Название | Triaden-Liebchen |
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Автор произведения | Edith Seo |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847659143 |
In Tingting´s Pass stand auch ein anderer Name, aber sie hatte einen chinesischen Pass. Man würde dafür sorgen, dass wir uns erst vor Ort offiziell kennen lernten. Claudio und ich aus Kanada kommend, Tingting aus Hongkong.
Irgendwo in Indien landeten wir zwischen und wurden aufgetankt. Dann ging es, immer der Nacht hinterher, gen Westen. An Schlaf war nicht zu denken, in meinem Kopf kreisten alle möglichen Gedanken. Von der Lächerlichkeit des Unterfangens bis zur Realisierung dessen, was passiert war. Kann es wirklich sein, dass ein paar Minuten ein Leben für immer verändern? Wenn die Saudis wüssten, dass bald ein paar internationale Mörderinnen eintrafen, wären sie wohl kaum begeistert. Ich erinnere mich genau an den Landeanflug auf El Riad. Es war kein so strahlender Ausblick wie auf Shanghai. Nach der Landung gab der Alte Tingting und mir jeweils eine Abaya, den Traditionellen Arabischen Umhang. Ich warf mir das Gewand über, zog das Kopftuch an und fühlte mich seltsamerweise gar nicht so, wie ich mich fühlen müsste, unterdrückt und entrechtet, sondern verwegen und abenteuerlich. Ich kam mir vor wie eine entführte Prinzessin in einem Kostümfilm. Den Mord von Shanghai vergass ich zunehmend. Während des Fluges hatte ich eine Art Metamorphose vollzogen. Eine Kurztherapie, Reue und einige Schweigeminuten in denen ich bewusst um den Toten trauerte, dann wieder der Gedanke, dass alles so kommen musste. Inschallah, vielleicht war das ein göttlicher Plan. Vom sündigen Shanghai ins tiefreligiose Arabien. Es half mir sogar, dass ich die schwarze Abaya zu tragen hatte. So konnte ich wenigstens Trauer tragen. Ich stieg Seite an Seite mit Claudio eine Gangway hinab. Der nächtliche Wüstenwind war rau und wehte mir in die Gewänder. Der Alte begleitete uns über den Flugplatz. Er sah auf die Uhr.
„Und Tingting?“ Claudio hatte seine Geliebte nicht vergessen.
„Sie wird mit einer anderen Maschine nachkommen.“
Claudio wirkte beunruhigt, aber er wagte nicht, aufzubegehren.
Wir gingen auf das Gebäude zu. Ein Wachposten kam uns entgegen, wir folgten ihm durch lange erleuchtete Flughafengänge und wurden in eine Schlange gestellt. Der Alte grüßte und verschwand mit dem Wachmann.
Vor uns war eine arabische Familie. Der Sohn trug einen dunkelblauen Collegepullover mit weißem Schriftzug: „University of Victoria“ stand darauf. Wenn ich mich recht besann, war Victoria eine kleinere Stadt auf einer Vancouver vorgelagerten Insel in British Columbia. Dazu trug er ein Baseball-Cap. Er drehte sich um und lächelte Claudio an:
„Hi!“ sagte er und zeigte strahlend weiße Zähne.
„Hi!“ sagte auch Claudio.
Mich beachtete er nicht, oder durfte mich nicht beachten. Mir wurde bewusst, dass er ungefähr unser Alter hatte. Er: Weltoffen und interessiert an westlicher Kultur. Wir: eine Banditenbande aus Fernost. Es ist schon seltsam, wie schnell man die Seiten wechseln konnte. Gleichzeitig wurde mir klar, dass, egal wo man hinkommt, wieder andere Menschen sind, denen man vielleicht nur flüchtig begegnet, oder mit denen man ein gemeinsames Schicksal teilt. Niemals würde dieser Typ ahnen, dass Claudio und ich uns erst seit einem halben Tag kannten, dass wir jetzt aber aneinander geschweißt waren. Er drehte sich wieder um, ging mit seiner Familie durch die Seite des Zoll´s auf der „Saudi-arabian“ stand, während Claudio und ich bei „Other Countries“ anstanden. Der Zollbeamte sah Claudio an, musterte ihn kurz. Sah in seinen Pass, wieder auf Claudio, warf einen Blick auf die vielen Arabischen Visa und stempelte das jüngste ab. „Welcome in Riyad.“ sagte er und lächelte. Mich musterte er gar nicht, wahrscheinlich war es unanständig einer Frau ins Gesicht zu sehen. Er machte seinen Stempel und ich folgte Claudio und den anderen aus dem kanadischen Flugzeug, die weiter nach Djidda flogen. Djidda sollte unsere Destination sein.
