bringen Gott zum lachen. Zum Glück waren die Straßen um diese Uhrzeit leer. Uns kam kaum ein Auto entgegen. So erreichten wir unserer Ziel in Rekordzeit. Mein Zuhause war ein zweistöckiges Haus mit großem Grundstück drum herum. Es lag in einer etwas ländlicheren Gegend Oberhausens. Nicht weit weg gab es einige alte Bauernhöfe. Nachdem ich Jahre lang als Nomade umhergezogen war, fand ich es nun, da ich mich entschieden hatte zumindest für längere Zeit in Oberhausen zu bleiben, ganz schön endlich mal ein richtiges Zuhause zu haben. Auch wenn ich zugeben muss, dass es sich ein wenig befremdlich anfühlte nach all den Jahren in denen ich in Hotels und Ferienwohnungen gelebt hatte. “Hier ist es“, sagte ich. “Hier wohne ich.“ Violetta spähte aus dem Fenster. “Hier wohnst du?! Sieht aus wie das Haus der >Addams Family<!“ Ich verzog das Gesicht. Verkniff es mir aber darauf zu reagieren. Ich fuhr die Auffahrt hinauf und parkte vor dem Haus. Höflich stieg ich rasch aus, ging um den Wagen herum und öffnete Violetta die Tür. Sie stieg aus, währenddessen schaute sie sich misstrauisch um, als könnte jeden Moment ein Irrer mit einer Kettensäge aus dem Nichts auftauchen. Ich nahm die Plastikplane vom Beifahrersitz und verstaute sie in einer Tüte im Kofferraum, anschließend schloss ich meinen Wagen ab und schlenderte zur Haustür. Mein misstrauischer Gast überprüfe nach wie vor die Umgebung. “Hier frisst dich schon keiner“, sagte ich, während ich sehr darauf achtete nicht zum Mond zu schauen. “Kommst du jetzt?“ Zögerlich kam Violetta näher. Ich holte meinen Haustürschlüssel raus und öffnete die Tür. “Immer rein in die gute Stube.“ “Du zuerst!“, sagte sie. Innerlich seufzte ich schwer. Mein Gott ist das ne schwere Geburt! Ich nickte und klopfte mir die Schuhe ab, dann trat ich als erster durch die Tür. Zaghaft folgte mir Violetta. Selbstverständlich klopfte sie sich nicht die Schuhe ab und hinterließ eine Dreckspur. Ich schluckte meinen Ärger hinunter. Ich beschloss es von der komischen Seite aus zu sehen. Halb so wild, beruhigte ich mich. Dann mache ich eben morgen sauber. Ich klatschte voller Tatendrang in die Hände. Violetta erschreckte sie. “Entschuldigung“, sagte ich. “Ich wollte dich nicht erschrecken!“ Sie grummelte irgendetwas unfreundliches. Ich kratzte mich am Hinterkopf. “Wo fangen wir jetzt am besten an?... Hmm an besten gehen wir ins Badezimmer, da flicke ich dich zusammen und du kannst duschen. Was hältst du davon?“ Sie nickte. “Okay.“ Ich führte sie aus dem Eingangbereich am Wohnzimmer vorbei und zur Badezimmertür. Zuvorkommend öffnete ich ihr die Tür, doch abermals bestand sie darauf, dass ich als erster eintrat. Seufzend gab ich nach. Mein Haus war ziemlich alt. Als ich es gekauft hatte, waren die Fliesen im Badezimmer irgendwelche altbackenden braunen Blumendinger gewesen. Einfach schrecklich! Nun waren die Bodenfliesen in einem schwarz weißen Zickzackmuster und die Wandfliesen in einem matten schwarz, außerdem hatte ich sowohl eine nagelneue Badewanne, als auch eine Duschkabine einbauen lassen. Ich stellte Violetta einen Hocker hin. “Setzt dich. Ich suche nur eben alles wichtige zusammen.