Название | Wolken, Land und Wasser |
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Автор произведения | Michael Schenk |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783753184500 |
„Wir haben Auftrieb“, stellte Leriana nach kurzer Zeit fest. „Soll ich aufsteigen, Hochmagier, oder ausgleichen?“ Sie konnten Wasser in die Ballasttanks aufnehmen oder dieses mit Pressluft entfernen.
Donberon schüttelte den Kopf. „Du kannst nun frei manövrieren, Leriana, denn du hast ohne Zweifel die Befähigung des Geistsehens und der Rat der Antari wird dir sicherlich die Führung jedweden Schiffes anvertrauen. Steuere die An-Nerriva nun ins flache Gewässer, nahe der Küste“, entschied er.
Lerianas Freude war kaum zu übersehen, obwohl sie sich auf ein Lächeln und eine knappe Verbeugung beschränkte. „Ich danke dir, Hochmagier.“
Dieser sah Lerimont an. „Wo wir schon einmal hier sind, da können wir uns auch umsehen, ob sich lohnendes Handelsgut finden lässt.“
Lerimont nickte. „Dem stimme ich zu. So haben wir doppelten Nutzen aus der Armkraft der Männer. Die Prüfung meiner Tochter und vielleicht lohnende Fracht. An diesem Küstenabschnitt waren wir noch nicht.“
Donberon lachte leise. „Nur fremde Gewässer taugen für die Überprüfung der Gabe.“
„Nimm die Binde ab, mein Kind, und bringe uns näher zur Küste. Wir wollen einmal sehen, welche Schätze diese Wasser zu bieten haben.“
Während Leriana erleichtert die Augenbinde entfernte und ihre Anweisungen gab, entspannte sich nun auch ihre Vater endgültig. „Nun, Hochmagier, was meinst du?“
„Die Magie des Geistsehens ist stark in deiner Leriana, Handelsmeister. Sie wird eine ausgezeichnete Sanari sein.“
Ein solches Lob aus dem Mund des Meistermagiers war eher selten. Lerimont selbst hatte einst von Donberon nur ein „akzeptabel“ als Bewertung erhalten. Umso mehr freute ihn dessen Urteil über seine Tochter.
Leises Knacken war im stählernen Spantenwerk der An-Nerriva zu vernehmen, als sich der Wasserdruck veränderte. Langsam stieg das Handelsschiff auf ebenem Kiel nach oben. Der Bug war auf die Felsen der Steilküste gerichtet. Sie lag noch im ewigen Dunkel, doch je höher das Schiff stieg, desto mehr Sonnenlicht gelangte bis in ihre Tiefe. Zunächst schemenhaft, dann mit aller Deutlichkeit, wurden die schroffen Felszacken vor dem Klarstein des Bugs sichtbar. Das zunehmende Sonnenlicht schien mit seinen goldenen Strahlen gegen die Dunkelheit anzukämpfen und sie immer stärker zu bezwingen, bis die Pracht der Unterwasserwelt in all ihrer Vielfalt sichtbar war.
Die Gewässer vor der Küste dieser großen Insel waren flach. Bis zu zwanzig Tausendlängen vom Ufer entfernt, betrug sie kaum mehr als fünfzig Längen, bis sie an der Steilküste jäh abfiel und der Meeresgrund ins Bodenlose zu stürzen schien.
Die An-Nerriva hob sich über die Kante des Abgrundes und fuhr langsam in das seichte Wasser.
Hier war der Meeresboden mit feinem weißem Sand bedeckt. Felsen ragten aus ihm empor, dazwischen Korallenbänke. Die Zahl an Pflanzen und Fischen war ebenso atemberaubend wie ihre Vielfalt. Jede Farbe war vertreten. Während mancher Fisch ein Einzelgänger zu sein schien, gab es andere, die in dichten Schwärmen lebten und in ihren Bewegungen nach einer unhörbaren Melodie zu tanzen schienen. Obwohl die Unterwasserwelt für Leriana ein gewohnter Anblick war, konnte sie sich noch immer daran erfreuen.
Ein Stück voraus wurden zwei dicht beieinanderliegende Wracks sichtbar. Die gedrungenen Rümpfe waren aus Holz und die geborstenen Planken zeigten, welchen Gewalten die Schiffe zum Opfer gefallen waren. Eines war ein Segler mit drei Masten gewesen. Am Heck des anderen waren die verbogenen Reste eines Propellers zu sehen.
„Alte Schiffe der Landmenschen“, stellte Donberon fest. „Ich glaube, sie stammen aus der Zeit der ersten Landung und der Gründung ihrer Landmark.“
„So fern von den Gewässern der Landmark?“ Lerimont war skeptisch. Ein wenig schaudernd sah er skelettierte, menschliche Überreste an den Wracks.
