Mord im Zoo. Christine Zilinski

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Название Mord im Zoo
Автор произведения Christine Zilinski
Жанр Языкознание
Серия Charlotte Bienert
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742760579



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wie möglich mit dieser Information umzugehen.“ Und insgeheim dachte er: ‚Hoffentlich posten sie das nicht alle gleich in ihren Netzwerken.‘

      Einige wenige Zoomitarbeiter waren in dem Raum geblieben, um über den Toten zu sprechen. Gerade als Jankovich das Gespräch mit einer etwa 50-jährigen Frau beendet hatte, betrat Kommissar Hubert Specht das Zimmer. Jankovichs Kollege war Mitte 40, trug einen stolzen Bauchansatz und an seinen Schläfen zeichneten sich bereits einige graue Strähnen ab. Obwohl er kaum 10 Jahre älter war als Jankovich, war er kein Hauptkommissar wie sein jüngerer Kollege. Das Jankovich trotz seines Alters den höheren Dienstgrad hatte, verdankte er seinem damaligen Vorgesetzten und Mentor. Dieser hatte Jankovich, bevor er in Rente ging, unmissverständlich nahegelegt, den Posten als Kriminalhauptkommissar zu übernehmen. Und Jankovich hatte eingewilligt, da er seinen Mentor nicht enttäuschen wollte. Specht war nur Monate nach Jankovichs Karrieresprung auf das Revier gekommen. Das war rund 6 Jahre her, und seitdem arbeiteten beide gemeinsam an der Aufklärung von Kapitalverbrechen. Als Specht nun in den Konferenzraum der Wilhelma auf Jankovich zukam, schüttelten beide sich kurz die Hand und Jankovich ging mit ihm ein paar Schritte zur Seite. Er brachte Specht auf den neuesten Stand und sagte: „Da drüben steht eine gewisse Corinna Rasnova. Sie sagt, das Opfer hätte Interesse an einer Kollegin gehabt. Die sei aber seit längerer Zeit im Trauerurlaub. Ich hab’ sie gebeten, kurz zu warten, damit sie dir auch nochmal alles sagen kann, was sie weiß.“ Specht nickte, schob seine Brille zurecht und sagte: „Gut, kann losgehen.“ Jankovich winkte eine junge Frau mit slawischen Gesichtszügen zu sich. „Frau Rasnova, vielen Dank dass Sie noch gewartet haben. Das hier ist mein Kollege Hubert Specht.“ Dieser nickte freundlich und sagte knapp: „Freut mich.“ Dann fuhr Jankovich fort: „Erzählen Sie bitte noch einmal, was Sie mir vorhin erzählt haben.“ Die junge Tierpflegerin nickte beflissen und hob an: „Also der Konstantin, der war total in die Ulrike verknallt. Ulrike Sandner“, ergänzte sie, als sie das fragendende Gesicht von Specht sah. „Ich kannte den Konstantin zwar kaum, aber ich hab’ schon mitbekommen, wie er sie immer angeschmachtet hat. Einmal hab’ ich sogar gehört, wie er sie vor der Umkleide um ein Date gefragt hat. Jedenfalls: die Ulrike ist seit ein paar Wochen auf Kur, oder im Trauerurlaub. Keine Ahnung, so was in die Richtung. Vor ein paar Wochen ist ihr Vater gestorben und das hat sie schwer getroffen. Daraufhin hat sie sich krankschreiben lassen und war jetzt schon ewig nicht mehr hier. Und... naja... ich dachte mir... vielleicht hat sich der Konstantin ja deswegen... umgebracht. Verstehen Sie? Er hat es nicht ausgehalten, dass Ulrike schon so lange weg ist.“ Sie hörte auf zu reden und sah zwischen beiden Kommissaren hin und her, wie um zu sehen, ob sie ihre Vermutung bestätigen würden. Specht tauschte einen Blick mit Jankovich, dann fragte er: „Hatte Herr Brechnow denn psychische Probleme? Hat er in der Vergangenheit vielleicht Andeutungen gemacht, dass er sich etwas antun möchte?“ Die Frau wandte den Blick ab, um besser überlegen zu können. Nach einigem Zögern hob sie an: „Hm... also wie gesagt, ich kannte den Konstantin ja kaum. Irgendwas in Richtung Selbstmord hat er aber nie gesagt. Zumindest weiß ich davon nix. Tut mir leid, ich kann Ihnen da nichts zu sagen.“ Um der Frau dennoch das Gefühl zu geben, dass ihr Beitrag hilfreich gewesen war, fragte Specht: „Wie war nochmal der Name der Kollegin? Ulrike...?“ Eifrig antwortete die Tierpflegerin: „Sandner. Ulrike Sandner.“ Specht nickte lächelnd. „Vielen Dank, Frau Rasnova, das war sehr hilfreich. Ich denke, wir haben keine weiteren Fragen.“ Wieder nickte die junge Frau und drehte sich um, um wegzugehen. Sie war die letzte von den Zoomitarbeitern, die geblieben waren. Hubert Specht sah Jankovich an und fragte: „Wieso sollte ich mir das anhören? Ich halte es für eher unwahrscheinlich, dass sich jemand umbringt, bloß weil sein Schwarm ein paar Wochen weg ist.“ Jankovich nickte und zog einen Folienbeutel aus der Innentasche seiner Lederjacke. Darin steckte der Abschiedsbrief an Sanne. „Deswegen ist es interessant.“ Specht las sich den Brief durch. Als er fertig war, pfiff er durch die Zähne. „Hoppla, das passt ja nicht zusammen. Entweder der Tote war in diese Ulrike Sandner verliebt oder Susanne Bienert. Hat denn jemand die Schwester von unserer Frau Bienert als mögliches Gspusi des Toten erwähnt?“ Jankovich schüttelte den Kopf. „Niemand.“ Nachdenklich zog Specht die Augenbrauen zusammen. „Dann sieht es so aus, als würde jemand absichtlich die Schwester unserer kleinen Frau Bienert belasten wollen.“ „Ja, denke ich auch. Die Frage ist nur, warum?“ Dann steckte Jankovich den Abschiedsbrief mitsamt Schutzhülle wieder ein und sagte: „Komm, lass‘ uns gehen, der Direktor müsste uns mehr über die Abwesenheit von dieser Ulrike Sandner sagen können.“