“ Sie nahm platz. Rasch holte ich meinen erste Hilfe Kasten und weitere Ausrüstung. Vorsichtig nahm ich Violetta meinen Mantel von den Schultern und legte ihn beiseite. Sie zitterte nach wie vor am ganzen Körper. Eine Gänsehaut überzog sie. Fachmännisch sondierte ich ihre Verletzungen. Die Schnittwunde am Oberarm musste ich, wie ich bereits vermutet hatte, nähen, ansonsten gab es nur einige kleinere Schnitte und Kratzer, die desinfiziert werden mussten. Für das Hämatom würde ich ihr nur Eis holen. “Okay“, sagte ich, als ich alles begutachtet hatte. “Hast du sonst noch irgendwelche Verletzungen, die ich noch nicht gesehen habe? Hast du irgendwo Schmerzen?“ “Nein“, grummelte sie. “Alles bestens.“ “Gut“, sagte ich. “Nun zum unangenehmen Teil: Den Schnitt am Oberarm muss ich leider nähen. Das könnte ein wenig weh tun. Leider habe ich keine örtliche Betäubung. Soll ich dich doch lieber zu einem richtigen Arzt bringen?“ Sie schluckte schwer. “Nein. Mach einfach.“ “Okay. Dann mal los.“ So behutsam, wie möglich reinigte ich die Wunde, dann machte ich mich daran sie zuzunähen. Bei jedem Stich zuckte Violetta zusammen. Ich glaube ein paar Tränen gesehen zu haben, doch ich war viel zu konzentriert auf meine Aufgabe und sie wischte sie, wie ich vermute, schnell wieder weg. Als ich fertig war, klebte ich noch ein großes Duschpflaster auf, damit sie sich gleich auch vernünftig waschen konnte. “So. Fast geschafft“, sagte ich. “Jetzt muss ich nur noch die anderen Schnitte und Kratzer sauber machen, dann kannst du duschen und ich suche dir Klamotten raus.“ Sie nickte. Ich machte weiter. Kurze Zeit später war ich fertig. Ich legte ihr einige Handtücher raus. “Bitte schön“, sagte ich. “Warte noch einen Augenblick. Ich hole dir noch einen Bademantel.“ Sie nickte wieder nur. Schnellen Schrittes ging ich in mein Schlafzimmer und an meinen Kleiderschrank. Nach kurzem suchen fand ich einen alten weißen plüschigen Bademantel. Ich griff danach, doch der Mantel entglitt mir, weil meine Hände anfingen zu krampfen. Meine Haut spannte sich und brannte. Ich knirschte heftig mit den Zähnen. Ganz ruhig, beschwor ich mich und atmete tief durch. Ganz ruhig. Nicht hier und nicht jetzt! Später ja, aber nicht jetzt. Ich nahm den Mantel und lief zurück ins Badezimmer. Violetta saß immer noch auf dem Hocker und starrte vor sich hin. Ich reichte ihr den Mantel. Sie schaute mich an. Ihre Augen waren grün. “Danke“, nuschelte sie. Ich lächelte. “Kein Problem.“ Rasch verließ ich das Bad, um ihr die nötige Privatsphäre zu geben. Ich ging zurück in mein Schlafzimmer und durchsuchte meine Klamotten nach etwas halbwegs passendem für meinen Gast. Ich kramte und kramte. Irgendwann hielt ich einen schwarzen Pullover und eine schwarze Jogginghose in den Händen. Was besseres habe ich nicht, dachte ich schulterzuckend. Hauptsache sie muss nicht nackt rumlaufen und nicht weiter frieren. Zufrieden mit meinem Fund ging ich zurück zum Badezimmer, wobei ich allerdings ein Anstandsabstand hielt, schließlich wollte ich nicht, wie ein aufdringlicher Perverser wirken. Einige Minuten vergingen. Mein Unwohlsein verschlimmerte sich zusehend. Ich biss die Zähne zusammen und atmete tief durch. In meinem Inneren kämpfte ich um Kontrolle. Kalter Scheiß stand auf meiner Stirn. Die Tür ging auf und Violetta kam raus. Nun sah sie schon etwas besser aus. Nicht mehr ganz so verfroren. Und ohne Blut auf der Haut und Kleidung machte sie direkt einen viel adretteren Eindruck. Ich reichte ihr die Klamotten. “Bitte schön. Was besseres konnte ich nicht finden. Schwarz war doch die Farbe der Wahl oder?