Donberon nickte. „Ja, so weit von ihrer Mark entfernt. Denke an die Geschichte, die uns ihr Hochlord Nedeam erzählte … Dass sein Volk aus einem anderen Land floh, welches unterging, und dass die große Flotte in einem gewaltigen Sturm auseinandergetrieben wurde. Die Menschen der Landmark erreichten ihre neuen Gestade nur mit Mühe. In geringer Zahl und mit nur wenigen Mitteln. Das ist nun über zweihundertfünfzig Jahre her. Sie wissen noch immer nicht, wohin es die anderen ihres Volkes getrieben hat und ob diese überhaupt überlebt haben. Vielleicht sind sie die Letzten ihrer Art.“
Lerimont seufzte schwer. „Hätten sie Kiemen, so wären sie damals im Sturm nicht ertrunken.“
„So mag es sein, Handelsherr, doch jedes Volk folgt seiner eigenen Bestimmung.“
Sie ließen die Wracks hinter sich und einige Male tauchten Felsen auf, deren Farbe auf ihren Metallgehalt hinwies. Dann schimmerte es golden.
Lerimont trat näher an die Bugverglasung und blickte auf einen beachtlichen Klumpen Gold hinunter. „Ein ziemlicher Brocken“, sinnierte er. „Vielleicht lohnt es sich, ihn zu bergen.“
Der Steuermann trat neben ihn. „Ein enormes Gewicht bei niedrigem Ertrag, Herr. Es wird sich kaum lohnen.“
„Für uns Antari nicht“, gab der Handelsherr zu. „Für uns liegt der Wert in einzelnen Schmuckstücken und darin, dass es luft-, wasser- und säurebeständig ist. Nur ein ganz besonderes Ätzwasser kann es auflösen. Daher haben wir es einst verwendet, um unsere Schiffe gegen Pflanzenbewuchs zu schützen. Es eignet sich auch als Ballast. Aber bei den Landmenschen ist das anders, Koros. Für sie ist das Gold von Wert. Sie pressen es zu goldenen Schüsselchen und benutzen es als Zahlungsmittel.“
„Landmenschen sind verrückt, Herr.“
„Ganz ohne Frage sind sie das“, stimmte Lerimont ohne Zögern zu. „Aber sie sind auch gute Handelspartner. Wir handeln Mehl und Fleisch bei ihnen, dazu Stoffe und viele andere Dinge. So, wie sie auch manche Dinge von uns zu schätzen wissen. Es lässt sich gut mit den Menschen der Landmark Geschäfte machen. Nun, ich denke, wir sollten den Klumpen an Bord nehmen.“ Er wandte sich zu Leriana um. „Wir bergen das Gold, mein Kind. Während kräftige Arme den Klumpen holen, sollten wir ein paar Schwimmer ausschicken. Vielleicht lässt sich hier noch etwas wirklich Wertvolles finden.“
Jetzt, wo etwas Gewinn für das Handelshaus Leri in Aussicht stand, wandelte sich Lerimont wieder vom Vater zum geschäftstüchtigen Handelsherrn.
„Wir gehen über dem Gold auf Anker“, entschied Leriana. „Dann können wir die Winde nutzen, um das Gewicht aufzunehmen. Steuermann Koros, du wirst das überwachen. Stelle drei Seemänner ab. Sie und ich werden uns hier umsehen, während du die Fracht an Bord holst.“
Hier hatten sie Licht und klare Sicht. Leriana konnte auf die Magie des Geistsehens verzichten. Jeder Antari besaß diese Fähigkeit, doch sie war sehr unterschiedlich ausgeprägt. Bei ihr war sie früh erkannt und gefördert worden, so dass sie inzwischen besser darin war, als ihr Vater oder Steuermann Koros.
Von langsamen Armbewegungen vorangetrieben, schwamm die An-Nerriva zur Position des großen Goldklumpens und kam über ihm erneut zum Stillstand. Die große Frachtluke an der Unterseite wurde aufgekurbelt. In der großen Öffnung schimmerte das klare Wasser des Meeres.
„Fallen Anker“, befahl Leriana.
Am Bug und Heck lösten sich die pilzförmigen Anker aus Stahl und schlugen auf dem Boden auf. Zwei Seemänner strafften die haltenden Ketten, bis sich das Schiff nicht mehr bewegte. Während Koros die meisten Männer darin anleitete, die Winde in Position zu bringen, betrachtete Lerimont den beachtlichen Brocken mit wachsender Unsicherheit.
Lag dieser Batzen