf, in schwarzen Jeans, einem schwarzen Polohemd unter einem schwarzen Blazer, mit seinem kahlgeschorenen Kopf, Brockert mit fast schulterlangem grauem Haar und grauem Dreitagebart, aber in einem tadellosen dunkelblauen Anzug mit einem grellroten Hemd und roten Turnschuhen, sahen wahrscheinlich aus wie zwei Homosexuelle.

      Trotzdem saßen sie schließlich so, dass jeder von ihnen eine junge Frau an seiner Seite hatte.

      Nun war das Sam´s kein Lokal, das sich für romantische Gespräche eignete.

      Kontakte wurden durch Blicke geknüpft und vertieft. Gespräche konnten nur geführt werden, indem man dem unmittelbaren Nachbarn ins Ohr brüllte, und selbst dann war nicht sicher, dass er oder sie einen verstand. In dem Getöse der Musik konnte eine Unterhaltung eigentlich nur dazu dienen, zu klären, wo man anschließend mit der gefundenen Partnerin noch hinging, zu ihr oder in die eigene Behausung.

      Deshalb roch Rupert Graf den pfefferminzhaltigen Atem der jungen Dame, die neben ihm saß und sich an ihn wandte, eher, als er verstand, was sie ihm sagen wollte.

      Erst beim zweiten Nachfragen verstand er, was sie rief, und auch das nur, weil er es von ihren Lippen ablas:

      „Du musst sehr wichtig sein!“

      „Wieso?“

      „Die gesamte Ecke wurde für euch leergeräumt!“

      Graf grinste.

      „Mein Freund ist wichtig!“

      Er konnte sehen, wie die Frau Brockert musterte.

      „Den sehe ich zum ersten Mal,“ rief sie Graf ins Ohr. „Aber dich habe ich schon ein paar Mal gesehen. Und jedes Mal wurde für dich Platz gemacht!“

      Graf betrachtete sie von der Seite. Hübsches Gesicht, lange blonde Haare, ein dunkles Kleid, das weit oberhalb ihrer Knie endete und an dessen Saum sie im Sitzen vergeblich zog, um ihre schlanken Oberschenkel zu bedecken.

      Sie hatte akzentfreies Deutsch gesprochen. Immerhin!

      Graf überlegte, ob sie ein Freudenmädchen wäre. In der Diskothek waren häufig käufliche junge Damen, wenn auch der oberen Kategorie. Die, die sich zu benehmen wussten und die Gäste nur diskret anmachten.

      Rupert Graf hätte sich niemals zugetraut, in der dunklen Beleuchtung festzustellen, welche der zahlreichen gewagt gekleideten Frauen ein Freudenmädchen war oder eine der jungen Damen, die mit dem Geld der Eltern im Rücken in Düsseldorf studierten, welche in einer der vielen Werbeagenturen tätig oder aus dem nahen Köln herübergekommen war, wo sie in einem der privaten Fernsehsender als Ansagerin arbeitete. Sie sahen alle ziemlich gleich aus, schlank, sehr modisch gekleidet, mit langen Haaren. Wenn Graf in weiblicher Gesellschaft hierher kam, waren seine Begleiterinnen immer sofort in der Lage, zu erkennen, wer von den Mädchen eine Prostituierte war und dies im Brustton der Überzeugung festzustellen.

      Sein Freund Holger Brockert war inzwischen in eine Unterhaltung mit der neben ihm sitzenden jungen Frau vertieft, die darin bestand, dass beide sich wechselseitig etwas ins Ohr brüllten. Immerhin vermittelten die direkt an das Ohr des Zuhörers gelegten Münder den Eindruck von bereits zustande gekommener Intimität.

      Graf spürte wieder den Atem der Frau neben ihm an seinem linken Ohr. Soweit er verstand, wollte sie wissen, wie er hieß.

      „Otto!“ rief er zurück. „Und du!?“

      „Sabine!“

      Sabine Sadler stammte aus einem kleinen Ort in der Nähe von Koblenz.

      Sie hatte vier Semester lang in Bonn Medizin studiert und war seit neuestem an der Universität Düsseldorf eingeschrieben.

      Solange sie die Universität in Bonn besucht hatte, war sie fast täglich erst mit dem Bus nach Koblenz und von dort mit der Eisenbahn nach Bonn gefahren.

      Hier in Düsseldorf, hatte sie ein kleines Apartment im Stadtteil Eller gefunden, zwei Straßenbahnstationen entfernt von der Uni.

      Normalerweise fuhr sie an den Wochenenden nach Hause, wo ihre Eltern und ein Verlobter auf sie warteten, der Sohn eines engen Freundes ihres Vaters. Außerdem erlaubte ihr der Besuch im elterlichen Haus, sich mit Lebensmitteln für die Woche einzudecken und somit, ihr, wie sie fand, viel zu geringes Taschengeld zu sparen.

      Ihr Vater praktizierte als Arzt in ihrem Heimatort und verdiente für die dortigen Verhältnisse recht gut, aber wie alle Menschen der Gegend ging er höchst sorgsam mit seinem Geld um. In Sabines Augen war er ein Geizkragen. Für ihre Eltern stand fest, dass Sabine eines Tages die väterliche Arztpraxis übernehmen würde.