“ “Danke“, sagte sie und nahm die Kleidung. Meine Augenbrauen wanderten in die Höhe. Sie hat >Danke< gesagt. Sogar schon das zweite mal kurz hintereinander. Sie wird ja beinah überschwänglich. Und da standen wir nun. Schweigen im Walde. “Ich hole dir noch Eis für dein blaues Auge“, sagte ich. “Möchtest du etwas essen?“ “Ja gerne“, sagte sie und lächelte mich an. Erstaunt schaute ich sie an. Wo ist die wortkarge bissige Frau hin, die ich blutverschmiert im Wald aufgelesen habe? Konnte eine einzige Dusche einen Menschen so sehr verändern? “Was möchtest du denn essen?“, fragte ich. Sie überlegte kurz. “Spiegeleier wären super!“ Verdutzt drehte ich mich um und lief in Richtung Küche. “Okay. Spiegeleier. Kommen sofort!“ Schnellen Schritte kam ich in der Küche an. Schnurstracks stellte ich mich vor die Spüle, drehte das Wasser auf und schaufelte mir händeweise kaltes erfrischendes Wasser ins Gesicht. Lange kann ich es nicht mehr aufhalten, dachte ich. Am besten rufe ich ihr ein Taxi und gebe ihr Geld für ein Hotelzimmer. Angespannt richtete ich mich auf, trocknete mein Gesicht ab und ging in Richtung Bad. “Tut mir Leid, Violetta“, begann ich. “Ich habe noch etwas zu erledigen. Wie wäre es, wenn ich dir ein Taxi ru-...“ Ich stockte. Sie war weg. Irritiert lauschte ich. Sie war nicht zu hören. Ich schnupperte in der Luft. Verwundert folgte ich ihrer Spur bis zur Haustür und sah das die Tür sperrangelweit offen stand. Ich trat hinaus ins Freie. Violetta war nirgends zu sehen und zu hören. Ich schnüffelte in der Luft. Sie war hier gewesen. Ich folgte dem Geruch noch einige Meter, bis er schlagartig verschwand. Verwirrt schaute ich mich um. Wie ist das möglich?! Ich atmete tief durch. Keine Spur. Was für eine Nacht! Und das ausgerechnet bei Vollmond! Wie komme ich nur darauf eine fremde Frau im Wald aufzulesen und mit nach Hause zu nehmen!? Ich hätte einfach weiter gehen sollen! Idiot! Rasch ging ich zurück ins Haus und schloss die Tür ab. Meine Gedanken rasten. Kurzerhand ging ich in die Küche und holte aus dem Kühlschrank ein paar 400 Gramm Steaks. Damit ausgerüstet eilte ich zur Kellertreppe. Um zurück in den Wald zu gehen bleibt keine Zeit!, dachte ich. Und draußen kann ich es auch nicht machen. Das letzte was ich brauche ist, dass meine Nachbarn mich sehen oder ich die Nachbars Katzen fresse! Zügig lief ich die Treppe hinunter und riss die Kellertür auf. In meinem Keller stand ein wenig Gerümpel herum, ansonsten war es nur ungenutzter Raum. Ich seufzte. Mit Sicherheit nicht so schön, wie der Wald, aber wenigstens finde ich dann morgen nicht wieder, so wie sonst, Blätter in meiner Arschritze. Hinter mir schloss ich die Tür, dann packte ich die Steaks aus und warf sie auf den