Frauen und Männer warteten in getrennten Wartehallen oder im „Family“-Bereich. Als Ehepaar setzten uns Claudio und ich hierhin. Alle Frauen sahen aus wie ich, in schwarzen Gewändern, zum Teil sogar mit Gesichtsverhüllung. Der Typ mit dem Baseball-Cap sass mit diversen Müttern und Schwiegermüttern auch noch dort.
Wir stiegen wie ganz normale Fluggäste in die Maschine gen Djidda. An Bord wurde laut durcheinander Arabisch gesprochen und der Cap-Typ sass auf der anderen Seite des Ganges und lächelte Claudio an. Ich sagte zu ihm:
„Gleich spricht er dich an.“
„Wie soll ich reagieren?“
„Mit ihm reden natürlich. Das ist am unauffälligsten.“
Kaum hatte ich den Satz ausgesprochen, nahm der Typ sein Cap ab und reichte Claudio die Hand: „I´m Harun. Nice to meet you.“ Er hatte nur einen leichten Akzent, aber man hörte ihm das Bemühen an, amerikanisch zu klingen.
„Claudio.“ Zögerlich griff er Harun´s Hand.
Harun streifte mich mit einem Blick.
„Your girlfriend?“
„Oh, eh, my wife.“
Harun nickte anerkennend.
Mir gefiel das. Tingting war erst mal weg. Claudio stellte mich als Gattin vor. Mein neues Leben begann mir zu gefallen.
„Oh, lucky. My girlfriend ´s in Canada.”
Dann unterhielten sich die beiden über Flugzeuge, Baseball und andere unverfängliche Themen. Ich war froh, dass sie Englisch sprachen, denn bei Arabisch hätte ich nicht folgen können.
Vor mir lag ein Modemagazin. Hier sah ich, dass es eine richtige Abaya-Mode gab. Im Rahmen des Verhüllungsgebots gab es goldene Stickereien auf den schwarzen Gewändern und sogar Taillierungen waren in gewissem Masse möglich. Die Models waren allesamt hemmungslos geschminkt und sahen aus wie orientalische Prinzessinnen. Eine neue Identität. So hatte ich mir das vorgestellt. Eintauchen in ein Paralleluniversum auf Kosten des Staates, in diesem Fall des Chinesischen. Ein bisschen wunderte es mich schon, dass man sich in solche Unkosten stürzte unseretwegen.
Ab wann würde man uns vermissen? Könnte ich meine Mutter anrufen und sagen, dass es mir gut geht? Es waren noch keine 24 Stunden vergangen seit meinem letzten Anruf zuhause. Alles hatte Zeit. In einer neuen Umgebung vergisst man schnell, was war. Ein Stahlvogel trägt einen mit großer Leichtigkeit weg von allen Problemen und hinein in eine Welt, die so anders ist, dass man kaum Zeit hat, in Erinnerungen zu schwelgen. Sie verblassen hinter den vielen neuen Eindrücken.
Im Landeanflug drückte Harun Claudio seine Visitenkarte in die Hand, mit der Bitte sich zu melden. Claudio hatte auch Karten von dem Alten erhalten, aber daran dachte er nicht. Er versprach Harun, ihn anzurufen. Harun lächelte mich jetzt noch einmal an.
„Meine Mutter wird Maklouba kochen. Und das da“ er wies auf mein Gewand „brauchst du bei uns zuhause auch nicht zu tragen.“
Als wir in Djidda ausstiegen, wurde es hell.
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