      Kapitel 7

      Nachdem Charlotte das Zimmer ihres Chefs verlassen hatte, ging sie in ihr Büro. Ihr Kollege Sebastian saß dort und war auf seinen Monitor konzentriert. Sebastian war ebenfalls Redakteur bei der Weinstadt Woche und war der Typ Mann, der nichts anbrennen ließ. Da er regelmäßig ins Fitnessstudio ging und auch sonst großen Wert auf ein gepflegtes Äußeres legte, war seine Erfolgsquote bei Frauen ziemlich hoch. Im vergangenen Frühjahr hatte er auch versucht, bei Charlotte zu landen. Dabei war er allerdings zu weit gegangen und hatte sie am Rand eines Fußballspiels regelrecht bedrängt. Doch das hatte für ihn bittere Konsequenzen gehabt. Als Charlotte nun in ihr gemeinsames Büro eintrat, blickte er auf. „Ach, hi, da bist du ja“, sagte er, betont lässig. Seit er von Richling abgemahnt wurde, Charlotte nicht noch einmal zu belästigen, wahrte er eine gewisse Distanz zu ihr. „Jep, hi. Da bin ich“, sagte sie, ebenfalls etwas unterkühlt. „Ähm hör‘ mal, bevor du es von Richling erfährst: Ich bin wieder an einer Art... ungeklärtem Todesfall dran.“ Sebastian fiel der Unterkiefer herunter. Im Nu war seine Zurückhaltung vergessen und er verschränkte seine Oberarme vor der Brust. „Nicht wahr. Schon wieder? Seit wann wird im Remstal so viel gemordet? Und wieso bist du schon wieder an dem Mord dran?“ In jeder Frage schwang Eifersucht und Missgunst mit. Insbesondere beim Wörtchen „du“. Sebastian hatte es immer noch nicht verwunden, dass er nicht mehr für Aktuelles schreiben durfte, sondern sich nur noch um die Sport-Berichte kümmern sollte. Das war die Strafe von ihrem Chefredakteur gewesen, nachdem Sebastian Charlotte gegenüber übergriffig geworden war. Charlotte atmete tief durch, setzte sich an ihren Rechner und drückte den Power-Knopf. Dann drehte sie sich in ihrem Stuhl zu Sebastian um und sagte: „Nicht dass ich dir eine Rechtfertigung schulde, aber meine Schwester hat die Leiche gefunden. Irgendjemand scheint sie belasten zu wollen. Du brauchst also nicht zu denken, dass ich mich drum reiße, schon wieder in so was involviert zu sein. Ich will nur meiner Schwester helfen.“ Abrupt drehte sie sich wieder um. Sebastian hatte die Augen aufgerissen; seine Angriffslust war jetzt deutlich gedämpft. „Ach, ok, das... ist ja krass“, sagte er langsam. „Also... wenn du irgendwie Hilfe brauchst...“, schob er hinterher. „Nein danke, das schaff‘ ich schon alleine“, unterbrach Charlotte ihn schroff. Darauf hatte sie nun wirklich keine Lust. Sebastian zuckte die Achseln und sein Tonfall wurde wieder abweisend: „Dann nicht. Wer nicht will, der hat schon.“ Damit drehte er sich von Charlotte ab und konzentrierte sich demonstrativ auf seinen Bildschirm. Charlotte funkelte Sebastians Rücken einen Augenblick wütend an, doch dann drehte sie sich ebenfalls zu ihrem Rechner um. Als sie ihr Outlook-Postfach öffnete, sah sie, dass sich übers Wochenende einige Mails angehäuft hatten. Genervt begann sie, die ersten Nachrichten zu sortieren. Schließlich hielt sie inne und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. ‚Womit verschwende ich hier eigentlich meine Zeit?‘, überlegte sie wütend. ‚Ich muss doch Sanne helfen!‘ Charlotte atmete tief durch und versuchte, ihre wirren Gedanken zu sortieren. ‚Aber wie kann ich ihr helfen?‘ Nochmal zum Zoo zu fahren und mit den Angestellten zu reden war eine dumme Idee. Zu groß war die Gefahr, dort Jankovich über den Weg zu laufen. Wie beim letzten Mal. Aber... dieses Mal saß sie ja an der Quelle! Charlotte griff sich ihr Handy und wählte Sannes Nummer. Nach dem 5. Klingeln nahm ihre Schwester ab. „Ja hallo?“ „Hi, ich bin’s nochmal.“ Charlotte warf einen Blick über die Schulter und war sich sicher, dass Sebastian mit gespitzten Ohren jedes Wort verfolgte. „Ich würde gerne... ein bisschen recherchieren. Könntest du mir vielleicht weiterhelfen? Wer kannte ihn?“ Charlotte war sich sicher, dass Sanne verstand, wer mit „ihn“ gemeint war. „Oh gut, gut“, sagte Sanne und klang erleichtert. „Ich hatte schon die Befürchtung dass du dich ausklinkst, nachdem dieser Jankovich aufgetaucht ist. Also, der Konstantin war meines Wissens mit keinem hier wirklich befreundet. Aber da er die Nachtaktiven gepflegt