Название | Wolken, Land und Wasser |
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Автор произведения | Michael Schenk |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783753184500 |
Sie war nun schon eine ganze Weile auf Posten und inzwischen rechtschaffen müde. Sie freute sich auf die Ablösung, die nun bald kommen würde. Immer wieder gähnte sie ausgiebig und kniff sich gelegentlich in die Wange, um sich wach zu halten. Trotz der dick gefütterten Weste fror sie erbärmlich, was sie der wachsenden Müdigkeit zuschrieb. Ja, sie wartete sehnsüchtig auf die Ablösung. Rasch ein heißes Getränk und etwas Pilzbrei und dann, endlich, die weiche Schlafstelle, deren dicker Schlafsack ihr wohlige Wärme bieten würde.
Sie warf einen kurzen Blick auf den riesigen Propeller neben sich, der sich im Leerlauf mit der Windströmung drehte. Wenn man ihn startete, dann geriet sie wegen des Soges in größte Gefahr, deswegen war sie angeleint und man würde ihr eine Warnung zukommen lassen, bevor man den Propeller im Ruderhaus aktivierte.
Wieder einmal setzte sie das Langauge an und ließ ihren Blick über den Horizont schweifen. Der Himmel war wolkenlos, doch es roch nach Wolkenbildung und Regen. Ein Zwerg des Wolkenvolkes entwickelte ein feines Gespür für Wetterveränderungen.
Systematisch suchte sie den Himmel ab, stutzte und konzentrierte sich auf einen kleinen Abschnitt. Da waren mehrere dunkle Punkte, die langsam größer wurden und Gestalt annahmen.
Für einen Moment schnappte sie nach Luft, als sie begriff, welche Gefahr sich dort näherte.
Scharfschnäbel!
Ein ganzer Schwarm von ihnen!
Man war sich nicht sicher, ob es sich bei den Scharfschnäbeln um Vögel oder Reptilien handelte. Man wusste auch nicht, wo diese Wesen ihre Brutplätze hatten. Doch wenn es etwas gab, das ein Zwerg des Wolkenvolkes fürchtete, so war es dieser Jäger des Himmels.
Der plumpe Leib maß gute fünf Längen. Vorne war der sehr bewegliche Kopf. Er besaß eine langgestreckte Form, die ein wenig an einen Hammer auf seinem Stiel erinnerte. Die Augen wirkten winzig, gestatteten ihrem Besitzer jedoch, auf viele Tausendlängen scharf zu sehen. Der schlanke und sehr lange Schnabel war mit Reihen scharfer Zähne gespickt.
Die dreieckigen Schwingen gaben dem Tier eine Spannweite von fast dreißig Längen. Sie waren, wie der gesamte Leib, von lederartiger Haut bedeckt und muskulös. Einen Schwanz gab es nicht, dafür zwei lange Beine, die im Flug an den Leib angelegt waren und die in vier langen und tödlichen Krallen endeten.
Der Körper war von stumpfem und relativ hellem Grau, mit Ausnahme der Krallen und des Schnabels, deren Horn in seidigem Schwarz schimmerte. Männchen waren ein wenig kleiner als die Weibchen und besaßen einen roten Kehlsack, dessen Farbton in der Paarungszeit noch intensiver wurde.
Scharfschnäbel waren nicht umsonst gefürchtet. Sie waren die unbestrittenen Herren des Himmels und griffen alles an, was in ihre Reichweite gelangte. Die Größe einer Wolkenstadt schreckte sie keineswegs ab. Wahrscheinlich betrachteten sie diese als Fressfeind und so unternahmen sie alles, um diesen Feind zu töten.
Ihre Krallen und Schnäbel waren durchaus in der Lage, die dünnen Wände einer Stadt zu zerfetzen, aber weitaus gefährlicher waren sie für die zahlreichen Ballons, die einer Wolkenstadt den erforderlichen Auftritt gaben.
Jetzt sah die Wächterin einen großen Schwarm näherkommen, der an die zwanzig Exemplare zählen mochte und über dessen Absicht es keinen Zweifel gab: Die Scharfschnäbel hatten Eldont'haneeva zum Ziel.
Die Frau stieß einen instinktiven Alarmschrei aus, wirbelte herum und sprang förmlich zu der Säule, an der ein Alarmgeber installiert war. Sie presste den grellroten Knopf in seine Bettung und erwartete das grelle Pfeifen der Dampfpfeife, doch nichts dergleichen geschah. Stattdessen löste sich der Knopf und pendelte eine Weile an seinem ausgeleierten Spiraldraht.
„Bei der Höhe des Himmels und der Tiefe des Wassers“, ächzte sie benommen.
Sie hatte keine Wahl.
