Название | RAYAN - Die Serie (Teil 1 - 4) |
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Автор произведения | Indira Jackson |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738093896 |
„Mein Junge, du bist noch sehr jung, das vergesse ich manchmal. Junge Menschen müssen ihre Fehler machen. Wenn diese Fehler jedoch so weitreichende Konsequenzen haben, müssen sie gesühnt werden.“ Und ganz leise und sanft fügte er hinzu: „Das verstehst du doch?“
Hanif nickte stumm. Er hatte nun Tränen in den Augen.
„Rayan ist mein Sohn, mein Fleisch und Blut. Und egal was ich, du oder er tut, daran wird sich nie etwas ändern! Du kannst das nur akzeptieren. Aber auch du bist mir wie ein Sohn ans Herz gewachsen und so wäre es meine größte Freude gewesen, wenn ihr beiden Freunde geworden wäret.“ Wieder hielt er einige Sekunden lang inne, um Hanifs Reaktion zu beobachten und erneut nickte dieser stumm. Was hätte er auch sagen sollen?
„Ich möchte dir dein junges Leben wegen dieses einen Fehlers nicht zerstören und deshalb werde ich die Wahrheit über meinen „Unfall“ mit ins Grab nehmen. Unter einer Bedingung!“
Hanif schaute ihn überrascht an. Niemand sollte von seinem Verrat erfahren? „Welche Bedingung?“, fragte er mit zitternder Stimme.
„Dass du die Strafe, die ich für dich erdacht habe, ohne Murren annimmst und mir schwörst, dein ganzes Leben nach dieser Vorgabe auszurichten und wenn es sein muss, dafür zu sterben.“
Das mulmige Gefühl ergriff wieder von ihm Besitz. Das waren ernste Worte, die der Scheich da aussprach.
Sedat fuhr fort: „Auslöser für deine schändliche Tat war deine Abneigung gegen Rayan. Darum wird er es sein, an dem du deine Schuld abgelten wirst.“
Hanif sah ihn verständnislos an und so fuhr Sedat fort: „Du wirst Rayan mit der gleichen Hingabe dienen, mit der du mir gedient hast. Du wirst ihn stets respektvoll behandeln, seine Interessen wie die deinen vertreten und jegliches Schlechtreden seines Namens durch andere ahnden. Du bist ein sehr guter Kämpfer, also wirst du all deine Fähigkeiten einsetzen, sein Leben zu schützen und wenn es notwendig sein sollte, dein Leben für ihn geben. Nur so kannst du deinen Verrat wieder gut machen!“
Hanif fühlte sich, als ob man ihm den Boden unter den Füßen weggezogen hatte. Er hatte sich Schmerzen, Scham und sogar Vertreibung ausgemalt, jedoch war er in seinen kühnsten Träumen nicht auf diese Idee gekommen. Er sollte dem Objekt seiner Abneigung, ja seines Hasses, dienen?
„Ihr schickt mich weg von Eurer Seite?“, fragte er den Scheich ungläubig.
Sedat nickte. „Ja mein Junge, so ist es leider. Auch wenn es mir nicht leichtfällt. Aber du weißt selbst, was geschrieben steht.“
Hanif konnte es nicht fassen, bloß Sedat konnte auf eine derartige Idee kommen. Doch wie er es drehte und wendete, er erkannte, dass der Alte recht hatte.
War es nicht so geschrieben, dass eine Schuld nur durch eine gute Tat an dem getilgt werden konnte, dem das Unrecht zugefügt worden war.
„Aber, … wie lange?“, stammelte er.
„Ein Leben für ein Leben“, entgegnete Sedat.
Hanif erblasste noch mehr. Er fühlte sich, als hätte man ihn zu lebenslangem Gefängnis verurteilt.
„Wirst du die Strafe annehmen?“, fragte Sedat nun so deutlich und feierlich, dass Hanif ihn noch ein letztes Mal verzweifelt ansah. „Habe ich denn eine Alternative?“
Doch Sedat lächelte nur hintergründig.
Hanif gab sich einen Ruck. Er hatte sich diesen Schlamassel ganz alleine eingebrockt und nun musste er sehen, wie er damit klarkam.
„Ich nehme die Strafe an. Ich werde Eurem Sohn die Treue schwören und ihm mit Hingabe dienen. Ich werde ihn stets mit Respekt behandeln und alle meine Fähigkeiten einsetzen, um sein Leben zu schützen. Solange ich lebe!“ Die letzten Worte kamen fast tonlos über seine Lippen.