Der nächste Alarmgeber befand sich hundert Längern weiter, in Richtung der Mitte des Hecks. Sie spurtete los, so schnell sie nur konnte.
Wahrscheinlich bemerkte die dortige Wache die Gefahr ebenfalls, doch darauf durfte sich die Wächterin nicht verlassen. Ihre Gedanken konzentrierten sich auf den hastigen Lauf und den roten Knopf, den sie unter allen Umständen betätigen musste. Sie konnte nur hoffen, dass dieser auch funktionierte.
Sie sah den nächsten Wächter vor sich und wie dieser an die Säule trat. Erleichtert verfiel sie in Schritt und rang keuchend nach Atem, während das schrille Pfeifen des Luftalarms hörbar wurde. Nun lag das Schicksal der Wolkenstadt nicht mehr in ihrer Hand.
Am linken Schwingenfeld schien alles für einen Moment zu erstarren. Der Alarm traf sie alle völlig überraschend.
„Alarm? Ist das Alarm?“, fragte Handmeisterin Kora Eisenschmied irritiert.
„Grundgütiger, was denn sonst?“, zischte Gerlon Wolkenbezwinger und schwang sich auch schon in den Pilotensitz seiner Schwinge. „Farold, die Energiestäbe und achte drauf, dass sie geladen sind!“
Farold Langauge und die anderen Beobachter rannten bereits zu den Ladestationen der Speicherkristalle, zogen die Stäbe aus funkelndem Blaukristall aus ihnen hervor und hasteten nun zu ihren Flügelschwingen, um sie in die kleinen Sonnengeschütze einzulegen.
Arbeiter umklammerten die Halteleinen, welche die Fluggeräte auf den Startblöcken festhielten.
„Axtschläger ins Luftschiff!“, brüllte Grimmbart Hartschlag und ging mit gutem Beispiel voran. Im Lauf fing er einen Energiestab auf, den ihm ein anderer Kämpfer zuwarf, um ihn in die kleine Sonnenpistole einzulegen, die jeder Axtschläger und jeder Beobachter einer Schwinge mit sich führte.
„Ein Luftschiff ist nicht für den Kampf geeignet!“, rief der Stadtmeister seinem Freund nach. „Es ist viel zu langsam!“
„Aber eine gute Kampfplattform“, kam die Erwiderung.
Rund dreißig Axtschläger, die als Ehreneskorte der Handelsdelegation ausersehen waren, hatten sich zwischenzeitlich mit den aufgeladenen Stäben aus Blaukristall versehen. Jetzt zogen sie die pistolenförmige kleinen Sonnenwaffen aus ihren Gürtelfutteralen, setzten die Stäbe ein und die kleinen Kristallschüsseln, welche die Mündungen der Lichtpistolen waren, glommen in sanftem Blau auf.
Wolkenbezwinger hatte seinen Stab inzwischen in eine größere Version der Lichtwaffen eingesetzt, die, rechts neben seinem Pilotensitz, außen am Rumpf der Flügelschwinge befestigt war. „Aufgeladen und bereit“, murmelte er zufrieden. „Farold?“
Der Beobachter zwängte sich vorsichtig in seinen Sitz, trotz der Eile sorgsam darauf bedacht, den Rumpf der Schwinge nicht zu beschädigen. Rasch verknotete er die Leine, die ihn am Sitz festhalten sollte und nahm dann seine eigene Sonnenpistole auf. „Bereit, mein Freund! Zeigen wir den Bestien, wie die Männer der Wolkenstadt kämpfen!“
Keine der Frauen, die zu den Schwingenbesatzungen zählten, störte sich an dieser Bemerkung. In einer Wolkenstadt entschied nicht das Geschlecht, sondern die Fähigkeit über die Funktion, die man in der Gemeinschaft ausübte.
Die Flügelschwinge von Wolkenbezwinger und Langauge hatte genug Auftrieb und zerrte an den Halteseilen.
„Leinen los!“, befahl der Pilot.
Aufziehschlaufen wurden gezogen, die Leinen lösten sich aus den Halteösen und die Flügelschwinge sprang förmlich nach oben. Schon trat Wolkenbezwinger in die Pedale. Die Luftschraube begann sich immer schneller zu drehen, kam auf Touren und das Fluggerät huschte gerade noch unter der Dachabdeckung des Schwingenfeldes hindurch und war im Freien.
Die anderen Schwingen und das Luftschiff folgten. Auch am Schwingenfeld auf der anderen Stadtseite startete, was sich in die Luft erheben konnte. Für eine der beschädigten Flügelschwingen war die Belastung des Alarmstarts jedoch zu hoch. Kaum hatte sie von ihrem Startblock