„Ich bin sehr stolz auf dich mein Junge! Und ich weiß, dass du dein Versprechen stets halten wirst. Du wirst so deine Ehre wiedererlangen, vertraue mir! Bald wird dein Fehltritt verblassen und in Vergessenheit geraten.“
Im Stillen gratulierte sich Sedat selbst zu seinem Coup. Denn er war sich sicher, dass dies die einzige Möglichkeit war, wie „seine beiden Söhne“ doch noch Freunde werden würden.
„Dann lass uns jetzt einmal Rayan rufen“, sagte er fast ehrfürchtig.
2014 - Tal von Zarifa - Das Büro
Etwa zwei Wochen nach ihrer Ankunft in Zarifa, hatte Carina viel Zeit gehabt, ihre Gedanken zu sortieren und weitere Notizen zu machen. Dabei fiel ihr auf, dass sie über die Verbindungen Rayans nach Amerika noch immer nichts herausgefunden hatte.
Julie war eine mögliche Alternative, aber obwohl sie nett und zuvorkommend war und überaus erfreut, mit Carina in flüssigem Englisch sprechen zu können, war aus ihr nichts über ihre oder Rayans Vergangenheit in Erfahrung zu bringen.
Sie verstand es stets geschickt, auszuweichen. Und als Carina schließlich mutig die direkte Frage stellte, warum sie das Thema umging, hatte Julie genauso direkt geantwortet: dass sie nicht bereit war, darüber zu reden.
Also musste Carina andere Wege finden und heute Morgen war ihr eine andere Idee gekommen: Rayans Büro.
Jeden Tag, wenn er nicht irgendwo draußen war, verschwand er oft stundenlang in diesem Zimmer.
Bestimmt um mit Amerika zu sprechen!
Denn überwiegend war dies am Abend oder nachts. Sie war sich nicht ganz sicher wie viele Stunden Zeitverschiebung es zwischen Amerika und hier in Arabien waren, doch schätzte sie, dass das Timing passen konnte.
Also versuchte sie, als sie sicher war, dass Rayan draußen im Garten bei Tahsin war, ins Büro zu gelangen. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, sie fühlte sich wie eine Einbrecherin. Und so falsch lag sie damit ja auch nicht.
Langsam schlich sie von ihrem Zimmer bis zu seiner Bürotür. Sie musste am Treppenabgang entlang, vorbei an seinem Privatzimmer und nach rechts.
Schnell vergewisserte sie sich durch das Fenster im Gang, dass er noch mit Tahsin im Pool war. Nur am Rande registrierte sie, dass er wie immer sein Muskelshirt im Wasser anhatte, verscheuchte den Gedanken aber sofort und konzentrierte sich auf die vor ihr liegende Aufgabe.
Sie wandte sich der Bürotür zu, drückte die Klinke nach unten … und die Klinke klickte ins Leere.
Verdammt! Die Türe wich keinen Millimeter, sie war abgeschlossen.
Eine Sackgasse!
Nach all dem Nervenaufwand, den sie durchlebt hatte, war sie definitiv enttäuscht. Andererseits hätte sie es sich denken können. Sie grübelte, was sie noch tun könnte und ging erst einmal den Gang zurück zu ihrer eigenen Zimmertüre, bevor sie noch jemand sah.
Dort fasste sie Plan B: ins Büro „einzufallen“ wenn er darin war. Sie überlegte sich, dass sie vielleicht einige wichtige Informationen auf seinem Schreibtisch würde erspähen können, wenn es ihr gelingen könnte, ihn zu überraschen …
Sie packte zwar enttäuscht, aber mit dem Trost eines neuen Planes ihre Schwimmsachen zusammen und ging zu den anderen hinunter an den Pool.
2014 - Tal von Zarifa - Einlass
Am nächsten Morgen stand sie etwa um acht Uhr auf, wie an den anderen Tagen vorher auch. Dann frühstückten sie unten im großen Versammlungsraum. Anschließend zog sie sich in den Pavillon im Garten mit Blick auf den Pool zurück, um ein wenig an ihren Notizen weiterzuarbeiten.
Als Rayan am späteren Nachmittag in sein Büro ging, wurde sie nervös. Dies würde ihre Chance sein. "Jetzt oder nie", machte sie sich selbst Mut.
Sie wartete eine Weile und ging dann ebenfalls nach oben in den ersten Stock. Wie schon am Tag zuvor, schlich sie wieder den Gang entlang, möglichst